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Presse-Infos | Der LWL
Mitteilung vom 07.04.05
Nicht nur zum Papst:
Pilgerreisen haben eine lange Tradition und viele Ziele
Westfalen (lwl). Zu Millionen pilgern Katholiken in diesen Tagen nach Rom, um von Papst Johannes Paul II. Abschied zu nehmen und bescheren der Stadt damit einen Pilgernotstand. Pilgerreisen sind seit Jahrhunderten fester Bestandteil des religiösen Lebens in Europa. ¿Meist suchten die Pilgernden dabei Buße und Sühne, sie wollten für göttliche Wohltaten danken, sie suchten Segen und Heil, um sich vor Unglück und Krankheit zu schützen oder sie wollten für ein persönliches Anliegen bitten. Solche Anliegen konnten individuelle Notlagen, besondere Ereignisse wie Ernte, Schwangerschaft, Krankheit oder ein besonderes Gelöbnis bilden¿, umschreibt Lutz Volmer, Volkskundler beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) den historischen Hintergrund von Pilgerreisen.
Manch ein Wallfahrer ging auch ¿einfach so¿ los ¿ Segen und Gnade konnte man nach den theologischen Vorstellungen der vergangenen Jahrhunderte schließlich nicht genug erwerben. ¿Die Wallfahrten waren mit zahlreichen Gefahren verbunden, die auf dem Weg lauerten, aber sie waren zugleich auch ¿social events¿: Man ging in der Gruppe, kehrte ein und brachte Kerzen, Bildchen, Medaillen, Rosenkränze oder Reliquienandenken mit nach Hause. Sie waren also auch etwas wie kleine Fluchten aus dem Alltag¿, so Volmer. Bei Pilgerreisen konnten die Teilnehmer persönliche Bedürfnisse und religiöse Vorgaben gut in Einklang bringen.
Vor allem im Mittelalter steuerten die Pilgernden gerne Fernziele an. Wichtigstes Wallfahrtsziel war zunächst Jerusalem, wo die Pilger den Kreuzweg Christi an den Originalschauplätzen nachvollzogen. Ziele waren auch Apostelgräber. Der erste Westfale, von dem man weiß, dass er ins spanische Santiago de Compostela pilgerte ¿ dem Begräbnisort des Apostels Jacobus ¿, war 1174 der Mindener Bischof Anno von Blankenberg. Da eine solche Fahrt eine aufwändige und kostspielige Aktion war, kamen in manchen Orten sogenannte Sekundärwallfahrten auf, die auf diese großen Pilgerziele bezogen waren. Ein solcher Bezug auf Santiago de Compostela lässt sich für Soest nachweisen, wo die Jacobistraße und das Jacobitor ¿ in ihm befand sich auch eine Kapelle ¿ einen Weg markieren, den die mittelalterlichen Wanderer genommen haben, der Ort entwickelte sich auch selbst zum Pilgerziel.
Für die, die nicht ganz so weit reisen konnten, war ¿ zumindest im 20. Jahrhundert - auch eine Fahrt zum Heiligen Rock nach Trier, eine Wallfahrt nach Telgte, Stromberg (bei Oelde im Kreis Warendorf), Pömpsen (Bad Driburg im Kreis Höxter), Bethen (Cloppenburg, Niedersachsen) Kevelaer (Niederrhein) oder gar ins süddeutsche Altötting eine Alternative.
Die Wallfahrtsstätten wurden häufig barfuss besucht. Das Entblößen der Füße bedeute in christlicher Sicht das Sich-Ausziehen des irdischen Menschen, es war ein Zeichen kultischer Nacktheit, das von Männern noch im 17. Jahrhundert geübt wurde. solche ¿Nacktwallfahrten¿ symbolisierten die Passion Christi, sie wurden als symbolischer Sühneakt zur Erinnerung an die Entblößung und Kreuzigung Christi gesehen.
Wallfahrtsorte mit regionaler Bedeutung sind vielfach bis heute bekannt, im Bistum Münster gibt es noch mindestens 14 solcher Orte, darunter Billerbeck (Kreis Coesfeld), der Sterbeort des Bistumsgründers Liudger und die Marienwallfahrt in Warendorf oder Telgte (Kreis Warendorf).
Es gibt heute eine Fülle von Angeboten an Pilgerreisen oder Wallfahrten zu den Haupt-Pilgerzielen der katholischen Welt, sei es das heilige Land Israel, Rom oder Lourdes. Alle 25 Jahre wird ein Heiliges Jahr ausgerufen. In solchen Jahren ¿ zuletzt 2000 ¿ nehmen die Zahlen der Pilger nach Rom rapide zu.
Es gibt 23 Wallfahrts- und Gedenkorte im Bistum Münster:
· Aengenesch (bei Geldern) - Marienwallfahrtsort
· Bethen (bei Cloppenburg) - Marienwallfahrtsort
· Billerbeck - Sterbeort des Heiligen Liudger
· Coesfelder Kreuz
· Eggeroder Marienwallfahrt
· Freckenhorster Kreuzwallfahrt
· Haltern - Verehrung der Heiligen Anna
· Herzfeld - Verehrung der Heiligen Ida von Herzfeld
· Hoetmar - Schmerzhafte Mutter von Buddenbaum
· Das Heeker Gnadenkreuz
· Hopsten-Breischen - Marienwallfahrtsort
· Kevelaer - Marienwallfahrtsort
· Kranenburger Kreuzwallfahrt
· Marienbaum - Marienwallfahrtsort
· Nottuln - Grabstätte der Heiligen Heriburg
· Rosendahl (Darfeld) Reliquien der Hl. Maria Droste zu Vischering
· Stadtlohner Marienwallfahrt
· Südlohne - Verehrung der Anna Selbdritt
· Stromberger Kreuzwallfahrt
· Telgter Marienwallfahrt
· Vinnenberger Marienwallfahrt
· Warendorfer Marienwallfahrt
· Xanten - Grab des Heiligen Viktors und Gefährten
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