Profil zeigen auf der Holsterburg

29.07.2016

Grabungsleiter Kim Wegener (Mitte) und seine Praktikanten Sandra Maus (links) und Marcus Coesfeld (rechts) lächeln erschöpft in die Kamera.

Herner Historiker als Praktikanten bei der Mittelalter- und Neuzeitarchäologie

Seinem „Essay zur Ausgrabung auf der Holsterburg“ war ja bereits zu entnehmen, dass Grabungsleiter Kim Wegener sich für unseren anstehenden Besuch als Grabungshelfer auf der Holsterburg einige Gedanken gemacht hat. Mit einer so durchdachten und perfekt auf die Zeit unserer Anwesenheit zugeschnittenen Aufgabe hatten wir aber dann doch nicht gerechnet. Ein bisschen Erfahrung konnten wir ja schon auf der Grabung in Paderborn bei der dortigen Stadtarchäologie sammeln. Dies war, wie sich schnell herausstellte, ein Glücksfall, denn schon nach dem ersten Tag war klar: hier steht uns eine Aufgabe für fortgeschrittene Praktikanten bevor.

Größer als sie aussieht! (Foto: M. Coesfeld)

Aber zur Sache: Am 18. Juli gegen 07:00 ging es mit dem Auto, bepackt wie für eine Amazonas-Expedition, Richtung Warburg. Etwa zwei Stunden später fanden wir uns bereits zur Sicherheitseinweisung im Grabungscontainer auf dem Gelände der Holsterburg wieder, umringt und begrüßt vom, wie sich herausstellen sollte, sehr hilfsbereiten und praktikantenfreundlichen Ausgrabungsteam. Angeführt von Grabungsleiter und Archäologe Kim Wegener bestand dieses aus zwei Grabungstechnikern, drei Grabungshelfern und einem sehr netten brünetten Vierbeiner, der sich jeden Tag beim Gassigehen ein Leckerli auf der Grabung abholen kam. Ach ja, und aus uns.

Marcus hät den ersten Fund – einen Tierknochen – in der Hand (Foto: S. Maus)

Nach dem kurzen Kennenlernen ging es direkt damit weiter, dass uns Kim unsere Aufgabe erklärte. Wir würden ein Profil anlegen, putzen, dazu das entsprechende Planum anlegen, alles (hoffentlich) ordentlich dokumentieren und interpretieren. Also richtige Archäologen-Arbeit! Um aber die Bedeutung unserer Aufgabe einordnen zu können, ging es zunächst den restlichen Tag auf die Burg, wo wir im Rahmen einer Expertenführung eine Fülle von Informationen bekamen, die sich allesamt als hilfreich erweisen sollten. Ich für meinen Teil hätte durchaus noch ein paar Stunden zuhören können… Rechtschaffend erschöpft beendeten wir damit den ersten Arbeitstag.

Exkurs: Eckdaten zur Geschichte der Holsterburg und ihrer Ausgrabung, aus dem Gedächtnis nach den Ausführungen Kim Wegeners:

  • Die Edelmänner des Geschlechts der Holthuser, auch genannt Berkule, erbauten die Holsterburg etwa im letzten Drittel des 12. Jahrhunderts
  • Die Holthuser befanden sich im Gefolge der Grafen von Ewerstein, die wiederum in Kontakt zum staufischen Kaiserhaus standen
  • Es wird bis hierher von einem Brüderpaar der Holthuser ausgegangen, welches sich die Holsterburg als Wohn- und Repräsentationsgebäude teilte
  • Der Großteil des Wirtschaftbetriebs wird vermutlich in der angrenzenden ehemaligen Siedlung Holthusen untergebracht gewesen sein; zu dieser hin scheint sich auch der Zugang zur Burg zu öffnen
  • An der Holsterburg wurden Konflikte der Erzbischöfe von Köln und Mainz und dem Bistum Paderborn sowie den Bürgern von Warburg ausgetragen, weshalb sie die meiste Zeit ihrer kurzen Existenz Angriffen und Zerstörung ausgesetzt war
  • 1294 wurde die Burg endgültig zerstört und diejenigen Angehörigen der Holthuser, die nicht hingerichtet wurden, wurden beispielweise zu Burgmannen der Warburger degradiert
  • Vorsichtige Schätzungen gehen von 12 Meter hohen Außenmauern und einem ca. 20 Meter hohen Bergfried aus
  • Ziele der Ausgrabung für die Projektphase 2016: Lokalisierung der Feuerung, Erkenntnisse zur Binnenstratigraphie und Abschluss der Vorbereitungsarbeiten für die Erstellung einer 3D-Rekonstruktion
Sandra bei der Arbeit am Profil (Foto: M. Coesfeld)

Am 19. Juli ging es dann praktisch zur Sache. Nachdem wir aller nötigen Gerätschaften habhaft geworden waren (Spaten, Eimer, Kratzer, Schnur, Haken, Maßband, Feger, Sonnenschutz Faktor 30), näherten wir uns allmählich unserer Aufgabe an. In gleißendem Sonnenschein, bei etwa 32 Grad, kratzten, schaufelten, schleppten wir Erde im Schweiße unseres Angesichts. Zogen wir zu Beginn noch die Möglichkeit in Betracht, unser Arbeitspensum würde die Woche nicht ausfüllen, begannen wir schnell die Realität zu erkennen: ein wirklich ordentliches, tatsächlich aussagekräftiges Profil anzulegen ist nichts für Anfänger und erfordert nicht eben wenig Übung, Geschick und, wovon wir am wenigsten hatten: Erfahrung. Aber dank Kims lobender Worte erhielt sich unser Ehrgeiz. Ein paar wenige Funde bescherte uns dieser Arbeitstag: Tierknochen und Keramik. Ordentlich durchgebrutzelt und eingestaubt erwartete uns in der Herberge die ersehnte Dusche.

Von links nach rechts: Sandra, Hans-Werner Peine, Kalle der Maulwurf und Marcus (Foto: Kiesling)

20. Juli: Hohen, sehr freundlichen Besuch erwarteten wir heute auf der Grabung! Leiter des Referats für Mittelalter- und Neuzeitarchäologie des LWL, Hans Werner Peine, kam passend zur Witterung samt Grillwürstchen im Gepäck, um zu sehen, was es Neues zu erfahren gibt. Mit dabei waren Herr Kiesling, als Kunsthistoriker tätig bei der Denkmalbehörde der Stadt Warburg, und LWL-Archäologe Manuel Zeiler, der zuletzt zur Nacht unter Tage seine Arbeit vorstellte, samt Vierbeiner in Eisbär-Optik. An diesem Nachmittag konnten wir nach konstruktiven Gesprächen und viel Zuhören bei den Gesprächen zwischen Experten unser angelegtes Profil fotografisch dokumentieren. Maya Thede, die eigentlich Vermessungsingenieurin und schon lange im Holsterburg-Team ist, zeigte uns geduldig, worauf man bei den Aufnahmen achten muss, um eine wissenschaftliche Dokumentation zu ermöglichen.

Sandra bei der Zeichendokumentation (Foto: M. Coesfeld)

21. Juli: Nachdem es am Vorabend ein kleines Gewitter gegeben hatte, waren die Temperaturen etwas erträglicher, sodass Kim uns fachkundig in die Kunst des Profilzeichnens einweisen konnte, bevor wir dann selbst ran mussten – überraschender Weise mit nicht wenig Erfolg. Fast den ganzen Tag hatten wir dafür mit Zollstock und Richtschnur, dem Umrechnen und Übertragen der Messungen auf den Maßstab des Zeichenpapiers und der Kolorierung der Zeichnung verbracht. Aber, das bestätigt auch Mentor Kim, unser Ergebnis konnte sich tatsächlich sehen lassen. Wir waren ungemein zufrieden mit uns und grinsten vor Stolz um die Wette. Zum Abschluss des Tages wurden anhand unseres Werkes die ersten Spekulationen zur Interpretation gewagt – ein Vorgehen, das wir sonst nur aus dem GrabungsCAMP kannten...

Marcus bei der Fotodokumentation (Foto: S. Maus)

Unser letzter Tag – schon? Am 22. Juli ging es, sozusagen als Belohnung dafür, dass wir uns fachkundiger angestellt hatten als von uns erwartet, darum, für die gesamte Grabung nützliche Schlüsse aus dem Ergebnis unserer Arbeit zu ziehen. Zwischenzeitlich durften wir Kim auch noch ein wenig mit Fragen löchern, die er sehr geduldig den gelehrigen Schülern beantwortete. Bevor auch der Grabungsleiter in sein überaus wohlverdientes Wochenende entschwand, machte er uns noch ein kleines Abschiedsgeschenk: Wir bekamen eine hervorragende Einführung in die Adiuvabit-Datenbank am konkreten Beispiel der Holsterburg, die uns das ganze Ausmaß der Arbeiten, die dieses Projekt ausmachen, überhaupt erst erkennen ließ. Dazu bleibt nur zu sagen: Hut ab an alle Mitarbeiter des Projekts und aller herzlichsten Dank für die nicht geringe Horizonterweiterung! Wenn wir dürfen, kommen wir sehr gerne wieder.

Und nicht zu vergessen: Was hatten wir ein Glück, dass wir uns trotz des hohen Arbeitspensums „Zuhause“ für eine Woche in Warburg verbuddeln durften – danke dafür J.

 

Text: Sandra Maus