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Presse-Infos | Der LWL

Mitteilung vom 23.02.01

Zehenbeißen und kalte Wassergüsse: Rauhe Bräuche an den jecken Tagen

Wer denkt nicht an herrliche Rosen, wenn er angesichts farbenprächtiger Karnevalsumzüge den Begriff Rosenmontag hört. "Der Begriff leitet sich aber von dem niederrheinischen Wort `rhosen' ab, das soviel wie rasen oder tollen bedeutet. Demnach spielt der Name auf die ausschweifenden Feste an, die an diesem Tag gefeiert wurden", erklärt Christine Gottschalk von der Volkskundlichen Kommission des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL).

Einige jecke Bräuche wie zum Beispiel das sauerländische
Zehenbeißen sprechen für diese Erklärung: Unter großem
Spektakel machten im 18. Jahrhundert am Rosenmontag
die Mädchen Jagd auf die Jungen, um ihnen die Schuhe
und Socken auszuziehen und ihnen in die Zehen zu beißen.
Am folgenden Tag bissen dann die Jungen zu. Immerhin wurden manchmal die Zehen mit einem Taschentuch umwickelt, bevor man zubiss. Dieses "unhygienische" und "unmoralische" Treiben, wie es ein Lehrer im 19. Jahrhundert nannte, passte nicht zu bürgerlichen Wertvorstellungen, so dass ihm der Garaus gemacht wurde.
Überhaupt war früher der Rosenmontag der Tag der Frauen. Wie heute an Weiberfastnacht durften sie die Männer kräftig ärgern. "Wenn sie einen Mann erwischten, gossen sie ihm einen Eimer kaltes Wasser über den Kopf, damit die Mückensticke im Sommer nicht so quälten", erzählt Gottschalk von einem im Sauerland weit verbreiteten Schabernack. Aber: Am folgenden Tag zahlten es die Männer mit gleicher Münze heim.

Im Nord-Westen des Münsterlandes waren Nachbarschafts- und Straßenfeste üblich. "Die Verbindung von Fastnacht und Nachbarschaftsfeiern war so eng, dass man die Nachbarschaften auch als Fastnachte bezeichnete. Schon früh wurde versucht per Erlass die Feiern einzuschränken. So verbot der Bischof von Münster 1571 "Schwertdentzer und Mummerei". Er sah in den Feiern unnötige Ausschweifungen, die es zu unterbinden galt. Schwerttänze waren im Westen des Münsterlandes ein weit verbreitetes Tanzspiel der Dorfburschen, das sich mancherorts bis ins 20. Jahrhundert hielt.

Erste Karnevalsgesellschaften entstanden in den 20er- und 30er-Jahren des 19. Jahrhunderts in Köln. Kurz danach bildeten sich auch in Münster die ersten Karnevalsgesellschaften. Hier organisierten sich Mitglieder der Oberschicht. Bei ihnen waren allegorische Andeutungen, Anspielungen auf Dichtung und Oper und geistreiche Sticheleien, die sich auch gegen die Obrigkeit wandten, wichtige Elemente des Karnevals. Den ersten Karnevalsumzug gab es in Münster 1896.

Zu dieser Zeit gab es auch schon den Begriff "Rosenmontag". Früher wurde er auch "Fastnachtmontag", "Masken-Zug" oder "Blau-Montag" genannt. Denn an diesem Tag ließen die Handwerker ihre Arbeit ruhen und machten "blau". Dabei blieben sie natürlich nicht nüchtern. Die Feier-Folgen bescherten dem folgenden "Veilchendienstag" wohl seinen ebenfalls blumigen Namen: "Er trägt seinen Namen vermutlich deshalb, weil an diesem Tag bei vielen Leuten, die den Rosenmontag ausgiebig gefeiert haben, der Alkoholspiegel noch nicht ganz abgebaut ist. Passend dazu gibt es das Sprichwort `Blau wie ein Veilchen". Vielleicht spielt diese Redewendung aber auch auf die blaue Nase des Trinkers an", vermutet Gottschalk. Wie dem auch sei, eines ist ganz sicher: Am Aschermittwoch ist alles vorbei.


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Pressekontakt:
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