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Presse-Infos | Der LWL
Mitteilung vom 03.05.06
Formen der fünfziger Jahre in spätbarocker ¿Verpackung¿ ¿
LWL kürt Ausstattung des münsterschen Schlosses zum Denkmal des Monats
Münster (lwl). Hans Malwitz, Leiter des Universitätsbauamtes, stand nach dem Zweiten Weltkrieg vor einer schwierigen Aufgabe, als es darum ging, das zerstörte Schloss in Münster wieder aufzubauen, um es als Hauptgebäude der Universität zu nutzen. Während das Äußere des Schlosses nur leicht verändert wieder aufgebaut wurde, bekam das Innere des Schlosses entsprechend seiner neuen Nutzung ein ganz neues Gesicht. ¿Das Konzept war bis ins Detail durchdacht und verrät viel über das Repräsentationsverständnis der ersten, von der Not gekennzeichneten Nachkriegszeit und über das Spannungsverhältnis zwischen Tradition und Neuanfang¿, urteilt Joseph Lammers, Denkmalpfleger beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL). Deshalb hat der LWL das Innere des Schlosses zum Denkmal des Monats Mai gekürt.
Dass das Schloss in Münster ein bedeutendes Kulturdenkmal ist, scheint sich von selbst zu verstehen. Schließlich gilt das letzte Werk des westfälischen Stararchitekten Johann Conrad Schlaun (1696 bis 1773) als Hauptschöpfung des norddeutschen Spätbarock. Verglichen mit der prunkvollen Ausstattung des späten 18. Jahrhunderts erscheint die moderne Fassung des Inneren zunächst sehr schlicht. ¿Vergleicht man sie aber mit den üblichen Stilformen der 1950er Jahre, ist sie aufwändig und angesichts der Not der Jahre sogar üppig. Sie ist ein typisches Zeugnis der ersten Wiederaufbaujahre, in denen die mittlere, weitgehend noch traditionell eingestellte Generation den Ton angab¿, so Lammers.
Den Anstoß, das Schloss an Stelle des völlig zerstörten alten Universitätszentrums in der Stadtmitte als Hauptgebäude der Universität zu nutzen, hatte schon 1946 der Provinzialkonservator Wilhelm Rave gegeben. Von ihm stammen auch die ersten Entwürfe zur Gliederung des Inneren, auf denen Malwitz dann aufbaute. Mit dem Wiederaufbau kamen Aula (Auditorium Maximum), besonders ausgestattete Räume für die Universitätsleitung samt Vorzimmer, Büros, eine Kantine und natürlich Hörsäle ins Schloss. ¿Repräsentative Treppenhäuser im schweren Stil der klassizistischen Staatsbauten der 1930er Jahre führen vom Foyer zur Aula. Die Aula selbst, die die Stelle des ehemaligen Großen Saales in der Mitte des Schlosses einnimmt, ist eher einem festlichen Theater- oder auch Kinosaal der 1920er Jahr nachempfunden, doch zeigt der Vergleich mit dem Vorgänger, wie viel von diesem in die neue Form übersetzt ist. Der von der Wandvertäfelung bis zu den Möbeln inklusive Papierkorb und den Lampen einheitlich gestaltete Raum des Rektors erscheint auf den ersten Blick typisch fünfziger Jahre, doch zeigt er ebenfalls Bezüge zum Ausbau des späten 18. Jahrhunderts und trägt dem Amtsinhaber als Repräsentant der Universität Rechung¿, so Lammers, der betont, dass dagegen die Hörsäle mit Ausnahme der ehemaligen Kapelle sachlich schlicht gehalten sind.
Seinem eigentlichen Zweck als Residenz diente das Schloss, das bei seiner Fertigstellung 1787 schon unzeitgemäß war, übrigens nur 15 Jahre lang. Denn im Zuge der Säkularisation im Jahr 1803 wurden neben vielen Klöstern auch die Fürstbistümer aufgehoben. Seine schweren Schäden erlitt das Schloss erst kurz vor Kriegsende, als es am Palmsonntag (25. März) 1945 schwer getroffen wurde und ausbrannte. Dabei ging nahezu die gesamte prunkvolle Ausstattung verloren.
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