[WestG] [AUS] Stahl und Moral - LWL-Industriemuseum zeigt Ausstellung zur Ruestungsproduktion der Henrichshuette, Hattingen, ab 09.05.2014

Pawlitta, Pascal Pascal.Pawlitta at lwl.org
Mo Mai 12 09:04:46 CEST 2014


Von: "LWL-Pressestelle" <presse at lwl.org>
Datum: 08.05.2014, 15:43


AUSSTELLUNG

Stahl und Moral - LWL-Industriemuseum zeigt Ausstellung zur Rüstungsproduktion der Henrichshütte

Stahl und Moral - passt das zusammen? Diese Frage stellt der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) ab Freitag, 9. Mai, in seinem Industriemuseum Henrichshütte Hattingen. 100 Jahre nach Ausbruch des Ersten und 75 Jahre nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs blickt das LWL-Museum auf die Geschichte der Hütte als Rüstungsbetrieb zurück. Moralische und technische Deutungen werden einander gegenüber gestellt. Die Schau, die zum Großteil in der ehemaligen Geschossfabrik der Hütte gezeigt wird, ist bis zum 9. November zu sehen und wird von zahlreichen Veranstaltungen begleitet (s.u.).

"Stahl und Moral" verfolgt die Geschichte der Rüstungsproduktion der Henrichshütte von den Anfängen über zwei verheerende Weltkriege bis in die Nachkriegszeit. Großexponate wie Panzer und Granaten zeichnen die Produktpalette der Henrichshütte nach. Großformatige Fotos, Zitate und viele Erinnerungsstücke ergänzen die Ausstellung. Dabei ist die Ausstellung von Gegensätzen geprägt: der aufragende Hochofen und die tiefen Luftschutzräume, Zwangsarbeiter und Werkschutz, Tod und Barmherzigkeit. "Die Exponate lösen meist beides aus: technische Faszination und moralische Fragen. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, keine Antworten zu geben, denn die Perspektiven wechseln oder verändern sich: So ist Panzerstahl heute etwa ein gesuchtes Ausgangsprodukt für hochwertige Taschenmesser oder Werkzeuge", erklärte Dr. Olaf Schmidt-Rutsch vom LWL-Industriemuseum, am Donnerstag (8.5.) bei der Vorstellung der Ausstellung in Hattingen. "Wir wollen Fragen aufwerfen, und die Gäste sollen mögliche Antworten selber finden."

Die Schau in der Henrichshütte ist ein Beitrag zum Themenjahr "Unterwelten", das das LWL- Industriemuseum an seinen acht Standorten ausgerufen hat. Die Hauptausstellung auf der Zeche Zollern in Dortmund mit dem Titel "Über Unterwelten. Zeichen und Zauber des anderen Raums" beleuchtet Mythos und Realität der Welt jenseits des Sichtbaren. Das Spektrum der weiteren Begleitausstellungen reicht von versunkenen Schiffen über Dessous in der Mode bis hin zu jugendlichen Subkulturen im Ruhrgebiet. "Es war genau dieses Vielseitigkeit des Themas 'Unterwelten', das uns gereizt hat. Es bietet ganz unterschiedliche Zugänge und inspiriert Ausstellungsmacher ebenso wie Künstler, Studierende und Schüler. Das zeigen unsere Präsentationen in diesem Jahr sehr eindrucksvoll", so Dirk Zache, Direktor des LWL-Industriemuseums. Alle Informationen unter http://www.unterwelten.lwl.org.


Hintergrund

Die Geschichte der Henrichshütte als Rüstungsbetrieb ist Thema in der ehemaligen Geschossfabrik. Granaten für die "dicke Bertha", U-Bootbleche und Panzerteile kamen von der Hütte. Trotzdem erlebte die Hütte bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs einen Einbruch, da die Mitarbeiter an die Front gingen und daher die Öfen nicht produzieren konnten. Kriegsgefangene und Frauen sollten die Lücke schließen. Im Zweiten Weltkrieg war das Werk besser vorbereitet und schon vor Ausbruch auf Rüstungsproduktion umgestellt. Stand 1932 noch die Schließung im Raum, so wurden in den Folgejahren die Betriebe erweitert. Jeder vierte Panther-Panzerkampfwagen hatte ein Gehäuse aus Hattingen. Daran erinnert in der Ausstellung ein zerschossenes Panther-Gehäuse. 1940 fielen die ersten Bomben auf die Henrichshütte. Bei Kriegsende war das Gelände zu einem Drittel zerstört. Trotz der drohenden Demontage nahmen nach und nach die einzelnen Betriebe die Arbeit wieder auf. 

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg produzierte die Henrichshütte für die Rüstung. Im Zuge der Wiederbewaffnung wurde hier der Panzer HS30 gebaut, der sich durch technische Mängel und undurchsichtige Vergaben zu einem Rüstungsskandal entwickelte. 

Die Henrichshütte steht nicht isoliert. Die erste Abteilung bindet die Geschichte Hattingens mit ein. "Wir verfolgen die Spur von Gewalt und Krieg durch 4.000 Jahre Geschichte", so LWL-Museumsleiter Robert Laube. "Besonders freuen wir uns dabei über die breite Unterstützung nicht nur von Einrichtungen der Stadt, sondern auch von privaten Leihgebern." Dabei sind auch überraschende Ausstellungsstücke in die Schau gelangt wie der Orden aus einem Granatsplitter, mit dem der Eisengießer Otto Friedrich im Ersten Weltkrieg verletzt wurde. "Er wird in der Familie zusammen mit Friedrichs Eisernem Kreuz aufbewahrt", erklärt Laube. 

Das Museum sucht auch weiterhin nach solchen Stücken und den Geschichten dazu. Kuratorin Sonja Meßling: "Die Ausstellung soll wachsen. Jeder kann etwas dazu beitragen." Auch Schulen, die "Stahl und Moral" besuchen, machen mit. "Uns ist es wichtig, in der Ausstellung einen Bezug zur Lebenswirklichkeit der Schüler zu finden." Jede Klasse kann ihre Gedanken zum Thema Luftschutz in die Schau einbringen. Die Ergebnisse werden in der Ausstellung präsentiert.


Begleitprogramm

Fr, 30.5. 19.30 Uhr
"Stolpersteine". Vortrag von Thomas Weiß, Stadtarchiv Hattingen

Fr, 6.6. 19.30 Uhr
Ausstellungseröffnung "Welt.Krieg.Erbe. - World.War.Heritage"

Fr, 13.6. 19.30 Uhr
Die Hungerkatastrophe des Ersten Weltkriegs und ihre Auswirkungen auf das Leben in Hattingen. Vortrag von Martin Neiß. Eintritt frei

Mi, 18.6. 18 Uhr 
Filmnacht: Das Geschehen: Europa in Schutt und Asche (F/B 2009); An der Heimatfront (Münster 2014) 

So, 22.6. 15 Uhr
Ausstellungseröffnung "Front 14/18. Der Erste Weltkrieg in 3D"

Fr, 27.6. 19.30 Uhr
"Bomben auf Hochöfen? Die alliierte Luftkriegsstrategie gegen das Ruhrgebiet 1940-1945". Vortrag von Dr. Ralf Blank. Eintritt frei

Fr, 11.7. 19 Uhr
Nachtschicht mit den "Grenzgängern": Maikäfer Flieg! Verschollene Lieder 1914-1918

Mi, 16.7. 18 Uhr
Filmnacht: Fronten: Die Schlacht an der Somme (GB 1916); My Boy Jack (GB 2007) 

Fr, 25.7. 19.30 Uhr
"Luftschutz der Ruhrstahl AG am Beispiel Henrichshütte" Vortrag von Wilfried Mähler, Studienkreis Bochumer Bunker e.V. 

Mi, 13.8. 18 Uhr
Filmnacht: Propaganda: Morgenrot (D 1933); Kolberg (D 1945)

Fr, 15.8. 19.30 Uhr
"Die Produktion von Panzergehäusen während des Zweiten Weltkrieges in Deutschland", Vortrag von Frank Köhler, Wehrtechnische Studiensammlung der Bundeswehr 

Mi, 10.9. 18 Uhr
Filmnacht: Bombenkrieg: Elisabeth Wilms: Eine Stadt in Schutt und Asche (D 1951); The Dam Busters (GB 1955)

Fr, 12.9. 19 Uhr
Nachtschicht mit Vortrag von Dr. Dieter Kollmer, Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr: "Der Schützenpanzer HS 30 als Exempel wirtschaftspolitisch orientierter Rüstungsgüterbeschaffung in der Bundesrepublik während des Kalten Krieges" (Beginn 19.30 Uhr) und der Revue "Bombenstimmung im Bunker" mit dem Duetto Belcanto

Fr, 26.9. 19.30 Uhr
"Erforschen, dokumentieren, bewahren - Berliner Unterwelten e.V. Vortrag von Michael Foedrowitz, Berliner Unterwelten e.V. 

Mi, 15.10. 18 Uhr
Filmnacht: Anklagen: Die Mörder sind unter uns (D 1946); Im Westen nichts Neues (USA 1930)

Fr, 17.10. 19.30 Uhr
"Vom Schießen - Fotografie und Krieg. Eine Interpretation der Ausstellung Front 14/18". Vortrag von Dr. Volker Jakob, LWL-Medienzentrum 

Fr, 31.10. 19.30 Uhr 
"Die Rüstungsfertigung der Henrichshütte bis 1945". Vortrag von Prof. Dr. Manfred Rasch, ThyssenKrupp AG

Mi, 5.11. 18 Uhr
Filmnacht: Krieg heute. Lord of War (USA/F/D 2005); Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben (GB 1964)

So, 9.11. 15 Uhr
Finissage der Ausstellungen "Stahl und Moral", "Front 14/18" und "Welt.Krieg.Erbe." mit 
musikalischer Begleitung durch Frank Baier und dem Film "Merry Christmas" (F/D/GB/B/RUM /NOR 2005)


INFO

Stahl und Moral
Die Henrichshütte im Krieg 1914-1945
9.5.-9.11.2014
Eröffnung: Fr, 9. Mai, 19.30 Uhr
LWL-Industriemuseum Henrichshütte Hattingen
Geöffnet Di-So 10-18 Uhr Uhr

URL: http://www.lwl-industriemuseum.de


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