URL dieser Seite: https://www.lwl.org/pm18998
Presse-Infos | Jugend und Schule
Mitteilung vom 13.11.08
¿Die Rolle der Psychologie in der Mediation¿ - Tagung zeigt,
dass bei der Vermittlung von Konflikten nicht nur das Recht wichtig ist
Münster (lwl). Wenn es darum geht bei schweren Konflikten in der Familie zu vermitteln ¿ etwa bei einer Scheidung ¿ stehen meistens rechtliche Fraugen im Mittelpunkt. Mit einer internationalen Tagung haben am Samstag (15.11.) der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), die Bundesarbeitsgemeinschaft Familienmediation (BAFM) und die Mediationswerkstatt Münster darauf aufmerksam gemacht, dass bei der Mediation in verschiedenen Konflikten psychologische Kenntnisse und Fertigkeiten eine ebenso gewichtige Rolle spielen.
¿Die Resonanz war riesig ¿ wir waren mit 240 Teilnehmenden aus der ganzen Bundesrepublik und dem angrenzenden Ausland restlos ausgebucht. Offensichtlich haben wir mit dem Thema genau ins Schwarze getroffen¿, freuen sich Christoph C. Paul, Sprecher der BAFM, Matthias Lehmkuhl, Referatsleiter im LWL-Landesjugendamt Westfalen und Heiner Krabbe von der Mediationswerkstatt Münster.
¿Im Prozess der Mediation sind Gefühl und Gerechtigkeit zwei wesentliche Aspekte¿, betont Prof. em. Dr. Leo Montada aus Konstanz, Mitautor eines Standardwerkes ¿Mediation: Ein Lehrbuch auf psychologischer Grundlage¿. Die Mediatoren müssten bei der Vermittlung in Konflikten also nicht nur auf Gesetze achten, sondern auch die Gefühle berücksichtigen, wie beispielsweise das Gefühl eines Vaters, der seine Kinder nach einer Trennung nur alle zwei Wochen sehen darf.
Auf ein großes Problem bei Trennungen macht Dr. Helmuth Figdor aus Wien aufmerksam: ¿In der Zeit nach einer Scheidung gibt es leider oft die paradoxe gegenseitige Haltung, dass die Kinder gerade jetzt eigentlich perfekte, einfühlsame, tolerante, geduldige, zeitaufbringende Eltern haben müssten, wie sie sie noch nie gebraucht haben. Und das ausgerechnet zu einer Zeit, in der es den Eltern selbst so schlecht geht, dass sie eigentlich Kinder bräuchten, die so anspruchslos, selbstständig, gut funktionierend sind, wie sie es bisher nicht sein mussten. Dieses Problem müssen Mediatoren erkennen und helfen, es aufzulösen.¿ In einer solchen Situation sei den Kindern für ihren künftigen Lebensweg am meisten geholfen, wenn Eltern professionelle Hilfe in Anspruch nähmen, empfiehlt Figdor.
Dramatische Folgen für Unbeteiligte können familiäre Konflikte haben, die in Familienunternehmen stattfinden: ¿Wenn die Probleme nicht angemessen bearbeitet werden, können sie das ganze Unternehmen in eine Krise stürzen und damit viele Existenzen gefährden¿, so Prof. Dr. Arist von Schlippe aus Witten-Herdecke. Um das zu verhindern müssen Mediatoren die besonderen Rahmenbedingen in Familienunternehmen beachten: Einerseits orientieren sich Familienunternehmen gerne an der Familientradition, die beispielsweise in der Landwirtschaft oft besagt, dass der älteste Sohn unabhängig von seinen Neigungen und Fähigkeiten den Hof erbt. Andererseits müssen Entscheidungen, die ein Familienunternehmen trifft, wirtschaftlich sinnvoll sein und sich an juristischen Vorgaben halten. Im Spannungsfeld dieser drei sich unter Umständen widersprechenden Vorgaben müssen die Mediatoren Lösungswege aufzeigen.
Dass Mediation keinesfalls einfach ist zeigte Prof. Josef Duss-von Werdt (Luzern) im Friedenssaal am Beispiel der Verhandlungen während des Dreißigjährigen Krieges, die ihren Abschluss im Westfälischen Frieden fanden: ¿Um die Wahrheit zu sagen, hatten die Mediatoren in Münster grosse Mühe, wenig Erfolg und noch weniger Ehre. Ihre Absichten waren gut, aber überall stießen sie auf Härten¿, zitierte er den französischen A. de Wicquefort, der 1682 die Vermittlung der beiden Mediatoren untersucht hat. Duss-von Werdt hat Wicqueforts Ergebnisse erstmals ins Deutsche übersetzt und stellt sie in Münster vor. Dabei macht er das methodische Vorgehen der beiden ¿Friedensmediatoren¿, die eine besonders schwere Aufgabe zu erfüllen hatten: Da die Konfliktparteien sich lange weigerten direkt miteinander zu verhandeln, pendelten die Mediatoren ständig per Kutsche zwischen Münster und Onsabrück hin und her, um mit beiden Parteien zu sprechen.
Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org
Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
Das Presseforum des Landschaftsverbandes im Internet: https://www.lwl.org/pressemitteilungen