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Presse-Infos | Der LWL

Mitteilung vom 04.08.04

Immer mehr junge Behinderte besuchen den Kindergarten um die Ecke
Wahlfreiheit zwischen Integration und Heilpädagogik


Westfalen (lwl). Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) gibt in diesem Jahr fünf Millionen Euro mehr dafür aus, dass behinderte Kinder in Kindergärten gefördert werden. Insgesamt zahlt der LWL für 6.500 Kinder mit Behinderungen 82,5 Millionen Euro. (2003: 6.100 Kinder, 77,5 Millionen Euro) 'Die Eltern entscheiden weiterhin mit darüber, ob ihre Kinder in den Kindergarten um die Ecke integriert werden oder einen heilpädagogischen Kindergarten besuchen. Eine Entscheidung ohne die Eltern ist für uns nicht denkbar', betonen LWL-Sozialdezernent Dr. Fritz Baur und LWL-Jugenddezernent Hans Meyer. Bisher haben zwei Drittel der Eltern für die Einzelintegration gewählt, so Meyer weiter.

Grund für die Unsicherheit vieler Eltern und heilpädagogischer Einrichtungen ist die Forderung des Sozialgesetzbuches, dass behinderte Kinder möglichst gemeinsam mit nichtbehinderten Gleichaltrigen in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld gefördert werden. Dementsprechend hat der LWL beschlossen, dieser Einzelintegration den Vorrang vor heilpädagogischen Einrichtungen zu geben. 'Das heißt aber nicht, dass die Kinder willkürlich in den Regelkindergarten geschickt werden. Entscheidend ist der Hilfebedarf jedes einzelnen Kindes, über den wir nicht alleine am ¿grünen Tisch¿ entscheiden. Hier spielen ärztliche Gutachten und der Elternwunsch eine wichtige Rolle. Nur wenn das Kind in der Einzelintegration ebenso gut gefördert werden kann wie im heilpädagogischen Kindergarten kommt die Vorrangregelung zum Tragen, denn dann dürfen wir nicht die kostenintensivere Förderform finanzieren', erklärt Meyer. Davon profitierten auch die Kinder, denen oft lange Wege zu Spezialeinrichtungen erspart blieben und die so Kontakt zu Kindern aus der Nachbarschaft bekämen, so Meyer weiter.

Doch dieses Angebot im Kindergarten um die Ecke kommt nicht für jedes Kind in Frage, wenn der inte-grative Kindergarten nicht über die notwendigen Rahmenbedingungen verfügt, wenn alle integrativen Plätze belegt sind oder die Art der Behinderung für einen Platz in der heilpädagogischem Kindergarten spricht. 'Die betroffenen Kinder können natürlich einen heilpädagogischen Kindergarten besuchen. Deshalb können wir auf diese Spezialeinrichtungen als notwendige Säule bei der Versorgung behinderter Kinder auch nicht verzichten', sagt Baur zu. Während die Zahl der Plätze in heilpädagogischen Einrichtungen konstant bleiben soll, plant der LWL die Einzelintegration auszubauen, um so die steigende Zahl der Kinder mit Behinderungen aufzufangen, die sich jährlich um rund 400 Kinder erhöht.

Hintergrund:
Für behinderte Kinder gibt es vier alternative Betreuungsformen in Tageseinrichtungen:
Bei der Einzelintegration gehen bis zu drei Kinder in die Gruppe eines Regelkindergartens, die mit einer zusätzlichen (heil-)pädagogischen Kraft ausgestattet wird. So stehen für die insgesamt 20 bis 25 Kinder 2,5 Kräfte zur Verfügung. Ein Platz in der Einzelintegration kostet 10.600 Euro pro Jahr. In Westfalen-Lippe werden zur Zeit 3.400 behinderte Kinder in 1600 Regelkindergärten betreut.
Die Schwerpunktgruppen sind ebenfalls im 'Kindergarten um die Ecke' angesiedelt. Dabei besuchen jeweils fünf behinderte und 15 nichtbehinderte Kinder diese Gruppen, so dass sich inklusive einer heilpädagogischen Kraft ein Betreuungsschlüssel von 3:20 ergibt. In Westfalen-Lippe gibt es 66 Schwerpunkteinrichtungen mit 480 behinderten Kindern. Ein Platz kostet 15.600 Euro pro Jahr.
Im heilpädagogischen Kindergarten bilden acht behinderte Kinder, die von zwei Kräften gefördert werden, eine Gruppe (Betreuungsschlüssel 2:8). In additiven Einrichtungen gibt es unter einem Dach heilpädagogische und Regelgruppen. Viele dieser Kindergärten arbeiten integrativ, indem sie die Gruppen mischen. Dann kann sich zum Beispiel ein Betreuungsschlüssel von 2:14 ergeben. Ein Platz für ein behindertes Kind kostet in beiden Einrichtungstypen pro Jahr 21.600 Euro. In Westfalen-Lippe besuchen 2.200 behinderte Kinder 75 heilpädagogische und additive Einrichtungen.



Pressekontakt:
Markus Fischer Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org



Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.



Foto zur Mitteilung
Stuhlkreis im integrativen Kindergarten: Dass Andreas (im Vordergrund) gehandicapt ist, kann man kaum erkennen.
Foto: LWL/Schläger



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