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Presse-Infos | Der LWL
Mitteilung vom 13.05.04
Ziegel - Baustein der Industrialisierung
Themenwoche im Westfälischen Industriemuseum
Dortmund (lwl). Die Dampfmaschine spielte in der Industrialisierung eine wichtige Rolle. Eher un-scheinbar kommt dagegen ihr Grundbaustein daher: der Ziegel. Dabei wäre die stürmische Entwicklung ohne die massenweise produzierten Backsteine undenkbar gewesen. Der Bedarf in den Boom-Jahren um 1900 war enorm: Für den Bau einer Spinnerei etwa wurden bis zu drei Millionen Ziegel benötigt.
Zu seinem 25-jährigen Bestehen widmet das Westfälische Industriemuseum dem Ziegel eine eigene Themenwoche. In Lage (Kreis Lippe), Bochum, Witten (Ennepe-Ruhr-Kreis), Bocholt (Kreis Borken) und Dortmund bietet das Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) von Mitt-woch (19.5.) bis Sonntag (23.5.) Veranstaltungen unter dem Stichwort 'Stein' an. Das Spektrum reicht von der Ziegelproduktion in Lage bis zu Vorträgen und Themenführungen.
Ziegelei Lage
In der kommenden Woche starten die Techniker im Westfälischen Industriemuseum Ziegelei Lage (Kreis Lippe) den 240 PS starken Dieselmotor der Maschinenziegelei. Dann pulsiert wieder das Herz der historischen Anlage aus den 1920er Jahren. 30.000 Ziegel wurden hier einst täglich produziert.
Während der Schauproduktion am Mittwoch und Donnerstag (19./20.5.) sowie am Samstag und Sonntag (22./23.5.) drehen sich lautstark die Steinräder des tonnenschweren Kollergangs (Foto), in dem der Lehm aufbereitet und in die Presse gedrückt wird. Unten heraus kommt ein rechteckiger Strang, von dem die Ziegelrohlinge abgeschnitten werden. Die Besucher können an den vier Tagen verfolgen, wie der Lehm in Loren über die steile Rampe zum Kollergang hinauftransportiert wird (täglich zwischen 10.30 und 11 Uhr). Kollergang und Strangpresse arbeiten jeweils von 11 bis 12.30 Uhr und von 15 bis 16.30 Uhr und produzieren bis zu 10.000 Ziegel an einem Tag.
Zum Abschluss bietet das Museumsfest am Sonntag (23.5.) zusätzlich zur Schauproduktion von 10 bis 18 Uhr ein vielfältiges Programm: Museumsrallye, Feldbahnfahrten, Musik, Kindertheater, Clowns, Tanz und kulinarische Angebote warten auf die Besucher.
Textilmuseum Bocholt
'Fabrikschloss und Arbeiterhaus' heißt ein Vortrag im Textilmuseum Bocholt. Am Mittwoch (19.5.) berichtet Dr. Andreas Oehlke über den Baumboom in der münsterländischen Textilindustrie. In den Gründerjahren ¿ zwischen 1879 und 1914 ¿ erlebte die Baumwollindustrie ihre Blütezeit. Vor allem die bis zu vier Geschosse hohen Spinnereigebäude überragten die ansonsten eher bescheidene Wohnbebauung der Klein- und Mittelstädte.
Den Grundstoff für die stürmische bauliche Entwicklung lieferte der millionenfach produzierte Backstein. Für den Bau der Walshagen-Spinnerei in Rheine (Kreis Steinfurt) etwa ¿ einem Gigant von 108 x 68 Metern ¿ lieferten fünf Ziegeleien den täglichen Bedarf von rund 5.000 Steinen. Die industrielle Dimension des Ziegels und architektonische Aspekte zeichnet der Kunsthistoriker aus Rheine in seinem einstündigen Vortrag (Beginn 18 Uhr) anhand zahlreicher Beispiele aus der Region nach. Der Eintritt ist frei.
Zeche Nachtigall, Witten
Einmal nicht die Zeche, sondern die Ziegelei steht im Mittelpunkt von Themenführungen am Himmelfahrtstag (Do, 20.5.) auf dem Nachtigall-Gelände in Witten. Historikerin Christina Clasen, nimmt die Besucher um 12, 14 und 16 Uhr mit ins Gewölbe des historischen Ringofens.
Noch im Jahr der Zechenschließung 1892 erwarb der
Bauunternehmer Wilhelm Dünkelberg das heutige
Museums-Gelände. An Stelle der Zechenbauten um Schacht Hercules entstand zwischen 1897 und 1899 die heute noch geländebeherrschende Doppel-Ringofenanlage, in der jährlich bis in die 1960er Jahre hinein bis zu elf Millionen Ziegel gebrannt wurden. Ausgangsmaterial für die Ziegel war Schieferton, der im Ruhrtal unterhalb der Kohleflöze lagert. Bei der Führung geht es von der Gewinnung und Verarbeitung des Schiefertons bis zum Brennen im Ringofen und dem anschließenden Verladen an der Rampe der Ruhrtalbahn. Außerdem lernen die Teilnehmer den Ziegler-Alltag bis in die 1960er Jahre kennen. Die Führungen sind kostenlos, gezahlt werden muss nur der reguläre Museumseintritt.
Zeche Hannover, Bochum
Das Ruhrgebiet als Ziegel-Landschaft stellt Dr. Thomas Parent vom LWL-Industriemuseum in einem Diavortrag am Freitag (21.5.) um 20 Uhr auf der Zeche Hannover in Bochum vor.
Zechen und Fabriken, Kolonien und Kirchen, Schulgebäude und Rathäuser sind im Ruhrgebiet in der Regel aus Ziegelsteinen gemauert. Sie wurden zum Teil in zecheneigenen Ziegeleien aus dem Ton gebrannt, den man beim Abteufen der Schächte als Abfallprodukt gewann. Häufig unterstützten Berg-werksgesellschaften den Bau von Schulen und Kirchen im Revier, indem sie den Gemeinden solche Ziegelsteine stifteten. Im Vergleich zum Naturstein gilt der Ziegel zwar als minderwertig. Dass man mit Ziegelsteinen aber auch hochkarätige Architektur gestalteten kann, zeigt der Referent an Beispielen aus dem Revier und interpretiert die Bauten dabei im Zusammenhang der Industriegeschichte.
Zeche Zollern, Dortmund
Ziegelmauern und Ziegeldächer auf Zollern stehen in Mittelpunkt einer Themenführung mit zwei Wissenschaftlern des LWL-Industriemuseums am Sonntag (23.5.) um 14.30 Uhr.
Dr. Andreas Immenkamp erläutert zu Beginn in einem kurzen Diavortrag, wie Ziegelsteine hergestellt werden. Dr. Thomas Parent präsentiert in einem weiteren Kurzvortrag das Ruhrgebiet als Ziegel-Landschaft. Im Anschluss folgt ein gemeinsamer Rundgang über das Zechengelände. Die Ziegelbauten von Zollern II/IV werden dabei unter
die Lupe genommen. Die Bautechnik der Stahlfachwerk-Architektur bei der Maschinenhalle ist Thema, aber auch der Anspruch, mit Ziegelsteinen kunstvolle Fassaden zu gestalten.Die Teilnahme ist kostenlos, gezahlt werden muss nur der reguläre Museumseintritt.
Pressekontakt:
Markus Fischer, Telefon: 0251 591-235 udn Christiane Spänhof, Telefon: 0231 6961-127
presse@lwl.org
Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
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