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Presse-Infos | Der LWL
Mitteilung vom 21.02.02
Haushaltsrede 2002
Kultur Monika Steinheuser, Bündnis 90/GRÜNE
- es gilt das gesprochene Wort -
Kultur braucht Politik ¿ Politik braucht Kultur
¿... in einer Zeit knapper Kassen wird (...) immer gefragt, ob Dinge, die wir tun, sein müssen. So z.B.: ¿Braucht man das Museum?¿ Darauf sage ich jedem: ¿Man braucht kein Museum.¿ Wenn einer fragt: ¿Muß eine Stadt ein Theater haben¿, kann ich auch nur antworten: ¿Sie muß kein Theater haben.¿ Brauchen, was heißt das?
Aber wenn man diese Dinge hat, dann hat man Lebensqualität in dem Bereich, in dem man wohnt und lebt. Das ist der Sinn von Kultur. Und dieses Niveau, das wir heute erreicht haben, bedeutet dann gleichzeitig auch für uns, komplementäre Möglichkeiten für das gesamte westfälische Land geschaffen zu haben, für alle Bürger den Zutritt zu solchen Dingen zu ermöglichen oder zu erleichtern. Was der Großstädter um die Ecke hat, hat der auf dem flachen Land noch lange nicht. Wer die Kulturpflege verläßt ¿ meine ich - , verstößt gegen die Verfassung, die uns aufgibt, gleichwertige Lebensbedingungen überall in der Region zu erzeugen und diese Lebensqualität auch allen zugänglich zu machen.¿
Dies sagte, meine Damen und Herren, in einer bemerkenswerten Rede in der Landschaftsversammlung vom 26. Januar 1996 der damalige Vorsitzende der CDU-Fraktion, Dr. Walter Hostert. Ihm lag die Kulturpflege in Westfalen ganz besonders am Herzen, denn er wußte, dass die Kultur eine wichtige Klammer für die westfälische Identität ist, eine Klammer, die auch unsere Mitgliedskörperschaften und die Kommunen in Westfalen-Lippe einschließt. Sie ist zugleich das Rückgrat unseres Verbandes, und das meine ich nicht nur mit Blick auf die Außenwirkung und Publizität, die sie dem LWL verschafft.
Diese Klammer droht allerdings mehr und mehr brüchig zu werden, wenn wir dem Druck nachgeben, das Budget der Kulturpflege als Steinbruch zu missbrauchen, um nach außen Sparwillen zu dokumentieren.
Die Einsparung der Personalkostensteigerungen im Kulturbudget können Sie vielleicht ein oder zwei Jahre durchhalten. Vielleicht auch noch ein drittes. Aber dann stehen wir sehr schnell vor der Grundsatzfrage, ob wir mit dieser Politik nicht gerade das kaputtmachen, was viele im Verband ¿ aus Politik und Verwaltung ¿ mit langem Atem aufgebaut haben. Und was ein Herr Clement mit seiner Forderung nach Abschaffung der Landschaftsverbände nicht geschafft hat, das machen wir dann selbst von innen heraus. Um noch einmal mit Walter Hostert zu spre-chen: (Zitat) ¿... Sie können die gesamten Ausgaben für die Kultur streichen, den Ausgleich des Haushalts finden Sie nie. Das ist damit nicht zu schaffen.¿
Kultur braucht Politik ¿ das bedeutet, dass wir die dauerhafte Erfüllung unserer Aufgaben in der landschaftlichen Kulturpflege nur hinbekommen, wenn wir sie politisch unterstützen und befördern.
- Nicht, indem wir ihr von Jahr zu Jahr engere Grenzen setzen.
- Nicht, indem wir den Museen und Kultureinrichtungen die Budgets zusammenstreichen.
- Nicht, indem wir nicht besetzte Stellen einfach streichen, ohne zu fragen, welche Kulturdienstleistungen dadurch nicht mehr erbracht werden können.
Wir begrüßen es deshalb ausdrücklich, dass der LWL seinen Beitrag zum Weserrenaissance-Museum aufstockt und werden eine solche Ent-scheidung auch mit Blick auf die Stiftung Preußen Museum unterstützen.
Wir begrüßen es ferner, dass sich die Politik dieses Hauses nach schwierigen Debatten für das Museum für Gegenwartskunst hier in Münster ausgesprochen hat.
- Wir bedauern es jedoch außerordentlich, dass unserem Antrag auf Erhöhung der Mittel für die Denkmalpflege in den Kommunen nicht stattgegeben wurde. In diesem Bereich gab es ja schon in den vergangenen Jahren immense Kürzungen, obwohl der seinerzeitige Einschnitt als ¿einmaliger Schritt zur Konsolidierung des Kulturetats¿ bezeichnet wurde. Inzwischen ist eine Kürzung bei den Denkmalpflegemitteln schon schlechte Tradition im LWL! Allein gegenüber dem Vorjahresansatz verzeichnen wir hier ein Kürzungsvolumen von ca. 25%!!
- Wir bedauern es weiterhin außerordentlich, dass unserem Antrag auf Erhöhung des Kulturbudgets nicht stattgegeben wurde. Subsumiert unter der HH-Stelle 570.000 finden sich in diesem Bereich Kürzungen in Höhe von 840.000 ¿ im Vergleich zu den Haushaltsansätzen des Vorjahres. Wie können die Aktivitäten an unseren Kulturstandorten und -einrichtungen weiter in einem wirkungsvollen Maße aufrecht erhalten werden, wenn Sie, meine Damen und Herren, weiterhin den Sensenmann spielen und alles beschneiden, was bisher die gute Arbeit der Kultur ausmachte?
In diesem Zusammenhang noch einige Worte zum gemeinsamen Antrag von CDU und SPD im letzten Kulturausschuss:
Ich habe ja in meinem politischen Leben schon viele nichtssagende Anträge gelesen. Dieser jedoch stellt so ziemlich alles in den Schatten, was mir bislang vor Augen gekommen ist. Was ist die Quintessenz dieses Exzerpts?
¿Vor weiteren Haushaltsbelastungen sollte der Kulturhaushalt in den nächsten Jahren verschont werden.¿ Das sagt ja erst mal gar nichts, meine Damen und Herren, denn ein ¿SOLLTE ist kein MUSS; das bescheinigt Ihnen jeder Jurist.
¿Für das laufende Haushaltjahr muss gewährleistet sein, dass die Gremien des LWL im Falle offenbar werdender Finanzierungslücken ... zusätzlich befasst werden. ... Das gilt insbesondere für die Bereitstellung von Eigenanteilen, sofern Fördermittel z.B. von der EU oder aus privaten Händen eingeworben werden können.¿ Auch das ist nichts als eine Seifenblase, um die Kürzungen im Haushalt zu kaschieren. Fakt ist doch: Der Haushalt zementiert nach seiner Verabschiedung ein ganz bestimmtes ¿ im Kulturbereich ganz massiv gekürztes ¿ Finanzvolumen; überplanmäßige Ausgaben, wenn sie denn überhaupt von dieser Mehrheit beschlossen werden sollten; bedeuten fast zwangsläufig weitere Einsparungen in anderen Bereichen. Sie versuchen, uns nur Sand in die Augen zu streuen, meine Damen und Herren; mit der Realität ¿ geschweige denn mit einer vernünftigen Kulturpolitik für die Region - hat Ihr Vorgehen wirklich nichts zu tun.
Wir wünschen uns eine offene und positive Herangehensweise an alle Kultur-Projekte und an die Arbeit der Kultureinrichtungen des Landschaftsverbandes. Das schließt eine aufgabenkritische Überprüfung der Kulturdienststellen ausdrücklich ein. Der Fokus muss dabei allerdings auf die Fragen gerichtet sein:
- welche Aufgaben sind zu erfüllen?
- mit welchen Mitteln ist die Effizienz der Aufgabenwahrnehmung zu verbessern? und
- welcher Ressourcen bedarf es zur Erledigung dieser Aufgaben?
Wir verweigern uns einer Veranstaltung unter dem ausschließlichen Titel: ¿Wo können noch ein paar Euro eingespart werden?¿. Eine bloße Fixierung auf Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen würde die erreichte Qualität und die hohen Standards in der Kulturpflege unweigerlich gefährden. Und wir würden sie auch nicht zurückgewinnen, wenn der LWL als regionaler Kulturträger und kompetenter Sachwalter von Kultur und Kulturpflege in Westfalen-Lippe einmal sein Ansehen und seine Kompetenz in diesem Bereich eingebüßt hat. Wenn Sie so weitermachen, meine Damen und Herren, sind Sie auf dem besten Wege dazu.
Wir lehnen den Kulturhaushalt in der vorliegenden Form ab.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Pressekontakt:
Bündnis 90/Grüne, Telefon: 0251/591-245
presse@lwl.org
Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
Das Presseforum des Landschaftsverbandes im Internet: https://www.lwl.org/pressemitteilungen