[WestG] [AKT] Verleihung des Margot Spielmann-Preises 2019 - Jugendgeschichtspreis des Juedischen Museums Westfalen in Dorsten

Holtrup, Sandra Sandra.Holtrup at lwl.org
Fr Nov 29 10:25:58 CET 2019


Von: "Geschichtskultur Ruhr" <geschichtskultur at hclist.de>
Datum: 28.11.2019, 12:19


AKTUELL

Verleihung des Margot Spielmann-Preises 2019 - Jugendgeschichtspreis des Jüdischen Museums Westfalen in Dorsten

Auch bei der elften Auflage des Margot Spielmann-Preises, ausgeschrieben vom Jüdischen Museum Westfalen, war die Resonanz gut. Neben mehreren Projekten, die zum Wettbewerb eingereicht wurden, erreichten auch elf Facharbeiten mit Themen zur jüdischen Geschichte, Religion und Gegenwart sowie zur NS-Geschichte von Schülerinnen und Schüler der Oberstufen aus NRW die Jury.

Mit dem Margot Spielmann-Preis für Projekte werden in diesem Jahr zwei Schulen aus Herten ausgezeichnet: die Martin-Luther-Europaschule und das Städtische Gymnasium. Beide Schulen haben mit spannenden und ambitionierten Projekten die Holocaust-Gedenkveranstaltungen in Herten 2018 und 2019 gestaltet. Mit einer Mischung aus szenischer Lesung und kurzen gespielten Szenen unter dem Titel "Schau hin! Misch dich ein! Sage nein!" setzte das Städtische Gymnasium im Januar dieses Jahres ein mächtiges Zeichen gegen das Vergessen. 

Auch die Schülerinnen und Schüler der Martin-Luther-Europaschule hatten zum Holocaust-Gedenktag 2018 eine beeindruckende Veranstaltung vorbereitet. Auf einer Bühne konfrontierten sie die Besucher mit Erinnerungen an die Verbrechen der Nazis. In Ausdruckstänzen zeigten die Jugendlichen wie jüdische Mitmenschen denunziert, gedemütigt, deportiert und ermordet wurden. Hinzu kamen Kunstinstallationen in den Räumen der Veranstaltung.

Ein weiterer Projektpreis geht an eine ehemalige Schülerin des Städtischen Gymnasiums Löhne. Ihr Projekt befasst sich mit der Flucht und der Vertreibung vieler Deutscher 1945 aus Schlesien. Aus verschiedenen Zeitzeugenporträts entwickelte Luise Hönig ein Theaterstück, das sie mit Schauspieler*innen des Jugendclubs des Herforder Stadttheaters auf die Bühne brachte.

Der Entscheidung für die drei Einzelpreisträger ging eine intensive Sichtung der Arbeiten und Diskussion voraus, da in diesem Jahr alle Arbeiten auf einem guten Niveau lagen. Ein Preis geht an Josef Tewinkel vom Gymnasium Remigianum in Borken. Für seine Facharbeit "Überzeugte Kampfbereitschaft von Anfang bis Ende? Exemplarische Untersuchung der Einstellung deutscher Soldaten im Zweiten Weltkrieg anhand von Feldpostbriefen, Tagebucheinträgen und Zeitzeugenberichte" konnte er Briefe und Aufzeichnungen seines Großonkels untersuchen, die dieser über vier Jahre bis zu seinem Tod im November 1943 an seine Familie geschickt hatte.

Eine weitere Preisträgerin, Luca Julie Kuhlmann, kommt aus Dorsten, wo sie das Gymnasium St. Ursula besucht. In ihrer in englischer Sprache verfassten Arbeit "Kindertransport in Retrospective: Experience of Exile" befasst sie sich mit dem Leben und dem Schicksal zweier Frauen, die als Kinder mit den sogenannten Kindertransporten nach England gerettet werden konnten. Höhepunkte ihrer Rechechen waren für Luca Julie Kuhlmann die Interviews mit Angehörigen der beiden Frauen und vor allem eine persönliche Begegnung mit ihnen.

Die dritte Preisträgerin, Gabriela Kiedrzyn, hat ihre Facharbeit "Solidarität der polnischen Bevölkerung mit Juden im Zweiten Weltkrieg" am Gymnasium Georgianum in Vreden geschrieben. In ihrer Arbeit befasst sie sich mit der Geschichte der polnischen Stadt Rzeszow, in der sie ihre Kindheit verbracht hat. Im Mittelpunkt steht die Geschichte einiger jüdischer Familien und ihrer nicht-jüdischen Helfer, die alle nach der Entdeckung auf offener Straße von deutschen Soldaten und polnischen Polizisten erschossen wurden, Männer, Frauen und Kinder. Die Schülerin war zweimal für je eine Woche in Polen und konnte dort in Archiven und Museen recherchieren.


Margot Spielmann-Preis für Facharbeiten:

Luca Julie Kuhlmann: Kindertransport in Retrospective: Experience of Exile (aus Dorsten)

Josef Tewinkel: Überzeugte Kampfbereitschaft von Anfang bis Ende? Exemplarische Untersuchung der Einstellung deutscher Soldaten im Zweiten Weltkrieg anhand von Feldpostbriefen, Tagebucheinträgen und Zeitzeugenberichte (aus Borken)

Gabriela Kiedrzyn: Solidarität der polnischen Bevölkerung mit Juden im Zweiten Weltkrieg (aus Vreden)


Margot Spielmann-Preis für Projekte:

Luise Hönig, "Boys, go home!" Heimatvertriebene 1945. Ein Theaterstück.

Städtisches Gymnasium Herten, "Schau hin! Misch dich ein! Sage nein!" Eine Veranstaltung zum Holocaust-Gedenktag 2019 in Herten.

Martin-Luther-Europaschule Herten, Gestaltung der Gedenkfeier zum Holocaust-Gedenktag 2018 in Herten.


Wer war Margot Spielmann?

Margot war ein jüdisches Mädchen aus Gelsenkirchen, geboren am 21. Mai 1926. 1942 wohnte sie mit ihrer Mutter Luise Kopf, dem Stiefvater Curt Kopf und ihrer Großmutter Henriette Breuer in einem sogenannten Judenhaus in der Augusta¬straße 7 in Gelsenkirchen.

Luise und Curt Kopf versuchten, zusammen mit ihrer Tochter Margot in das unbesetzte Frankreich zu fliehen, wurden aber auf der Flucht verhaftet. Das schwer zuckerkranke Mädchen erlitt einen Schock und kam in ein Krankenhaus in Mülhausen, während ihre Eltern getrennt und deportiert wurden. Ihre Mutter saß bis zu ihrer Deportation im Gefängnis in Münster ein. Margot verblieb im Krankenhaus in Mülhausen. Dort verstarb sie vermutlich im Spätherbst 1942. Die behandelnde Ärztin teilte später mit, dass Margot - vor ihrem Abtransport - in ein tiefes Koma gefallen sei. Man habe sich im Krankenhaus absichtlich nicht mehr um die Rettung bemüht, um ihr Deportation und Ermordung zu ersparen.

Das Jüdische Museum Westfalen stellt in seiner Dauerausstellung Leben und Schicksal von Margot Spielmann vor. Dazu gehört auch ein Poesiealbum aus ihrem Besitz. Unter den Eintragungen finden sich die Namen weiterer junger Mädchen, die ebenfalls deportiert und ermordet wurden. Mit der Benennung des Jugendgeschichtspreises nach Margot Spielmann möchten wir die Erinnerung an sie und viele andere Jugendliche aus der Region wachhalten.


INFO

Jüdisches Museum Westfalen
Julius-Ambrunn-Str. 1
46282 Dorsten

URL: www.jmw-dorsten.de


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