Schülerin findet mittelalterliche Hofstelle

23.11.2015 Carolin Steimer

Die stolzen Ausgräber vor dem freigelegten Steinfundament (E. Cichy)

Grabungen legen Steinfundament im Acker frei

2013 hatte die damals 12 Jahre alte Samantha Seithe eine Schülerarbeit für "Jugend forscht" begonnen und ist archivalischen Hinweisen auf eine „Burg“ südlich Ihres Heimatortes Welver-Scheidingen (Kr. Soest) nachgegangen. Und dies sogar im wahrsten Sinne des Wortes. Mit einer selbstgebastelten Sonde, einer Metallstange mit Griff,  spürte sie schließlich nach vielen Versuchen in einem Acker am Salzbach ein Steinfundament auf, dass sie anschließend mit Hilfe Gleichgesinnter etwas freilegte.

Die danach herbeigerufene LWL-Archäologie aus Olpe erteilte dann zwar „Spatenverbot“, lobte aber gleichwohl das Engagement der Schülerin, diese bis dahin völlig unbekannte Fundstelle aufgespürt zu haben. Zudem erfuhren wir dann, dass der Landwirt hier schon einiges an Steinmaterial abgefahren hatte, somit die Fundstelle durch die Beackerung höchst gefährdet war. Daher entschlossen wir uns, hier eine Rettungsgrabung durchzuführen, die dann 2014 (wegen der NRW Haushaltssperre) leider nicht, dafür aber in diesem September/Oktober mit Hilfe einer Finanzierung aus den Landesmitteln – sehr erfolgreich – durchgeführt werden konnte. Die Grabungsleitung vor Ort hatte Dr. Eva Cichy. Mitgearbeitet haben neben Samantha studentische Volontäre und studentische Praktikanten/innen der Ruhr-Universität Bochum.

Am Anfang war der Bagger ...

In der Flur „Stemmerk“, ein Name, der bereits auf steinerne Gebäude hinwies, hat durch die Grabungen einen kleines, rechteckiges Steinfundament aus Grünsandbruchsteinen ergeben. Von diesem Gebäude, das auch einen eindeutigen Zugang hatte, ging dann ein schmaler, trockengemauerter (Entwässerungs-)Kanal aus in Richtung des tiefer liegenden Salzbaches.

Außerdem fanden sich mehrere kleine und größere Gruben, ein kleines Grubenhaus sowie ein Brunnen, dessen oberer Bereich freigelegt wurde und einen Bruchsteinkranz zeigte. Eine Bohrung ergab, dass die Basis des Brunnens noch etwa 4 m tiefer lag und organisches Sediment, das noch auf botanische Makroreste hin überprüft wird. Holzkohlenreste werden noch 14C-datiert.
 

Freilegungsarbeitem am Steinkranz des Brunnens

Oberhalb des Steinfundamentes fand sich dann noch eine quer durch die Fläche ziehende Rinne, die mit Fundmaterial verfüllt war und offenbar während der Besiedlung zeitweise offen war; vielleicht war dies ein zeitweise wasserführendes Gerinne.

Auch Tierreste - hier der Kiefer eines Rindes - hatten sich erhalten

Im Bereich des Steinfundamentes lag eine Bruchsteinpackung, die als Mauerversturz zu interpretieren ist; Brandschutt in dem Versturz zeigt, dass hier ein Schadfeuer das Gebäude zerstört hatte, und danach offenbar verlassen wurde. Dies geschah nach der jüngsten Keramikfunden während des 15. Jahrhunderts. Die ältesten Funde datieren noch in das 12. Jahrhundert. Neben zahlreichen Keramikfunden sind auch einige eiserne Werkzeug- und Beschlagteile sowie Tierreste und bearbeitete Tierknochen gefunden worden.

Besonders erwähnenswert ist ein Pilgerzeichen aus gestanztem Blech, das zeigt, dass ein Bewohner des Hofes Anfang des 13. Jahrhunderts eine Fahrt zum Schrein der Heiligen Drei Könige in Köln unternommen hatte. Vergleichbare Exemplare in diesem guten Erhaltungszustand sind deutschlandweit selten.
 

Frisch restauriert von Dipl. Restauratorin Susanne Bretzel-Scheel: Pilgerzeichen mit der Darstellung der Heiligen Drei Könige vor Maria mit dem Jesuskind (Länge ca. 3,5 cm)

Insgesamt können wir Samantha nur dankbar sein: sie hat eine interessante, bis dahin unbekannte Fundstelle entdeckt, deren - der drohenden weiteren Zerstörung geschuldete Ausgrabung - uns einige interessante Informationen über eine „bessere“ Hofstelle, eines Kleinadeligen vielleicht, des hohen und späten Mittelalters im nördlichen Kreis Soest gewährt.