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Presse-Infos | Psychiatrie

Mitteilung vom 10.02.09

Wenn Hemmungen und Hürden fallen
LWL-Glücksspielexperte sieht Online-Zocker stark suchtgefährdet

Gütersloh/Münster (lwl). Geldspielgeräte in Spielhallen, Kasinoautomaten und Roulette in Spielbanken. Bei diesen Glücksspielen ist die Suchtgefahr am größten, sagen Forscher der Hochschule Bonn-Rhein-Siegen. Doch auch das Internet ist ein gefährliches Pflaster. Nach dem Glückspielstaatsvertrag sind deshalb Roulette, Sportwetten oder Poker schon seit Anfang 2008 im Netz verboten. Seit Jahresbeginn gilt das auch für Lottospiele. Dr. Meinolf Bachmann ist Spielsuchtexperte in der Klinik Gütersloh des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). Er weiß, wie hoch die Suchtgefahr unter Online-Zockern ist:

?: Ist der süchtige Online-Glücksspieler ein verbreitetes Phänomen?

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In den vergangenen Jahren stieg die Zahl der Gütersloher Patienten, die Glücksspiel im Internet betrieben haben, erheblich. Sie konnten vor allem von typischen Casinospielen wie Roulette, Black Jack oder Poker nicht die Finger lassen. Auch Live-Wetten und Lotterien ziehen viele Spieler an. Das Suchtpotenzial ist hier besonders hoch.

?: Wird mit dem Verbot das Problem aus der Welt geschafft?

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Zwar sind die meisten Glücksspiele im Internet in Deutschland nicht mehr erlaubt. Ausgetrocknet sind die Suchtquellen damit aber nicht. Zocken bei ausländischen Anbietern ist für jeden Online-Spieler möglich, wenn auch riskant. Der Spieler macht sich einerseits strafbar und hat zum anderen im Falle eines Gewinns keinen rechtlichen Anspruch, wenn das Geld nicht ausgezahlt wird.

?: Anders als Casino oder Daddelhalle kennt das Internet keine Öffnungszeiten. Ist die Suchtgefahr im Netz größer?

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Vieles spricht zumindest für ein hohes Gefährdungspotenzial. Online-Zocker können zu jeder Zeit von zuhause aus spielen. Dabei können sie in sehr kurzer Zeit viele Spiele absolvieren. Außerdem werden durch die Anonymität des Internets soziale Hemmungen schnell überwunden. Auch andere Hürden wie lange Anfahrtswege, Ausweiskontrollen oder eine unbekannte Umgebung fallen weg.

?: Locken Internetanbieter mit größeren Gewinnerwartungen?

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Betreiber von Online-Glücksspielen haben nur sehr geringe Betriebskosten. Es fällt ihnen deshalb leicht, kundenfreundliche Angebote zu schneidern. Sie bieten attraktivere Auszahlungsquoten und gestalten Spielformen häufig benutzerfreundlicher. Gezahlt wird per Überweisung oder Kreditkarte. Was da an Kohle auf den Kopf gehauen wird, ist schnell nicht mehr überschaubar. Einige Spieler fahren auf Anhieb hohe Verluste ein und kehren schockiert zum ¿bewährten¿ Glücksspiel zurück. Oder sie entschließen sich für eine Behandlung.

?: Woran ist zu erkennen, ob jemand abhängig ist?

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Zu den Auffälligkeiten zählt am Anfang das Vernachlässigen von Pflichten in Beruf oder Familie. Meist wird auch über den finanziellen Verhältnissen gespielt. In der eigentlichen Suchtphase verliert der Spieler vollends die Kontrolle. Er verspürt einen inneren Zwang und kann vom Glücksspiel nicht mehr ablassen. Wie ein Drogensüchtiger muss er die Dosis steigern, um die erwartete psychische Wirkung zu erzielen.

?: Der Süchtige muss sich der Droge entziehen?

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Ja. Doch zunächst geht es darum, sich nicht länger der Illusion hinzugeben, man könnte mit dem Problem allein fertig werden. Danach ist das Glücksspielverhalten zu stoppen. Nicht der Verzicht steht hier im Vordergrund, sondern die Entwicklung von alternativen Verhaltensweisen. Spieler müssen sich wieder für andere Dinge interessieren, bei denen sie Spaß und Freude finden. Die Aufarbeitung der Ursachen soll schließlich dafür sorgen, dass er nicht mehr zum Ausgangspunkt seiner Sucht zurückkehrt.

Pressekontakt:
Martin Holzhause, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org



Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 21.000 Beschäftigten für die 8,4 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen, zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.



Foto zur Mitteilung
Dr. Meinolf Bachmann, Experte für Glücksspielsucht an der LWL-Klinik Gütersloh.
Foto: LWL


Foto zur Mitteilung
Nichts geht mehr: In der Suchtphase verliert der Zocker völlig die Kontrolle.
Foto: pixelio.de



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