[WestG] [AKT] Aelter als gedacht: Spaetestens 1680 stand in Westfalen der erste Maibaum

Alexander Schmidt Alexander.Schmidt at lwl.org
Don Apr 27 11:33:38 CEST 2006


Von: "LWL-Pressestelle" <presse at lwl.org>
Datum: 26.2004.06, 16:44


AKTUELL

Älter als gedacht: 
Spätestens 1680 stand in Westfalen der erste Maibaum

Bisher gingen die Wissenschaftler davon aus, dass Westfalens
erste Maibäume um 1900 im Kreis Siegen-Wittgenstein standen. 
Dr. Lutz Volmer, Volkskundler beim Landschaftsverband 
Westfalen-Lippe (LWL) hat jetzt einen Beleg dafür gefunden, 
dass es mindestens schon 1680 einen westfälischen Maibaum in 
Jöllenbeck bei Bielefeld gab.

Dass der Maibaum aus Bielefeld-Jöllenbeck jetzt überhaupt bekannt 
wurde, ist einem Zufall zu verdanken: "Bei der Durchsicht alter
Unterlagen stieß ich auf den Quellenbeleg, dessen Bedeutung bis 
dahin noch niemand erkannt hatte", sagt Volmer. Als 1680 einige 
Gemeindemitglieder einen Gerichtsprozess gegen ihren Pastor 
gewonnen hatten, veranstalteten sie Pfingsten in ihrem Dorfkrug 
eine ausschweifende Feier. In deren Mittelpunkt stand die 
"Aufrichtung" eines Maibaumes. "So hat es Joachim Henrich 
Hagedorn, einer der Amtsnachfolger des 1680 beklagten Pastors, 
1742 in seiner Schrift 'Successoribus', (zu deutsch 'Für die Nachfolger') 
überliefert", berichtet Volmer von seinem Archivfund.

"Bisher sind wir davon ausgegangen, dass es Maibäume Anfang 
des 20.  Jahrhunderts in Westfalen nur im Kreis Siegen-Wittgenstein 
gegeben hat", so der LWL-Volkskundler weiter. Wie der Jöllenbecker 
Maibaum aus dem Jahr 1680 wurden auch die Ortsmaibäume im 
Siegerland und dem Wittgensteiner Land um 1900 meist nicht zum 
1. Mai sondern am Tag vor Pfingsten aufgestellt. So zum Beispiel 
in Bad Laasphe-Feudingen. Die Maibäume waren damals noch viel 
schlichter als heute: "Man entrindete den Stamm bis zu einem 
Wipfel in Weihnachtsbaumgröße und schmückte die stehen
gebliebenen Zweige mit bunten Bändern, manchmal hängten die 
Leute zusätzlich noch einen buntverzierten Fichtenkranz darunter", 
beschreibt Volmer die Bäume, die an einem zentralen Platz im Ort 
aufgestellt wurden.
 
"Belege für Maifeierlichkeiten aus historischer Zeit sind nie 
systematisch gesammelt worden, obwohl in den Archiven mit 
Sicherheit noch zahlreiche Belege zu finden sein dürften", erklärt 
Volmer, warum bislang nicht bekannt war, wie alt der Brauch des
Maibaumaufstellens in Westfalen ist. Somit habe niemand einen 
Überblick darüber, in welchen Orten Maibäume in den verflossenen 
Jahrhunderten tatsächlich aufgestellt worden seien, so Volmer 
weiter.