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Presse-Infos | Der LWL

Mitteilung vom 17.06.04

Westfälisches Industriemuseum präsentiert "Schätze der Arbeit"
Ausstellung zum 25-jährigen Jubiläum auf der Zeche Zollern II/IV


Dortmund (lwl). Schätze im gemeinen Sinne sind sie nicht: die Arbeitsschuhe des Hüttenarbeiters Hans-Peter Freise oder das Gartentor aus einer Bochumer Bergarbeitersiedlung. Für die Kulturgeschichte des Industriezeitalters sind viele Stücke aus der Sammlung des Westfälischen Industriemuseums aber von unschätzbarem Wert. 250.000 Objekte hat das Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in den 25 Jahren seines Bestehens gesammelt. Die meisten schlummern in den Depots. Zum Silberjubiläum packt das Museum aus und setzt auf der Zeche Zollern II/IV in Dortmund über 500 ausgewählte "Schätze der Arbeit" in Szene (20. Juni bis 12. September 2004).

Die Schau im historischen Werkstattgebäude des Bergwerks zeigt aussagekräftige Exponate aus den sechs Branchen, die das dezentrale Museum repräsentiert. Eine Bessemerbirne und eine Schiffsdampfmaschine gehören dazu, Vorratsgläser, hölzerne Arbeitsschuhe, Glasmacherpfeifen, Ölgemälde, Postkarten, ein Ein-Mann-Bunker, Dokumente aus Zwangsarbeiterlagern. Aber auch: ein Schokoladenautomat, Wäscheklammern, Stoffwindeln, eine türkische Gebetskette ... Das älteste Stück ist ein 4,5 Milliarden Jahre alter Meteorit aus fast reinem Eisen; die Motorhaube eines in Bochum produzierten Opels steht als jüngstes Exponat für den Strukturwandel im Revier. "In ihrer Vielfalt bildet unsere Sammlung einen unschätzbaren Fundus, der Arbeit und Alltag im Zeitalter der Industrialisierung anschaulich macht", erklärte Helmut Bönnighausen, Direktor des Westfälischen Industriemuseums, heute (17.6.) in Dortmund.

Er erinnerte auch an die Anfänge des Industriemuseums, dessen Gründung das LWL-Parlament am 21. September 1979 in Münster beschloss. "Es war damals eine große Herausforderung und ein völlig neuer Ansatz, ehemalige Industrieanlagen nicht abzureißen, sondern zu erhalten und museal zu nutzen", so Bönnighausen. In jeglicher Hinsicht musste Pionierarbeit geleistet werden. Der Museumsdirektor: "Auf Zollern wuchs damals ein Birkenwald, aus dem die Maschinenhalle herausragte. Andere Denkmäler wie das Schiffshebewerk waren zu Ruinen verfallen." Fotos und Texte auf der Galerie der alten Werkstatt stellen die acht Museumsstandorte mit ihrer Geschichte und die weiteren Pläne des Westfälischen Industriemuseums vor.

Zur Jubiläumsausstellung "Schätze der Arbeit" bietet das Museum ein umfangreiches Begleitprogramm mit Vorführungen des Webstuhls und der Schiffsdampfmaschine, Glasschleifen, Schaugießen, einem Filmabend und Themenführungen an. Kinder bedrucken an Aktionstagen Stoff oder gestalten eine Stadt mit Lehm. Junge Besucher können sich außerdem in der Ausstellung auf Schatzsuche begeben. Beim Knacken des Codes helfen eine Schatzkarte und die Kinderfiguren aus den acht Standorten des Westfälischen Industriemuseums. Dem erfolgreichen Schatzsucher gibt ein Tresor am Ausgang eine leuchtende Belohnung preis.


Die acht Abteilungen der Ausstellung:

1) Schätze aus der Vorzeit - Kohle und Eisen

Versteinerungen aus dem Karbon erinnern an die Entstehung der Steinkohle vor 350 Millionen Jahren. Sie geben einen Eindruck von den Pflanzen der Vorzeit, die als fossiler Brennstoff die Grundlage der Industrialisierung gebildet haben. Ein Meteorit aus fast reinem Eisen ist mit einem Alter von 4,5 Milliarden Jahren das älteste Objekt des Westfälischen Industriemuseums.

2) Mit Kopf und Hand - Die lange Dauer der Handarbeit

Handarbeit prägte die vorindustrielle Epoche, ist aber auch heute noch in manchen Produktionsbereichen unverzichtbar. Typische Werkzeuge und Geräte zeigen das Spektrum der Handarbeit in den Branchen des Industriemuseums: hölzerne Streichrahmen für Ziegel, lange Prokelstangen vom Abstich des Hochofens, Glasmacherpfeifen, ein Spinn- und ein Spulrad zur Garnherstellung, Schlägel und Keilhaue, die unter Tage im Einsatz waren.

3) Kraft aus Wasser und Feuer - Das Zeitalter der Dampfmaschine

Im zweiten Raumbereich steht die Dampfmaschine als entscheidender Motor der Industrialisierung auch optisch im Zentrum. Das Westfälische Industriemuseum vereint in seiner Sammlung über 40 Dampfmaschinen und zahlreiche kleinere dampfbetriebene Aggregate wie Pumpen oder Haspeln. Die Schiffsdampfmaschine des 1884 vom Stapel gelaufenen französischen Ausflugsdampfers Express ist die älteste Dampfmaschine im Bestand.

4) Stechuhr und Maschinentakt - Massenproduktion im Industriezeitalter

Neben der Dampfmaschine gilt die Uhr als wichtigste "Maschine" des Industriezeitalters. In der Frühzeit der Industrialisierung prägte die meisten Menschen noch der natürliche Rhythmus von Tag und Nacht. Das aufkommende Fabrikwesen erforderte Pünktlichkeit und strenge Arbeitsdisziplin. Der Rhythmus der Maschinen gab den Takt vor und zwang ihn den Beschäftigten auf - ohne Rücksicht auf soziale Bedürfnisse. Großexponate wie ein Webstuhl, eine Ziegelpresse, eine Bessemerbirne und eine Flaschenblasmaschine stehen für das Zeitalter der Massenproduktion. Als Allegorien der Industrie symbolisieren Statuetten aus Zink-guss den Fortschrittsoptimismus der Gründerzeit.

5) Mehr als Feuer und Rauch - Industrie im Bild

Die enorme Dynamik und fortwährenden Veränderungen, die die Lebens- und Arbeitsver-hältnisse der Menschen in den Industrieregionen prägten, spiegeln sich in zahlreichen Kunstwerken wider. Industriebilder bilden deshalb einen Sammlungsschwerpunkt im Westfälischen Industriemuseum. Sie erzählen Geschichten von Industriellen, Arbeitern und Künstlern, dokumentieren örtliche Begebenheiten oder Arbeitsvorgänge verschiedener Industriebranchen in den europäischen Industrieregionen - und verbildlichen das bis heute zwiespältige Verhältnis von Mensch und Technik.


6) Fabrikarbeit, Knochenarbeit, Kriegsarbeit - Mensch und Arbeit
.

Mit einer Fülle an Objekten loten die Inszenierungen im dritten Ausstellungsraum das Spannungsfeld von ¿Mensch und Arbeit" aus. Pastelle und Plastiken zeigen Industriearbeiter als geschundene Menschen, aber auch als "Helden der Arbeit". Schutzkleidung, Warnschilder und Plakate thematisieren Arbeitsgefahren und -sicherheit. In der Abteilung Kriegsarbeit steht ein Ein-Mann-Bunker neben Dokumenten von Hattinger Zwangsarbeitern. "Menschen in Bewegung" thematisiert die millionenfache Zuwanderung von Personen unterschiedlicher Nationalität ins Ruhrrevier. Eine Zitaten-Collage aus lebensgeschichtlichen Erinnerungen spiegelt die Erfahrungen und Erlebnisse aus dem Arbeitsalltag wider. "Das bisschen Haushalt" lenkt den Blick auf die Arbeit von Frauen, die mit ihrer unbezahlten Hausarbeit den bescheidenen Lebensstandard der Arbeiterfamilie in beachtlichem Ausmaß stützten. Mai-Postkarten erinnern an den Kampf der neuen Arbeiterklasse für eine Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen

7) Nach der Arbeit - Feierabend und Konsum

Mit dem explosionsartigen Wachstum des Ruhrgebiets stieg um 1900 auch der Bedarf an Zerstreuung und Konsum in der arbeitsfreien Zeit an. Neuartige Warenautomaten in Kaufhäusern kombinierten die Lust des Kaufens mit der Faszination der technischen Funktion. Anfang des 20. Jahrhunderts zielten Vergnügungsparks, Tanzlokale, Varietés und Lichtspielhäuser auf Massenunterhaltung. Ein Charleston-Kleid steht hier für bürgerliches Vergnügen. Erst in den Wirtschaftswunderjahren drang der Luxus - symbolisiert durch den Fernseh-Schrank "Kurfürst F 271" und das Moped Marke "NSU Quickly" - auch ins kleinbürgerliche und Arbeiter-Milieu vor. An das proletarische Vereinsleben erinnern Urkunden aus Turn-, Gesang- und Taubenzuchtvereinen.


8) Aufbruch statt Abbruch? - Von der Krise zum Wandel

Ende der 1950er Jahre zeichneten sich in vielen Industriezweigen erste Strukturkrisen ab. Eine Welle von Zechenschließungen erschütterte den Ruhrbergbau. Mitte der 1970er Jahre setzte die Stahlkrise ein und führte zu ersten Entlassungen. Tausende gingen auf die Straße. Ein Transparent und ein T-Shirt erinnern an den Widerstand gegen die Stilllegung der Hattinger Henrichshütte im Jahr 1987. Politik und Wirtschaft versuchten den wirtschaftlichen und sozialen Problemen mit verschiedenen Initiativen zu begegnen. 1962 konnte mit dem Opel-Werk in Bochum die Automobilindustrie als neue Branche angesiedelt werden; 1965 öffnete die Ruhr-Universität als erste Hochschule im Revier ihre Tore. Die Motorhaube eines Opels und ein 20 Jahre alter Computer der Universitätsbibliothek symbolisieren den Wandel.


Begleitprogramm

Schatzsuche Offenes Angebot für Familien: Mit einer Schatzkarte begeben sich Eltern und Kinder auf eine spannende Reise durch die Zeit der Industrialisierung. Wird der "Code" geknackt, wartet am Ende eine kleine Überraschung auf die Entdecker. Kosten: Museumseintritt plus 0,50 ¿

Öffentliche Führungen 27. Juni, 24. und 31. Juli; 7., 8., 14., 21., 22. und 28. August,
5. September, je 15 Uhr. Kosten: Museumseintritt

Sa, 3. Juli, 11¿17 Uhr Webstuhlvorführung, mit Arno Sendner vom Textilmuseum Bocholt

So, 4. Juli, 15 Uhr
Themenführung ¿Bergbautechnik" durch die Ausstellung und die Zeche Zollern, mit Martin Lochert

So, 11. Juli, 10¿18 Uhr
Vorführung: Glasgravur und Glasschleiferei, mit Heikko Schul-ze Höing vom Westfälischen Industriemuseum Glashütte Gern-heim

Sa, 17. Juli, 11¿17 Uhr
¿Rot, Grün, Blau ¿ wie bunte Stoffe entstehen" Webstuhlvor-führung und Farbexperimente, mit Arno Sendner und Manfred Tangerding vom Textilmuseum Bocholt

Sa u. So, 24. u. 25. Juli,ab 15 Uhr
Offenes Ferienprogramm: ¿Wir bauen eine Stadt aus Lehm". Ein Angebot vom Westfälischen Industriemuseum Ziegelei Lage

So, 25. Juli, 15 Uhr
Themenführung ¿Ziegel & Glas" durch die Ausstellung und die Zeche Zollern II/IV, mit Dr. Thomas Parent

Mi, 28. Juli, 11¿16 Uhr
Offenes Ferienprogramm: ¿Kreatives Bedrucken von Stoff". Ein Angebot des Textilmuseums Bocholt für Kinder von 6 bis 12 Jahren, mit Elfriede Heitkamp. Kosten 2 ¿ für Material plus Eintritt

So, 1. August, 15 Uhr
Themenführung ¿Das bisschen Haushalt", mit Olge Dommer

Mi, 4. August, 11¿16 Uhr
Offenes Ferienprogramm: ¿Kreatives Bedrucken von Stoff". Ein Angebot des Textilmuseums Bocholt für Kinder von 6 bis 12 Jahren, mit Angela Huster. Kosten 2 ¿ für Material plus Eintritt

Sa u. So, 7. u. 8. August, 15 ¿18 Uhr
Vorführung der Schiffsdampfmaschine von 1884 in
der Ausstellung, mit Willem Leeraar

So, 15. August, 15 Uhr
Themenführung ¿Stahl" durch die Ausstellung und die Zeche Zollern II/IV, mit Anja Kuhn und Dr. Thomas Parent

So, 29. August, 14¿18 Uhr
Vorführung: Die Schaugießerei des Fördervereins Industriemuseum Henrichshütte demonstriert das Gießen von Zinn und Blei in Formen

Fr, 3. September, 19.30 Uhr
Filmabend: Historische Filme der Branchen Bergbau, Eisenhüttenwesen, Binnenschifffahrt, mit thematischer Einführung durch Anja Kuhn, Herbert Niewerth und Dietmar Osses

Sa, 4. September, 11¿17 Uhr
¿Rot, Grün, Blau ¿ wie bunte Stoffe entstehen",
Webstuhlvorführung und Farbexperimente in der Ausstellung, mit Arno Sendner und Manfred Tangerding vom Textilmuseum Bocholt

So, 12. September
Jubiläumsfest: 25 Jahre Westfälisches Industriemuseum. Ganztägig Aktionen zum Mitmachen, Vorführungen, Begegnungen mit Zeitzeugen aus dem Bergbau, Musik, Kindertheater, Lokfahren, stündlichen Führungen und ¿Geierabend-Sondershow". Zugleich Tag des Offenen Denkmals: Thema: ¿Eine Etage tiefer" ¿ Bodendenkmäler. Dazu Führungen zu Aschegang, Fuchs und Übungsstollen mit max. 12 Pers. mit Helm und Kopflampe


Schätze der Arbeit. 25 Jahre Westfälisches Industriemuseum
20. Juni bis 12. September 2004
Zeche Zollern II/IV
Grubenweg 5, 44388 Dortmund
geöffnet Di-So 10-18 Uhr
www.zeche-zollern.de
Informationen und Anmeldung von Führungen, Tel. 0231 6961-211
Jubiläumsband mit Katalogteil: 15 ¿




Pressekontakt:
Markus Fischer, Telefon: 0251 591-235 und Christiane Spänhoff, Telefon: 0231 6961-127
presse@lwl.org



Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.



Foto zur Mitteilung
Die Unfallschuhe des Hüttenarbeiters Peters Freise, 1980.
Foto: LWL


Foto zur Mitteilung
Beliebter Lohn für Jahre schwerer Arbeit: Das Moped "NSU Quickly" von 1960.
Foto: LWL


Foto zur Mitteilung
Sorgte für Pünktlichkeit und Arbeitsdisziplin: die Stempeluhr "Bundy", um 1919.
Foto: LWL


Foto zur Mitteilung
Heikko Schulze Höing aus der Glashütte Gernheim demonstriert im Rahmen der Jubiläumsausstellung Glasgravur und Glasschleiferei.
Foto: LWL



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