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Presse-Infos | Der LWL

Mitteilung vom 11.07.05

Gut verwaltet in den Untergang ¿ Wie die Verwaltung dem NS-Regime half
Neues LWL-Buch untersucht Kommunen im ¿Dritten Reich¿


Westfalen (lwl). ¿Überaus gut verwaltet marschierten die Deutschen während des Nazi-Regimes in den Untergang¿. Zu diesem Fazit kommen neue Forschungen zum Thema ¿Kommunen im Dritten Reich¿, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) jetzt in dem Buch ¿Stadtverwaltung im Nationalsozialismus¿ veröffentlicht hat.

Städte und Gemeinden verfügten innerhalb des nationalsozialistischen Herrschaftsgefüges über beachtliche Handlungsspielräume heißt es in dem Sammelband, des LWL-Institutes für Regionalgeschichte weiter. Die Beiträge, herausgegeben von Sabine Mecking und Andreas Wirsching, stützen sich dabei sowohl auf Untersuchungen aus Westfalen und aus dem Rheinland als auch auf Fallbeispiele aus anderen Regionen des Deutschen Reiches.

Regional- und Stadthistoriker gingen lange Zeit davon aus, dass im System der NS-Herrschaft auf nahezu allen politischen Handlungsfeldern nur die Entscheidungsrichtung von ¿oben¿ nach ¿unten¿ möglich war. Die Kommunen schienen demnach nichts anderes zu sein als Befehlsempfänger übergeordeneter Behörden und Dienststellen. ¿In den vergangenen Jahren haben aber insbesondere lokalgeschichtliche Studien gezeigt, dass dieses Bild zu einfach gezeichnet ist und dass es auch unter den Bedingungen des NS-Regimes zum Teil erhebliche Freiräume für die Städte und ihre leitenden Beamten gegeben hat. Die Kommunen waren durchaus eigenständige Akteure innerhalb dieses Systems¿, so Mecking und Wirsching.

Die Beiträge des Sammelbandes beschäftigen sich mit drei großen Themen: der Personalpolitik, den Gestaltungsspielräumen kommunaler Aufgabenwahrnehmung (z.B. im Kulturbereich oder Steuerwesen) und den von städtischen Dienststellen vollzogenen Verfolgungsmaßnahmen, wie der ¿Arisie-rung¿ jüdischen Vermögens und der Umsetzung der nationalsozialistischen Erb- und Rassengesetzgebung. Die Aufsätze zeigen, wie die Kommunen ganz erheblich zur Stabilisierung des NS-Regimes beitrugen. So gingen etwa von städtischen Einrichtungen ganz entscheidende Impulse für die Ausgrenzungs- und Verfolgungspolitik des ¿Dritten Reiches¿ aus. Städtische Sachbearbeiter, Amts- und Dienststellenleiter waren als Verwaltungsfachleute an der Schnittstelle des nationalsozialistischen "Normen- und Maßnahmenstaats" tätig. Parteifunktionäre und Staatsdiener sowie die kommunale und die staatliche Ebene unterstützten sich bei der Erledigung dieser Aufgaben gegenseitig und trugen so zum Funktionieren des nationalsozialistischen Regimes bei. Zur Durchsetzung von Verfolgungsmaßnahmen benötigte man nicht den überzeugten Parteigänger, es genügte der dienstbeflissene Beamte. Dass dieser Mechanismus bis zum Ende des Krieges wirkte, zeigt nach Auffassung der Autoren, welch wichtige Rolle die Gemeinden bei der Mobilisierung der Bevölkerung und der Freisetzung letzter Kraftreserven übernahmen.

Sabine Mecking/Andreas Wirsching (Hg.),
Stadtverwaltung im Nationalsozialismus.
Systemstabilisierende Dimensionen kommunaler Herrschaft
(Forschungen zur Regionalgeschichte, Bd. 53),
Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn u.a. 2005,
425 Seiten, gebunden, ISBN 3-506-79608-9, Preis: 46,40 Euro

Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, Telefon: 0251 591-235
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