Vor allem um in den neugegründeten Zechen, etwa in der Zeche Mont Cenis, zu arbeiten, kamen ab den 1880er Jahren immer mehr Zuwanderer nach Herne und Wanne-Eickel. Die hauptsächlich aus den ostpreußischen Gebieten stammenden Menschen bildeten bald zahlreiche eigene Vereine, um soziale Kontakte zu knüpfen und ihrer tiefen Religiosität Ausdruck zu verleihen. 1894 wurde in Herne der evangelisch-lutherische Gebetsverein gegründet, dessen Mitgliederzahl rasch anstieg.

Der »alte ev. ostpreußische Bauverein ‚Gott mit uns’ GmbH Herne«, ließ 1908 ein Wohnhaus mit Betsaal bauen. Bauherr war Bergmann Gottlieb Sczepan, der auch Vorsitzender des evangelisch-lutherischen Gebetsvereins war. Der Herner Architekt Kemper entwarf eine Basilika von 20 Metern Länge, 15 Metern Breite und zehn Metern Höhe aus schlichter, aber ansprechender Backsteinarchitektur mit einem Dachreiter und farbigen Industrieglasfenstern. Die vorgeblendete Fassade ist aufwändig gestaltet und wird durch Blendbögen, die die Fenster einrahmen, gegliedert. An den Langhauswänden sind ähnliche architektonische Schmuckelemente zu finden. Der Obergaden erhält Licht durch dekorreiche Halbkreisfenster. Im Inneren ist das Gebäude in fünf Joche unterteilt, die durch schlanke Pfeiler getrennt werden. Mit weiten Segmentbögen öffnen sich die Seitenschiffe zum Mittelschiff. An der Ostwand befindet sich ein großes Wandgemälde, das die Himmelfahrt Christi zeigt. Flankiert wird Jesus von den Bibelsprüchen »Singet dem Herrn ein neues Lied« und »Lobet ihn mit Posaunen, Psalter und Harfe«. Sechs Apostel weisen auf Jesus und bezeugen mit Schriftrollen, dass sie Jesu Wort verbreiten werden.