Eigentümer und Zugänglichkeit
Privat; die Gartenanlage ist jedoch für Einzelpersonen und Kleingruppen zugänglich.
Naturräumliche Situation, Lage und Größe
Westfälisches Tiefland - Ostmünsterland; unmittelbar im Ortszentrum gegenüber der Kirche St. Johannes; etwa 1,5 Hektar.
Allgemeine Angaben zur Geschichte
Neben Haus Rüschhaus bei Münster hat sich mit Haus Schücking das vielleicht interessanteste barocke Landschlösschen von Johann Conrad Schlaun im Münsterland erhalten. Der schlichte, einstöckige Backsteinbau wurde 1754 als Landsitz des fürstbischöflichen Kanzlers Christoph Bernhard Engelbert Schücking erbaut. Der prominenteste Bewohner des Hauses war wohl Levin Schücking. Gemeinsam mit Ferdinand Freiligrath und Annette von Droste-Hülshoff zählt er zu den bedeutendsten westfälischen Dichterpersönlichkeiten des 19. Jahrhunderts. In Zusammenarbeit mit Freiligrath wurde Schücking vor allem durch das 1841 herausgegebene Werk "Das malerische und romantische Westfalen" bekannt. Die Publikation steht am Beginn der romantischen und populären Heimatliteratur über Westfalen. Zu ihrer Zeit war auch Levins Mutter Catharina Busch eine bekannte und beliebte Dichterin. Sie pflegte eine enge Freundschaft zu Annette von Droste-Hülshoff. Die freundschaftliche Verbindung wurde nach Catharinas Tod im Jahre 1831 von ihrem Sohn weiter fortgeführt. Im Gegensatz zur Droste, die Haus Rüschhaus mit seinen Gärten inmitten der Münsterländer Parklandschaft innig liebte, fühlte sich Levin Schücking im abgeschiedenen Landstädtchen Sassenberg nicht sonderlich wohl. 1852 kaufte er das barocke Anwesen von seiner Verwandtschaft, hielt sich aber lieber in Münster auf und nutzte das Domizil in Sassenberg vorwiegend als Sommer- und Ferienquartier. Um das Anwesen nach seinen Vorstellungen entsprechend repräsentativ aufzuwerten, ließ er Haus Schücking zu einem romantischen Landschlösschen ausbauen.
Gebäude und Ausstattung
Der schlichte, einstöckige Backsteinbau wurde 1754 als Landsitz des fürstbischöflichen Kanzlers Christoph Bernhard Engelbert Schücking vom bedeutenden westfälischen Barockbaumeister Johann Conrad Schlaun erbaut. Zur Erbauungzeit des Gebäudes kam der Gartenseite eine weitaus bedeutendere Funktion zu als der straßenseitigen Hoffassade. Zum Garten hin wurde der Mittelteil der Fassade als Zwerchhausrisalit mit einem Mezzaningeschoss ausgeführt und bildete somit einen gestalterischen Bezugspunkt zur repräsentativen Gestaltung des Gartens.
Zur Mitte des 19. Jahrhunderts bewohnte der bekannte westfälische Literat und Publizist Levin Schücking das Anwesen. Er ließ den Eingangsbereich durch einen kunstvoll verzierten Mittelgiebel im Bereich des hohen Walmdaches verändern. Noch ein Jahr vor seinem Ableben ließ er 1882 den seitlichen Südanbau errichten, der durch sein turmartiges Pyramidendach auffällt. Die Nebengebäude stammen aus dem späten 18. Jahrhundert und werden heute als Sitz der Umweltinitiative "urgewald" genutzt, die besonders durch eine Kampagne zum Schutz des Regenwaldes auf sich aufmerksam macht.
Art der Grünanlage
Garten
Beschreibung
Einen ersten Eindruck von der interessanten gärtnerischen Gestaltung kann man mit einem Blick in den straßenseitigen Hofraum gewinnen. Hinter der gemauerten Einfriedung haben sich auf dem Hof noch mehrere alte Ahornbäume erhalten, deren Kronen einst in barocker Manier regelmäßig geschnitten wurden. Eine Rarität ist inzwischen auch die Pflasterung des Hofes mit zahlreichen unterschiedlich großen Feldsteinen. Im Gegensatz zur Schlaunschen Planung für das Gebäude sind für die Anlage eines barocken Gartens keine Pläne oder Unterlagen bekannt. Nach bisherigen Kenntnissen ist der Garten um 1920 nach Plänen eines Landschaftsarchitekten aus England umgestaltet worden. Überliefert ist zudem die reizende Familiensitte, dass die Gattin des jeweiligen Hausbesitzers zur Hochzeit im Garten einen Baum pflanzte. Die Bäume sind inzwischen zu stattlichen Exemplaren herangewachsen.
Vom Gartensalon des Hauses gelangt man über eine Freitreppe auf einen kleinen Platz, von dem aus der Garten durch einen zentralen Mittelweg gegliedert wird. Mit kleinen Buchsbäumen umpflanzte Beete, zahlreiche Obstbäume und mehrere alte Laub- und Nadelbäume sind die auffälligsten Gestaltungsmerkmale des Hausgartens. In östlicher Richtung geht die Anlage in ein dicht bewachsenes kleines Wäldchen über. Im Süden findet sich entlang eines Grabens der Rest einer alten Allee. Sie markierte eine alte Wegeverbindung, die einst zum barocken Tiergarten der fürstbischöflichen Residenz Schloss Sassenberg führte. Ein kleiner Nutzgarten jenseits des Grabens wird heute nicht mehr bewirtschaftet.
Zur Ausstattung des Garten gehören mehrere barocke Skulpturen. Vor der Gartenseite des Hauses sind auf dem kleinen Platz die Abgüsse von vier spätbarocken Putten aufgestellt. Sie versinnbildlichen mit ihren unterschiedlichen Attributen die jeweiligen Jahreszeiten. Der Frühling trägt in den Armen einen Blumenkorb, der Sommer hält ein Bündel mit Korngaben, der Herbst ist mit Weintrauben ausstaffiert und der Winter hüllt sich mit verschränkten Armen in einen Pelz. Wahrscheinlich wurden die Gartenskulpturen vom Bildhauer Johann Christoph Manskirch geschaffen. Er war ein enger Mitarbeiter Schlauns und stattete eine ganze Anzahl der Schlaunschen Bauten und Gärten mit Skulpturen aus. Aus seiner Hand stammen auch die Gartenskulpturen von Haus Rüschhaus. Unmittelbar am Mittelweg ist eine weitere barocke Figur aufgestellt. Die weibliche Statue gehört vermutlich zu einem Skulpturenzyklus, der die Musen oder auch die Tugenden verkörpert. Der Höhepunkt in der Ausstattung des Gartens ist am Endpunkt des Mittelweges die gewaltige Skulptur eines Herkules. Die muskulöse Figur erschlägt mit seiner Keule eine vielköpfige Schlange. Dargestellt wird eine Geschichte aus der antiken Mythologie, wo Herkules die Hydra von Lerna tötet. Die beeindruckende Plastik hat im Garten nicht seinen originalen Standort, sondern stammt vermutlich aus den heute nicht mehr erhaltenen barocken Gartenanlagen des Klosters Marienfeld. Nach mündlicher Überlieferung wurde der Herkules im Auftrag von Levin Schücking mit einem Fuhrwerk, das von acht mächtigen Pferden gezogen wurden, in den Garten geschafft. Wann und im welchen Zusammenhang die anderen Gartenskulpturen aufgestellt wurden, ist bisher nicht bekannt. Denkbar wäre aber, dass Levin Schücking auch diese Skulpturen käuflich erwarb und als Repräsentations- und Studienstücke in seinem Garten aufstellen ließ.
Literaturangaben
- Walter Gödden, Walter / Nölle-Hornkamp, Iris (1991): Die westfälischen Dichter. Ein literarischer Führer durch ihre Werke und ihr Leben, ihre Landschaften, Städte und Dörfer. In: Jahrbuch Westfalen '91, Münster, Seite 87 - 88.
- Matzner, Florian / Schulze, Ulrich (1995): Johann Conrad Schlaun 1695-1773. Das Gesamtwerk. Stuttgart.
- Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), Westfälisches Amt für Landschafts- und Baukultur des LWL (Hrsg.) / Bufe, Thomas / Kalle, Hartmut (Texte) (2004): Parks und Gärten links und rechts der Ems [ein Projekt im Rahmen der Regionale 2004 links und rechts der Ems]. Münster-Hiltrup, Seite 122 - 125.
Externe ID:
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LWL-GUP00320 |
Erfassungsdatum:
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01.01.2002 |
Kategorie:
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Garten |
Erfassungsmaßstab:
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keine Beschränkung |
Erfassungsmethode:
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- Geländebegehung/-kartierung
- Auswertung historischer Karten
- Auswertung historischer Fotos
- Archivauswertung
- Literaturauswertung
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Touristische Bedeutung:
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Keine Angabe |
Naturnähe:
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Keine Angabe |
Historischer Zeitraum:
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ab 1754 |
Datenherkunft: |
LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen
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Seiten-URL: |
https://www.lwl.org/geodatenkultur/objekt/10038156 |