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Presse-Infos | Der LWL
Mitteilung vom 05.02.02
Mehr als nur Aufhebung der Klöster:
LWL sucht Mitstreiter für Geschichtsprojekt 'Vom Krummstab zum Adler'
Westfalen (lwl). ¿Reichsdeputationshauptschluss¿ und ¿Säkularisation¿: Wer wurde nicht im Geschichtsunterricht mit diesen Wortungetümen traktiert? Doch das Gesetz, das der Reichstag am 25. Februar 1803 unter dem sperrigen Titel verabschiedet hat, spüren wir noch heute im Alltag. Denn es sorgte zum Beispiel dafür, dass nicht mehr nur die Kirche, sondern der Staat für die Bildung, das Kranken- sowie das Pflegewesen zuständig ist ¿ und es auch finanzieren muss. Unter dem Titel ¿Vom Krummstab zum Adler ¿ Säkularisation in Westfalen 1803 ¿ 2003¿ wollen der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und die NRW-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege an die Säkularisation und ihre Folgen für Westfalen erinnern. Als Kurzinformation und als Anreiz sich am Projekt zu beteiligen, ist jetzt ein Informationsblatt erschienen.
¿Wir hoffen, dass möglichst viele Vereine, Kreise, Städte und Gemeinden sich auf lokaler und regionaler Ebene mit Ausstellungen, Vorträgen, Veröffentlichungen und kulturellen Veranstaltungen an dem Projekt beteiligen¿, so Dr. Christiane Todrowski. Sie sammelt und koordiniert in der Geschäftsstelle, die der LWL eigens für dieses Projekt eingerichtet hat,
alle Veranstaltungen. Rechtzeitig zum Jubiläumsjahr soll ein Programmheft für ganz Westfalen-Lippe erscheinen, das im Internet laufend aktualisiert wird.
Einige Veranstaltungen sind schon jetzt fest geplant. So zum Beispiel die Ausstellung ¿Zerbrochen sind die Fesseln des Schlendrians. Westfalens Aufbruch in die Moderne¿, die das LWL-Landesmuseum für Kunst und Kultur-geschichte in Münster vom 27. Oktober 2002 bis zum 16. März 2003 zeigt. Oder die Ausstellung ¿Klostersturm und ¿Fürstenrevolution¿. Staat und Kirche zwischen Rhein und Weser 1794/1803¿, die die nordrhein-westfälischen Staatsarchive und das Museum für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund gemeinsam erarbeiten. ¿Doch es müssen nicht nur große Ausstellungen sein. Es ist auch wichtig, dass Vereine, Heimatforscher und Schulen ermitteln und darstellen, welche Folgen die Säkularisierung vor Ort hatte¿, wirbt Todrowski für die lokale Spurensuche.
Hintergrund des bedeutendsten Gesetzes, das
der Reichstag je verabschiedet hat ¿ es leitete die Auflösung des über tausendjährigen Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation ein ¿ waren Napoleons militärischen Erfolge. Preußen verlor seine linksrheinischen Gebiete, dafür sollte es rechts des Rheins mit Land entschädigt werden. Also wurden die geistlichen Staaten wie das kurkölnische Herzogtum Westfalen und das Vest Recklinghausen sowie die Fürstbistümer Münster, Paderborn und Corvey mit ihren reichen Klöstern, Abteien und Stiften kurzerhand Preußen eingegliedert. Zusammen mit den Landesteilen, die bereits vorher zu Preußen gehörten, wurde daraus die neue Provinz Westfalen, das heutige Gebiet des LWL.
¿Die neuen Machthaber begannen sofort ihre Besitztümer in klingende Münze umzuwandeln, indem sie Klöster in Gutsbetriebe umwandelten und verkauften oder verpachteten. Kunstschätze und Bibliotheken wurden nur nach ihrem materiellen Wert geschätzt, auseinandergerissen, verkauft oder zerstört. Dabei überstieg der Gewinn der Preußen die ursprünglichen Verluste um ein Vielfaches. Das war der Grundstein für die spätere wirtschaftliche und politische Vormachtsstellung Preußens nicht nur in Westfalen, sondern im ganzen Deutschen Reich¿, so Todrowski.
Die Nonnen und Mönche der aufgelösten Klöster sahen einer unsicheren Zukunft entgegen: Sie erhielten zwar ein Abfindung oder Rente, dafür mussten sie aber ihre Klöster verlassen und sich eine neue Existenz aufbauen. ¿Viele Kritiker hielten Politik, Wirtschaft und Verfassung in den geistlichen Staaten für rückständig und veraltet. Dabei übersahen sie gerne, dass die Fürstbistümer zum Beispiel im Bildungswesen Reformen eingeleitet hatten und damit viel fortschrittlicher waren als die weltlichen Nachbarstaaten¿, berichtet Todrowski von ihren Forschungsergebnissen. Ganz Westfalen-Lippe profitierte später zum Beispiel bei der Bauernbefreiung, der Gewerbefreiheit, der Modernisierung von Verwaltung und Justiz sowie bei der beginnenden Industrialisierung von der preußischen Aufbruchstimmung mit ihrem Reformeifer.
Auch für die katholische Kirche wirkt sich die Säkularisation bis heute aus: Weil sie die weltliche Macht abgeben musste, konnte sie sich neu definieren und auf ihre seelsorgerischen Aufgaben konzentrieren. Diese Aufgaben kann sie seit der Säkularisation mit der staatlich eingezogenen Kirchensteuer finanzieren.
Wer sich mit einer eigenen Veranstaltung am Projekt ¿Vom Krummstab zum Adler¿ beteiligen oder das gleichnamige Informationsblatt bestellen möchte, erreicht Dr. Christiane Todrowski in der Ge-schäftsstelle ¿Säkularisation in Westfalen¿ beim LWL unter Telefon (02 51) 5 91-39 72. Weitere In-formationen ab April im Internet unter www.saekularisation-westfalen.de.
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband für die 8,5 Millionen Menschen in der Region. Mit seinen 41 Schulen, 17 Krankenhäusern, 17 Museen und als einer der größten Sozialhilfezahler Deutschlands erfüllt der LWL Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, der durch ein Parlament mit 135 Mitgliedern aus den Kommunen kontrolliert wird.
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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 21.000 Beschäftigten für die 8,4 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen, zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
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