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Presse-Infos | Der LWL

Mitteilung vom 24.11.04

LWL-Tagung: Suchthilfe bietet zu wenig Therapie für traumatisierte Abhängige

Münster (lwl). Der Suchthilfe fehlt es an Wissen und Werkzeug zur Behandlung von Abhängigen, die durch unverarbeitete Schreckenserfahrungen an Alkohol, Drogen oder andere Suchtstoffe geraten sind. Nur zehn bis 20 Prozent der Therapieeinrichtungen bieten spezielle Behandlungsangebote, betonten jetzt Experten in Münster vor 160 Fachleuten der Sucht- und Drogenhilfe bei der Jahrestagung 2005 der Koordinationsstelle Sucht des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). Ihr Thema: ¿Der Schatten will nicht weichen¿ Traumaverarbeitung in der Suchtbehandlung¿.

Mindestens ein Drittel der nach Expertenschätzungen bundesweit 275.000 ambulant Rat suchenden Süchtigen leidet ¿ therapeutisch oftmals unerkannt ¿ unter einem so genannten Trauma in der eigenen Lebensgeschichte: trinkende Eltern, Vernachlässigung in der Kindheit, Prügel, manchmal sexuelle Gewalt. Oft führen auch der Verlust eines geliebten Menschen oder ein unbewältigtes Unfall- oder Katastrophenerlebnis zur Sucht. In der Fachwelt jedoch steht die Diskussion über Konsequenzen und Konzepte für eine traumaorientierte Behandlung erst am Anfang.

¿Traumatisierte vermissen ein schützendes soziales Netz und verlieren ihre Selbstsicherheit¿, erläuterte LWL-Experte Wolfgang Rometsch, dessen Koordinationsstelle Sucht bereits Suchthelfer zum Thema ¿Sucht und Traumatisierung¿ fortbildet. ¿Der scheinbare Ausweg aus den Ängsten ist dann oft der Griff zur Flasche oder zu illegalen Drogen¿, berichtete Dr. Ingo Schäfer vom Hamburger Zentrum für interdisziplinäre Suchtforschung. Schäfer hat herausgefunden, dass ein Drittel aller Suchtkranken als Kinder und auch später körperlich oder sexuell misshandelt wurden ¿ bei Drogenabhängigen sind es sogar 50 Prozent. ¿Gewalt macht krank¿, brachte es Dr. Ursula Gast, Leiterin einer Bielefelder Klinik mit Schwerpunkt Traumabehandlung, auf den Punkt.

Therapeuten sei dieser Zusammenhang durchaus klar. Trotzdem reagieren laut Schäfer nur 20 Prozent der ambulanten und zehn Prozent der stationären Suchthilfeeinrichtungen darauf mit maßgeschneiderten Angeboten.

In der Therapie von Drogenabhängigen gebe es mittlerweile erste Ansätze zur Einbeziehung von trau-matischen Erfahrungen in die Behandlung. Für Alkoholismus fehlten solche Konzepte hingegen nahezu vollständig, kritisierte die Sozialwissenschaftlerin Dr. Willemien Langeland aus Amsterdam. Sie regte an, die bereits bewährte psychotherapeutische Traumatherapie um Elemente zur Bearbeitung der vielschichtigen Ursachen von Alkoholsucht zu ergänzen.

Die Trauma-Behandlung müsse zudem flexibel und leicht zugänglich (niedrigschwellig) an die Bedürfnisse der Adressaten angepasst sein, hieß es weiter. So komme es bei der Therapie von Jugendlichen vor allem auf die Förderung eines pfleglichen Umgangs der jungen Menschen mit sich selbst an, führte der Hammer Kinder- und Jugendpsychologe Dr. Wilfried Huck aus. Die Ergründung der Trauma-Ursachen und die Bekämpfung der dadurch ausgelösten Ängste stehe bei der Behandlung suchtkranker Frauen im Mittelpunkt, sagte die Diplom-Psychologin Anke Kirchhof-Knoch von der Fachklinik Mackenzell bei Fulda. Süchtige Männer wiederum hätten oft Gewalt und Aggressionen erfahren und reagieren darauf gewalttätig und aggressiv ¿ gegen sich selbst und andere. Behandlungsansätze in diesem Bereich stellten Michael Engels und Sybille Teunißen von der Klinik Beusingser Mühle in Bad Sassendorf vor.

Pressekontakt:
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