[WestG] [AUS] Neue Dauerausstellung im LWL-Industriemuseum Zeche Nachtigall, ab 17.06.2007, Witten-Bommern
Alexander Schmidt
Alexander.Schmidt at lwl.org
Fr Jun 15 11:43:15 CEST 2007
Von: "Christiane Spänhoff" <christiane.spaenhoff at lwl.org>
Datum: 14.06.2007, 12:46
AUSSTELLUNG
Der Weg in die Tiefe
Neue Dauerausstellung im LWL-Industriemuseum Zeche Nachtigall
"Der Verstand schwindet einem und der Geldbeutel schreit weh!"
So brachte der Wittener Unternehmer Carl Ludwig Berger 1832 das
Risiko auf den Punkt, senkrechte Schächte zu graben, um an die
schwarzen Diamanten zu kommen. "Der Weg in die Tiefe" war schwer
- davon erzählt die gleichnamige Dauerausstellung, die der
Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) am Sonntag, 17. Juni,
auf der Zeche Nachtigall in Witten eröffnet. "Damit füllen wir
ein wichtiges Kapitel Bergbaugeschichte mit neuem Leben. Denn
der Schritt vom Stollen- zum Tiefbau markiert den eigentlichen
Übergang vom ländlichen Raum zum Industrierevier", erklärte
Museumsdirektor Dirk Zache heute bei der Vorstellung der
Ausstellung in Witten.
Rund um den freigelegten Schacht Hercules - einem der ersten
Tiefbauschächte des Reviers - hat das LWL-Industriemuseum
Hindernisse und Probleme aus der Pionierzeit des Tiefbaus in
Szene gesetzt. Bergleute brauchten Licht und Luft, um Ihrer
Arbeit in der Grube nachgehen zu können. Und nicht nur Kohle
wurde aus dem Schacht gefördert, auch Wasser musste fortlaufend
aus der Grube gepumpt werden. Diese und andere Themen werden an
einem ungewöhnlichen Ausstellungsort behandelt: Unter dem
Gewölbe des Ziegelringofens, mit dem der Schacht nach
Stilllegung der Zeche im Jahr 1892 überbaut wurde.
Mit der neuen Dauerausstellung kommt der Schacht als
wesentliches Relikt der Zechenzeit zu neuem Ruhm: 1839 als
zweiter Tiefbauschacht der Zeche Nachtigall abgeteuft, nach der
Stilllegung verfüllt und seit den 1990er Jahren im oberen
Bereich wieder freigelegt, fristete "Hercules" bislang ein eher
verborgenes Dasein. Früher stiegen die Bergleute hier noch auf
Leitern in die Grube herab, erst mit dem immer weiteren
Vordringen durften sie in die Förderkörbe einsteigen. "Insgesamt
37 Jahre dauerte es, bis der Schacht seine endgültige Tiefe von
450 Metern erreicht hatte", erläutert Dr. Olaf Schmidt-Rutsch
vom LWL-Industriemuseum, der die Ausstellung konzipiert hat.
Da die historischen Zechenanlagen beim Bau des Ringofens
abgerissen wurden, setzt das LWL-Industriemuseum bei der
Inszenierung auch auf digitale Technik. Es falle vielen
Besuchern schwer, den jetzigen Baubestand der Ziegelei mit der
historischen Zechenanlage in Verbindung zu setzen, so der
Ausstellungsmacher. Eine digitale Rekonstruktion des
Schachthauses veranschaulicht, wie Köhleförderung und
Wasserhaltung funktionierten. Letztere entpuppte sich als eins
der größten Probleme des frühen Tiefbaus überhaupt: Mehrfach
mussten im Laufe der Betriebszeit Sohlen aufgegeben werden, weil
sie vollgelaufen waren.
Durch eine "Dunkelzone" gelangen Besucher in die unbekannte
Untertagewelt. Modelle machen hier zum Beispiel deutlich, wie
das verzweigte System der Frischluftzufuhr funktionierte und wie
die "ideale Anlage" einer Zeche unter Tage aussah. Dem
vielbesungenen "Licht in der Nacht" ist ein eigener Bereich
gewidmet. Aber nicht nur Technik, auch sozialgeschichtliche
Aspekte setzt das Museum in Szene. Besucher treffen zum Beispiel
auf den Steiger Heinrich Peter Best, der sich zunächst als
Vermessungssteiger auszeichnete, später abgeschoben wurde, weil
er nicht genug Kohle förderte und mit 57 Jahren als zu alt für
seinen Beruf galt. "Am Beispiel einzelner Schicksale und
biografischer Skizzen machen wir damaligs typischen
Arbeitsbedingungen deutlich", erläutert der Historiker.
Eröffnet wird die Ausstellung am Sonntag, 17. Juni, um 11 Uhr im
Rahmen des 3. Knappentages auf Zeche Nachtigall. Den ganzen Tag
über erwarten die Besucher Führungen durch die neue Ausstellung
und durch das Besucherbergwerk Nachtigallstollen, Vorführungen
der Dampffördermaschine, Schmieden am Kohlefeuer und der Einsatz
einer historischen Dampflokomobile und einer Straßendampfwalze.
Kinder können Schachthüte basteln und mit Clown Zimbo eine
"Knappenprüfung" bestehen. "Wir erwarten am Sonntag rund 200
Knappen - und hoffentlich viele hundert Besucher", so
Museumsleiter Michael Peters.
INFO
LWL-Industriemuseum
Zeche Nachtigall
Nachtigallstraße 35
58452 Witten-Bommern
Telefon: 02302 93664-0
Telefax: 02302 93664-22
E-Mail: Zeche-Nachtigall at lwl.org