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Presse-Infos | Der LWL

Mitteilung vom 10.11.04

Was geschah in der Hochzeitsnacht?
LWLVolkskundlerinnen suchen Fotos


Westfalen (lwl). Mal wollen Freunde oder Nachbarn Frischvermählten die Hochzeitsnacht mit Blumenherzen im besonders schön hergerichteten Schlafzimmer verschönen, mal wollen sie die Hochzeitsnacht mit mehr oder weniger derben Späßen stören, indem sie im Schlafzimmer reisgefüllte Luftballons verteilen, einen Hahn im Kleiderschrank verstecken oder das Bett, so manipulieren, dass es bei der geringsten Belastung zusammenbricht. Die Volkskundliche Kommission des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) sucht für eine CD-Rom zum Thema ¿Verlobung und Hochzeit¿ Fotos aus den letzten 30 Jahren, die besonders hergerichtete Hochzeitsschlafzimmer zeigen.

¿Die Hochzeitsnacht war und ist als ¿Nacht der Nächte¿ von vielerlei Vorstellungen und Erwartungen umrankt. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein verboten es Sitte und Anstand, dass ein Paar vor der kirchlichen Trauung unter einem Dach nächtigte. Die Hochzeitsnacht war dementsprechend die erste Nacht, in der es ihnen offiziell gestattet war, miteinander das Bett zu teilen ¿ das hat dazu beigetragen, dass diese Nacht im Bewusstsein der Menschen etwas Besonders ist¿, erklärt LWL-Volkskundlerin Dr. Christiane Cantauw die besondere Bedeutung der Hochzeitsnacht.

Wie viele andere Hochzeitsbräuche auch ist die Hochzeitsnacht ein ¿Übergangsritual¿: Die Braut wird nun endgültig zur Ehefrau, der Bräutigam zum Ehemann. Ihre Positionen in Familie und Dorf waren von nun an ganz andere. Die Hochzeitsnacht war der allerletzte ¿Vollzug¿ dieses Übergangs und wurde von unterschiedlichen Bräuchen begleitet, die sich je nach Region sehr unterschieden und im Lauf der Zeit stark verändert haben. ¿Teilweise erschöpften sich die Bräuche rund um die Hochzeitsnacht darin, dass die Nachbarinnen das Brautbett feierlich herrichteten während das Brautpaar in der Kirche getraut wurde. Schöne Bettwäsche und Blumen sollten dafür sorgen, dass sich die Frischvermählten in ihrer ersten gemeinsamen Nacht möglichst wohlfühlten. Es ging aber in der Vergangenheit nicht immer so gesittet und brav zu: Aktionen, die die Hochzeitsnacht stören sollten, waren auch um 1900 schon bekannt¿, hat die LWL-Volkskundlerin herausgefunden.

Schon damals verschafften sich bisweilen Freunde unter einem Vorwand Zugang zum Schlafzimmer des zukünftigen Ehepaares und bereiteten teils lustige, mitunter aber auch derbe Späße vor, die der Hochzeitsnacht jegliche Romantik raubten: ¿Wenn die gemeinsame Nacht daran scheiterte, dass das Bett unter Getöse zusammenbrach oder jede Bettberührung eine außen am Fenster angebrachte Klingel in Gang setzte, blieb den Frischvermählten nichts anderes übrig, als gute Mine zum bösen Spiel zu machen. Noch heute werden in den Wohnungen von frischgetrauten Ehepaaren oft Späße für die Hochzeitsnacht vorbereitet, die - wenn sie sich im Rahmen halten und keine großangelegten Säuberungsarbeiten nach sich ziehen ¿ als positive Anteilnahme an der Hochzeit bewertet werden¿, so Cantauw.

Zu diesen Scherzen zählen hunderte wassergefüllte Becher, die den Weg ins Schlafzimmer versperren, ungeheuere Mengen von Luftballons, Lichtsignale, die durch die Belastung des Bettes ausgelöst werden, riesige Blumenherzen oder gar im Schrank versteckte Hähne, die im Morgengrauen zu krähen beginnen. An Ideen, wie man den Neuvermählten die Hochzeitsnacht durch allerhand Schabernack ¿verschönern¿ könnte, mangelt es meist nicht.

Wohl aber an Fotos dieser Aktionen: ¿Obwohl die Volkskundliche Kommission des LWL ein 130.000 Abbildungen umfassendes Archiv besitzt und zu fast allen Themen aus dem Vollen schöpfen kann, stoßen wir bei der Bebilderung des Themas ¿Hochzeitsnacht¿ an die Grenzen unseres Archives. Wir hoffen, dass wir diese Lücke nun mit Hilfe der Öffentlichkeit schließen können. Wir sind vor allem an Fotos aus den letzten 30 Jahren interessiert, die ein besonders hergerichtetes Hochzeitszimmer zeigen. Schön wäre es, wenn wir neben dem Foto auch noch Informationen zur ¿Dekoration¿ bekommen können¿, hofft Cantauw auf Hilfe.

Wer den LWL-Volkskundlerinnen ein Foto zur Verfügung stellen möchte, kann sich an Christiane Cantauw bei der Volkskundlichen Kommission für Westfalen wenden, Scharnhorststraße 100, 48151 Münster, E-Mail: christiane.cantauw@web.de.

Pressekontakt:
Markus Fischer, Tel. 0251 591-235
presse@lwl.org



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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.



Foto zur Mitteilung
Hochzeitsfotos wie dieses, das 1918 in Ahaus (Kreis Borken) entstanden ist, gibt es reichlich im LWL-Archiv, die Volkskundlerinnen sind aber auf der Suche nach Bildern zum Thema ¿Hochzeitsnacht¿.
Repro: LWL



Die gezeigten Fotos stehen im Presseforum des Landschaftsverbandes zum Download bereit.



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