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Presse-Infos | Der LWL
Mitteilung vom 16.03.06
Denkmal des Monats: Eines der ältesten schmiedeeisernen Gitter Deutschlands kehrt nach Bad Driburg zurück
Bad Driburg (lwl). Über ein Jahr mussten die Gläubigen und Besucher der katholischen Pfarrkirche St. Saturnina in Bad Driburg-Neuenheerse (Kreis Höxter) auf eines der bedeutendsten Inventarstücke des Gotteshauses verzichten. Nachdem es zunächst sorgfältig restauriert und anschließend in der Ausstellung ¿Krone und Schleier - Kunst aus mittelalterlichen Frauenklöstern¿ in Essen zu sehen war, fand jetzt das zweiflügelige schmiedeeiserne Gittertor wieder seinen Platz in der ehemaligen Damenstiftskirche. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) hat das seltene Zeugnis mittelalterlicher Schmiedekunst, das rund 800 Jahre alt ist, zum Denkmal des Monats März erklärt.
¿Bei den beiden Flügeln des Gitters handelt es sich offenbar um Reste einer Chorschranke, die den Chorraum der mittelalterlichen Kirche gegen das Hauptschiff abgrenzte. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts funktionierte man Teile dieser Schranke zu dem heutigen Gittertor um, das seitdem bis 1953 den barocken Treppenaufgang zum Chor flankierte¿, fasst LWL-Denkmalpfleger Dr. Dirk Strohmann die Geschichte des eisernen Denkmals zusammen.
Jeder Flügel besteht aus geschmiedeten, zu einem rechteckigen Rahmen gefügten Eisen. In diesen Rahmen sind in regelmäßigen Abständen vertikale Flacheisen eingestellt. Ein weiteres Flacheisen sorgt für die horizontale Aufteilung im unteren Drittel. Den Raum füllen gebogene, bügelartige Eisenbänder, die in stilisierten Lilien, Rosetten, Trauben und Blättern enden. Ursprünglich mischten sich auch vereinzelte, später nach und nach herausgebrochene Vögel unter das filigrane pflanzliche Dekor, das den Gittern den Eindruck einer lebendigen Hecke verleiht. Bei der Restaurierung festgestellte Farbreste deuten darauf hin, dass dieser Eindruck ursprünglich durch entsprechende naturalistische Farben der Dekorelemente bestärkt wurde.
¿In Westfalen ist das Gitter einzigartig, vergleichbare Gitterflügel gibt es nur im niedersächsischen Hildesheim und Lüneburg. Bisher nahm man an, dass alle drei Gitter um 1400 entstanden sind, jüngere Forschungen gehen aber aus formalen und stilistischen Gründen davon aus, dass die Gitter 200 Jahre älter sind. Um 1200 sind auch die englischen und französischen Vorbilder für diese Schmiedewerke entstanden¿, so Strohmann.
Die Restaurierung der Gitterflügel beschränkte sich auf die Trockenreinigung der Oberfläche, die Bekämpfung von Korrosionserscheinungen und die Retusche von Fehlstellen im Farbton des letzten Anstrichs. Im unteren Bereich der Gitter wurden die Fehlstellen bewusst belassen, um den authentischen Charakter des gealterten Originals so weit wie möglich zu bewahren. Die gefundenen Farbreste reichten nicht aus, die älteren Farben zu rekonstruieren.
Nach seiner Rückkehr hat das Gitter einen neuen Platz vor der Taufkapelle bekommen. ¿Hier wird das Gitter viel weniger bewegt und ist durch eine Absperrung vor allzu neugierigem Zugriff geschützt, so dass es besser erhalten werden kann. Außerdem kann man hier die ursprüngliche Funktion als durchsichtigen Raumabschluss viel besser nachvollziehen, und das Gitter hat an dieser exponierten Stelle in der Kirche einen angemessenen Platz gefunden, der ihm als einzigartigem mittelalterlichem Kunstwerk zukommt¿, so Strohmann.
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