[WestG] [AKT] Ueber den Schwund des Plattdeutschen im Westmuensterland, 19.06.2007, Vreden
Alexander Schmidt
Alexander.Schmidt at lwl.org
Di Jun 12 11:41:51 CEST 2007
Von: "Thomas Ridder" <ridder at jmw-dorsten.de>
Datum: 08.06.2007, 11:05
AKTUELL
"O Jung, nu praot men Platt met mi..."
Über den Schwund des Plattdeutschen im Westmünsterland
Vortrag und Buchvorstellung
Am 19. Juni 2007 findet um 19.30 Uhr im Borkener Kreishaus als
gemeinsame Veranstaltung des Landeskundlichen Instituts
Westmünsterland und der Gesellschaft für historische Landeskunde
des westlichen Münsterlandes e.V. ein Vortrag von Prof. Dr.
Ludger Kremer statt. Mit diesem Vortrag wird zugleich die
neueste Publikation der Landeskundlichen Instituts
vorgestellt.
Ludger Kremer und Veerle Van Caeneghem
Dialektschwund im Westmünsterland
Zum Verlauf des niederdeutsch-hochdeutschen Sprachwechsels
im 20. Jahrhundert
(Westmünsterland. Quellen und Studien, Band 17), Vreden:
Landeskundliches Institut Westmünsterland. ISBN 3-937432-15-9.
Mit dieser Darstellung des Sprachwechsels vom Plattdeutschen zum
Hochdeutschen als Alltagssprache am Beispiel des westlichen
Münsterlandes möchten die Autoren einen Beitrag zur jüngeren
niederdeutschen Sprachgeschichte liefern und damit nicht nur
Linguisten ansprechen, sondern einen möglichst großen Leserkreis
in der Region; sie haben sich deshalb um eine
allgemeinverständliche Darstellung bemüht.
Seit geraumer Zeit zeichnet sich in Norddeutschland ein starker
Schwund des Plattdeutschen ab, wenn auch mit gewissen regionalen
Unterschieden. Innerhalb des westfälischen Raumes beispielsweise
galt das Westmünsterland bisher als relativ konservativ, d.h.
als dialektfreundlich. Dennoch haben frühere Untersuchungen
bereits einen kontinuierlichen Rückgang in der Beherrschung und
im Gebrauch des Plattdeutschen von etwa 30% pro Generation
erkennen lassen. Diese Tendenz wird nunmehr durch die Ergebnisse
der hier ausgewerteten jüngsten Befragung im Jahre 2001 unter
den Eltern der Viertklässler an den Grundschulen des Kreises
Borken bestätigt: Die heutige Kindergeneration erlernt von ihren
Eltern kein Plattdeutsch mehr. Die Autoren berücksichtigen in
ihrer Studie die Variablen Alter, Beruf, Geschlecht und Herkunft
und deren Einfluss auf die Kenntnis des Plattdeutschen, auf
seine Verwendung und seine Wertschätzung. Als Hauptresultat
lässt sich festhalten, dass sich die Ablösung des Plattdeutschen
innerhalb der Familie mit großer Geschwindigkeit vollzogen hat.
Die jüngste Generation wächst kaum noch mit dem Plattdeutschen
auf; eine gewisse passive Kompetenz erwerben nur noch die Kinder,
deren Eltern bzw. Großeltern im Gespräch untereinander Platt
sprechen.
Die beiden Autoren der Studie beschränken sich aber nicht auf
eine soziolinguistische Analyse der letzten Befragung von 2001,
diese findet sich erst im 5. Kapitel des Buches. Ziel der Studie
ist vielmehr die Darstellung des Sprachwechsels im
Westmünsterland und seiner Ursachen im gesamten 20. Jahrhundert.
Dazu werden in den Kapiteln 2 bis 4 Einschätzungen durch
Zeitzeugen in der ersten Jahrhunderthälfte und die Ergebnisse
früherer Untersuchungen zum Verlust des Plattdeutschen
ausgewertet.
Im Alltagsleben des Westmünsterlandes konnte man vor 100 Jahren
noch davon ausgehen, dass das Hochdeutsche in alltäglichen,
familiären Gesprächssituationen fehl am Platze und nur bei
offiziellen und formellen Anlässen erwünscht war, und bis zum
Zweiten Weltkrieg blieb das so beim größten Teil der Bevölkerung;
der sprachliche Alltagsverkehr verlief auf Plattdeutsch. Heute
lassen die sprachlichen Verhältnisse im westlichen Westfalen
diese Feststellung längst nicht mehr zu: Zum einen beherrscht
nur noch ein kleiner, stets weiter abnehmender Teil der
Bevölkerung Plattdeutsch, und zum anderen geht sein Gebrauch
auch bei aktiven Sprechern beständig zurück - auch in
Alltagsgesprächen wird mehr und mehr Hochdeutsch verwendet. Und
da die Eltern der heutigen Viertklässler fast ausschließlich auf
Hochdeutsch mit ihren Kindern kommunizieren wollen bzw. können,
sieht es inzwischen düster für das Fortbestehen des
Plattdeutschen im 21. Jahrhundert aus.
In den beiden letzten Kapiteln befassen sich Kremer und Van
Caeneghem mit der Einordnung ihrer Ergebnisse in überregionale
Zusammenhänge, mit der Frage, ob es außer dem heimischen
Plattdeutschen auch andere sprachliche Möglichkeiten zum
Ausdruck regionaler Identität gibt, und wie es mit den
Zukunftsaussichten des Plattdeutschen aussieht: Kann es
überleben, und, wenn ja, auf welche Weise und in welcher Form,
und was müsste dazu geschehen?
Mit diesem Buch ist die Diskussion über den Stand des
Plattdeutschen als Alltagssprache in Westfalen und in ganz
Norddeutschland ein gutes Stück weiter gekommen, es wird gewiss
auch in den nächsten Jahren noch Stoff zur Auseinandersetzung
und Anregungen für vertiefende Studien liefern.
INFO
Veranstaltungsdaten:
"O Jung, nu praot men Platt met mi..."
Über den Schwund des Plattdeutschen im Westmünsterland
Vortrag und Buchvorstellung
Datum: 19.06.2007
Gesellschaft für historische Landeskunde des westlichen Münsterlandes
p.A. Landeskundliches Institut Westmünsterland
Gasthausstraße 15
48691 Vreden
Tel.: 02564-391820
Fax: 02564-34495
E-Mail: westmuensterland-institut at kreis-borken.de
URL: www.ghl-westmuensterland.de
Kontakt:
Thomas Ridder M.A.
Tel.: 02362-951431
E-Mail: ridder at jmw-dorsten.de