[WestG] [AKT] Informationstafeln zur Geschichte des Juedischen Waisenhauses in Paderborn aufgestellt

Holtrup, Sandra Sandra.Holtrup at lwl.org
Di Nov 26 08:35:13 CET 2019


Von: "Pressestelle der Stadt Paderborn" <pressestelle at paderborn.de>
Datum: 25.11.2019, 16:50


AKTUELL

Informationstafeln zur Geschichte des Jüdischen Waisenhauses in Paderborn aufgestellt - An der Leostraße

Zwei neue Tafeln zur Geschichte des Jüdischen Waisenhauses an der Leostraße 3 stellten Bürgermeister Michael Dreier und die katholische Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Paderborn, Monika Schrader-Bewermeier, am vergangenen Sonntag der Öffentlichkeit vor. Die Reihe "Erinnern und Gedenken" (www.zeitreise-paderborn.de) hat damit Zuwachs bekommen, über die jüdische Geschichte Paderborns informieren nun im Stadtgebiet sieben Tafeln. Initiiert wurden die Tafeln von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Paderborn, realisiert hat sie das Stadt- und Kreisarchiv Paderborn.

In seiner Ansprache betonte Bürgermeister Dreier mit Verweis auf die jüngsten Ereignisse in Halle an der Saale, wie wichtig solche Erinnerungen an die furchtbare jüdische Geschichte Paderborns, Deutschlands und Europas angesichts eines wieder erstarkenden Antisemitismus sind. Gerade heute gelt es, wachsam zu sein und einzuschreiten. Schrader-Bewermeier erzählte zunächst die Geschichte des Hauses.

In den 1850er-Jahren ließ sich Fanny Nathan (1803-1877) von der desolaten Situation jüdischer Waisenkinder des Paderborner Landes bewegen, ein Waisenhaus für die Provinz Westfalen zu gründen. Ziel war es, die Kinder "mit Liebe und Festigkeit zu frommen und rechtschaffenen Menschen, friedlich duldsamen Bürgern, treuen Genossen des Staates und tüchtigen Arbeitern, dem gemeinen Wohl zur Förderung und Gott zu Ehren" zu erziehen. Am 1. März 1856 eröffnete sie die Anstalt in ihrem Privathaus Domplatz 14, 1863 konnte an der Leostraße 3 ein für das "Jüdische Waisenhaus für die Provinzen Westfalen und Rheinland" eigens neu errichtetes Gebäude bezogen werden. Mit der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 begann für die jüdische Bevölkerung eine Zeit der Diskriminierung und Ausgrenzung, die schließlich im Holocaust mündete. Die Bewohner des Waisenhauses erhielten zum 31. Mai 1942 die Räumungsaufforderung. Einige Kinder und Beschäftigte gingen zunächst zurück in ihre Heimatorte, die meisten jedoch in die Gartenbauschule nach Ahlem bei Hannover, von wo aus sie (manchmal über andere Orte) in Ghettos oder Vernichtungslager deportiert wurden.

Zu ihrem Gedenken stellte die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit am Standort des ehemaligen Jüdischen Waisenhauses eine Stele des Bildhauers Werner Klenk aus Oelde auf, die am 5. März 1990 eingeweiht wurde. Der breite Sockel steht für die Stärke Israels vor dem Holocaust. In Anspielung auf den siebenarmigen Leuchter ziehen sieben (Lebens-)Linien empor zum stilisierten Waisenhaus, die durch eine Flamme gebrochen sind. Sie ist als ein Hinweis auf die Krematorien zu verstehen, aber auch als Zeichen der Mahnung und des Lebens. Eine der beiden Tafeln steht nun direkt neben dieser Stele. Sie klärt über deren Bedeutung auf und nennt die Namen aller Kinder und Erwachsenen des Waisenhauses. Sie soll, so Schrader-Bewermeier, auf die Stele aufmerksam und deren Bedeutung verständlich machen. Sie bedankte sich auch bei den Verantwortlichen der LWL-Förderschule Sehen (Paulineschule), auf deren Grundstück Stele und eine Tafel stehen. Eine zweite Tafel ist am Übergang der Leostraße in die Warburger Straße aufgestellt. Sie zeigt den Blick auf die Blindenschule und das benachbarte Waisenhaus und erzählt ausführlicher dessen Geschichte.


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