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Presse-Infos | Der LWL
Mitteilung vom 22.03.07
Was haben ¿Nacken¿ und ¿Haar¿ mit Berg und Tal zu tun?
LWL- Flurnamenatlas erklärt Bezeichnungen für Hügel und Wasserläufe
Münster (lwl). Wenn sich Fachleute über ¿Nacken¿ und ¿Haar¿ unterhalten, fachsimpeln nicht unbedingt Friseure über Frisurentrends. Es können auch Mundartforscher sein, die sich über Flurnamen austauschen. Denn Nacken steht auch für einen Berg oder Gipfel, und Haar kann auch einen höher gelegenen Landstrich wie den Haarstrang bezeichnen. Erklärungen für Namen von Hügeln und Wasserläufen gibt der ¿Westfälische Flurnamenatlas¿, dessen vierte Lieferung der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) jetzt herausgegeben hat.
Der Atlas zeigt anhand von über 90 Karten nicht nur, wo welche Flurnamen verbreitet sind. ¿In den ausführlichen Kommentaren zu allen Karten erklären wir auch, welchen Ursprung und welche Bedeutung die einzelnen Namen haben¿, so Autor Dr. Gunter Müller von der Kommission für Mundart- und Namenforschung beim LWL. Denn die Bedeutung von Flurnamen erschließt sich heute oft nicht mehr auf den ersten Blick. ¿Meist waren es vor etlichen hundert Jahren Bauern, die Äcker, Wiesen, Wälder, Hügel, Bäche, Seen, aber auch Wege oder auffällige Bäume und Steine mit altniederdeutschen Namen versehen haben. Während diese Wörter in der heutigen Sprache ausgestorben sind, leben viele Flurnamen noch heute als Straßen- oder Stadtteilnamen weiter¿, erklärt Prof. Dr. Jürgen Macha, Vorsitzender der LWL-Kommission.
Der Westfälische Flurnamenatlas erklärt beispielsweise, mit einem kleinen ¿Aha-Erlebnis¿, was es mit dem in Westfalen weit verbreiteten Namen Aa für einen kleinen Fluss auf sich hat. Denn Aa leitet sich vom altniederdeutschen ¿Aha¿ ab, das wiederum mit dem lateinischen ¿aqua¿ zusammenhängt und schlicht ¿Wasser¿ bedeutet. Im Mittelpunkt der vierten und vorletzten Lieferung des Flurnamenatlas stehen aber Namen, die kleine Erhebungen, Hügel, Täler und Berge bezeichnen. Während im Münsterland der Flurname ¿Knapp¿ nicht etwa auf einen Mangel hinweist sondern für einen Hügel steht, bezeichneten die Menschen in Ostwestfalen kleine Erhebungen eher als ¿Brink¿, die Menschen im Westen Westfalens nannten Hügel dagegen meist ¿Bült¿.
Der ¿Hasenknüll¿ beschreibt zum Beispiel einen Hügel auf dem es Hasen gibt, dem Flurnamen ¿Molthoop¿ liegt das alte Wort Molt für Maulwurf zugrunde und er bedeutet also nichts anderes als Maulwurfshügel und bezeichnet entsprechend eine eher kleinere Erhebung.
Bei ihrer Arbeit am Flurnamenatlas haben sich die Mundart- und Namenforscher in erster Linie auf rund 170 Jahre alte Daten des Preußischen Grundsteuerkatasters verlassen. ¿Denn dieses Urka-taster zeichnet noch ein Bild der westfälischen Landschaft mit ihren ursprünglichen Namen. Danach haben landwirtschaftliche Veränderungen, die Industrialisierung und die Ausweitung der Städte große Teile der Landschaft und damit auch ihres Namenschatzes völlig verändert¿, erklärt Prof. Dr. Hans Taubken, Geschäftsführer der LWL-Kommission, warum der Atlas auf so alten Daten aufbaut.
Der erste Teil des ¿Westfälischen Flurnamenatlasses¿ erschien im Jahr 2000. Er enthält neben einer Einleitung und einem Literaturverzeichnis vor allem Karten und Kommentare zu Flurnamen für Ackerland. Schwerpunkt der 2001 erschienen zweiten Lieferung waren Bezeichnungen für Gemeinschaftsland, für Grünland und für das hofnahe Gelände. Die dritte Lieferung (2004) beschäftigt sich vor allem mit Namen für Bereiche, die erst spät intensiv landwirtschaftlich genutzt wurden. Im Mittelpunkt der fünften und letzten Lieferung werden Themen wie Moor und Sumpf, Wald und Bäume sowie Wildtiere stehen.
Westfälischer Flurnamenatlas
Im Auftrag der Kommission für Mundart- und Namenforschung Westfalens bearbeitet von Gunter Müller, Lieferung 4, Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld,
Großformat DIN A 3, 167 Seiten, 94 zweifarbige Karten,
ISBN 3-89534-604-7, 49 Euro
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