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Presse-Infos | Der LWL
Mitteilung vom 16.07.04
Das ¿Goldene Wunder von Dortmund":
LWL kürt seltenen Schnitzaltar zum Denkmal des Monats
Dortmund (lwl). 633 vergoldete Figuren, die in 30 Szenen angeordnet sind, zieren die innere ¿Sonntagsseite" des brabantischen Altares in der Dortmunder Petrikirche. Sie haben dem 5,65 Meter hohen und 7,49 Meter breiten zweifach aufklappbaren Altar den Beinamen das ¿Goldene Wunder von Dortmund" eingebracht. Obwohl die Antwerpener Produktionsstätten für Schnitzaltäre schon im 16. Jahrhundert eine Art Massenherstellung betrieben und Kirchen von Spanien bis Nordeuropa belieferten, sind weltweit nur knapp 200 dieser Altäre erhalten. Weil der Dortmunder nicht nur zu den größten, sondern auch zu den Altären gehört, bei denen die meiste Originalbemalung und Vergoldung erhalten ist, hat ihn der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) jetzt zum Denkmal des Monats gekürt.
Der Altar ist um 1521 in Antwerpen hergestellt worden. Antwerpen war einer der erfolgreichsten Produktionsstätten für Schnitzaltäre. Sie bestehen aus einem Schrein mit Gefachen und klappbaren Flügeln, die außen bemalt sind. ¿Die Altäre wurden nach Maß und Gestaltungswunsch in einer Art ¿Just in Time' -Logistik produziert: Verschiedene Werkstätten haben die Schreiner-, Schmiede-, Schnitz- und Malerarbeiten angefertigt. Figuren und Architektur sind wieder von anderen vergoldet und bemalt, Gemälde der Flügel von verschiedenen Künstlern gemalt worden", erklärt LWL-Denkmalpfleger John Farnsworth die aufwändige Produktion. Das Besondere daran: Die Antwerpener hatten schon eine ausgeprägte Qualitätskontrolle: ¿Die Schnitzfiguren bekamen nach Abnahme durch die Handwerkszünfte ein Qualitätssiegel, einen Stempel in der Form einer Hand. Erst wenn das Gesamtwerk fertig war, bekamen die Altäre ein letztes Qualitätssiegel in Form von zwei Händen und drei Türmen", erklärt Farnsworth.
Das ¿Goldene Wunder von Dortmund" wandelt sein Äußeres dreimal, wenn die Klappflügel geöffnet werden: Auf den Flügeln sind in 43 Bilden biblische Geschichten zu sehen. Erst wenn die Doppelflügel ganz geöffnet sind, präsentiert der Schrein in seinem Inneren die Sonntagsseite, die früher tatsächlich nur an Sonntagen gezeigt wurde. Hier erzählen die 633 bemalten und vergoldeten Figuren in 30 Szenen die Leidensgeschichte Jesu. ¿Diese Bilder- und Reliefgeschichten waren für die Gläu-bigen wichtig, denn die meisten von ihnen konnten nicht lesen", so Farnsworth.
Die Franziskaner haben den Altar für ihre Dortmunder Klosterkirche bestellt. Dafür haben sie die damals ungeheure Summe von 900 brabantischen Goldgulden bezahlt - das entsprach dem Wert von drei bis vier Handelsschiffen. Als das Kloster im Zuge der Säkularisation aufgehoben wurde, kaufte die Petrigemeinde den Altar und brachte ihn kurz vor dem Abbruch der Klosterkirche 1809 in ihre Kirche, deren Altar bei einem Blitzeinschlag zerstört worden war. In der Petrikirche blieb der Altar, bis er während des Zweiten Weltkriegs ausgelagert wurde. 1954 kam er wieder nach Dortmund in eine Notkirche zurück, da der Wiederaufbau der Petrikirche noch nicht vollendet war. Von Anfang der 60er Jahre an wurde der Altar restauriert. Er wurde 1985 gleichzeitig mit dem Aufsetzen des neuen Turmhelms auf die Petrikirche fertiggestellt.
Die Gemeinde der Petrikirche steht nun wieder vor einer Mammutaufgabe: Der Zahn der Zeit hat wieder soweit an der Bemalung und Vergoldung von 1521 genagt, dass das ¿Goldene Wunder" dringend konserviert werden muss. Die Kosten dafür werden voraussichtlich 200.000 Euro betragen.
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