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Wenn der Trainer zum Jobretter wird:
Jobcoaches helfen als Kollegen auf Zeit Menschen mit Behinderung bei Problemen am Arbeitsplatz
Münster (lwl). Das kann jeden treffen: Man schafft seine Arbeit einfach nicht mehr, weil man nach einem Unfall von heute auf morgen körperlich beeinträchtigt ist oder eine Krankheit sorgt dafür, dass das Arbeitspensum nach und nach zu viel wird. In so einem Fall kann ein Jobcoach eine Hilfe sein. "Jobcoaching am Arbeitsplatz- verstehen und umsetzen", unter diesem Motto hat der LWL zu einem bundesweiten Kongress nach Münster eingeladen. 300 Teilnehmer aus der gesamten Bundesrepublik verschaffen sich am Mittwoch und Donnerstag (26./27.2.) einen Überblick über den aktuellen Stand von Forschung, Entwicklung und Umsetzung des Jobcoachings.
"Jobcoaches sind Jobretter, die dann in Aktion treten, wenn der Arbeitsplatz akut bedroht ist", sagt LWL-Direktor Matthias Löb. "Dabei ist das Jobcoaching ein echtes Erfolgsmodell: In 92 Prozent der Fälle, in denen der LWL einen Jobcoach einsetzt, gelingt es ihm, den Arbeitsplatz auf Dauer zu sichern.
" Die Jobcoaches sind in Westfalen-Lippe rund 200 mal im Jahr im Einsatz, die Eins-zu-Eins-Betreuung am Arbeitsplatz dauert im Durchschnitt rund acht Monate. Für das Angebot des Jobcoachings gibt der LWL rund 550.000 Euro pro Jahr aus.
Wenn es Probleme am Arbeitsplatz gibt, weil Mitarbeiter mit Behinderung ihre Aufgaben nicht mehr bewältigen können, suchen die Inklusionsexperten des LWL den passenden Coach für die jeweilige Branche. Nachdem der Coach, die Arbeitgeberin und der Angestellte Ziele entwickelt haben, begleitet der Coach die Angestellte und arbeitet an mehreren Tagen pro Woche einige Stunden als Kollegin auf Zeit mit ihr zusammen. "Als Jobcoach schaue ich mir die Situation vor Ort am Arbeitsplatz genau an, analysiere die Lage und entwickle anschließend in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten Strategien, mit denen Lernprozesse selber gestaltet und die vorhandenen Probleme gelöst werden könnten. Dabei beziehen wir die Vorgesetzten und Kolleginnen immer mit ein", erklärt Dörte Pulla, die die Weiterbildung für Jobcoaches des LWL leitet und selbst als Jobcoach aktiv ist. "Dabei sind die Methoden und die Inhalte sehr unterschiedlich: Manchmal stehen Techniken des Stressmanagements im Mittelpunkt, manchmal entwickeln wir gemeinsam Checklisten für die eigene Fehlerkontrolle oder Nachschlagewerke für Fachkenntnisse und Hintergrundinformationen oder bereiten die Arbeitnehmer in Rollenspielen auf mögliche Krisensituationen vor."
Jobcoaches haben meist eine pädagogische oder therapeutische Ausbildung und verfügen über Fachkenntnisse aus unterschiedlichen Branchen wie Handwerk, Industrie, Verwaltung oder Dienstleistung. Weitere Kompetenzen wie die Anleitung von Menschen mit Behinderungen oder Kenntnisse über betriebliche Strukturen und Abläufe vermittelt ihnen die Weiterbildung zum "Jobcoach Unterstützte Beschäftigung", die der LWL seit zehn Jahren gemeinsam mit der Handwerkskammer Münster anbietet.
Das Forschungsprojekt JADE
Das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales finanzierte Forschungsprojekt JADE (Jobcoaching zur Arbeitsplatzsicherung Definieren und Evaluieren) an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen verfolgt das Ziel, die Verbreitung von Jobcoaching in den Bundesländern zu erheben. "Die Bestandsaufnahme für die Zeit von 2014 bis 2016 zeigt ein sehr heterogenes Bild: Nur in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg ist es ein gut implementiertes Angebot der Integrationsämter", so Projektleiterin Prof. Ulrike Marotzki von der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim. "Konzeptionell wird deutlich, dass Jobcoaching neben der Qualifizierung einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters mit Schwerbehinderung am Arbeitsplatz einen deutlichen Einfluss darauf hat, wie Teilhabe in den Betrieben gelebt wird. Hierzu trägt bei, dass die direkt am Arbeitsplatz durchgeführte Maßnahme Lernprozesse auch im betrieblichen Umfeld initiiert und so zu einem besseren Verständnis füreinander beiträgt."
Mit den Daten aus der bundesweiten Bestandsaufnahme liegt erstmals eine Übersicht dazu vor, wie Jobcoaching in den verschiedenen Regionen Deutschlands umgesetzt und vor allem finanziert wird. Solche Informationen waren für Praktiker bisher nur mühsam zu beschaffen. "Die Empfehlungen für die Praxis geben Orientierung, insbesondere für diejenigen, die mit dem Aufbau von Jobcoaching-Angeboten in bis jetzt wenig erschlossenen Regionen zu tun haben. Einige Ergebnisse aus dem JADE-Forschungsprojekt sind aber auch in unsere Weiterbildung in Münster eingeflossen", sagt Pulla. "Die Ergebnisse aus dem JADE-Forschungsprojekt sind ein wichtiger Meilenstein für die Profilbildung von Jobcoaching. Durch die Definition ist Jobcoaching nun eindeutig beschrieben. Damit ist es leichter, die Maßnahme gegenüber Jobcoachingnehmern und Leistungsträgern zu erläutern."