Der zukünftige Rhein-Ruhr-Express (RRX)

11.08.2015 Christian Hübschen

Inhalt

Die Rhein-Ruhr-Region zwischen Dortmund und Köln ist nicht nur die bevölkerungsreichste Metropolregion Deutschlands, sondern auch ein herausragender Verkehrsknotenpunkt, in dem sich täglich Hunderttausende Reisende und Pendler bewegen. Jährlich sind dort etwa 500 Mio. Menschen auf dem Schienenverkehrsnetz unterwegs, bei steigender Tendenz.

Auf der Hauptachse von Dortmund über Bochum, Essen, Duisburg und Düsseldorf nach Köln können trotz der hohen Nachfrage nur wenige Direktverbindungen angeboten werden, weil das heutige Regionalverkehrsangebot auf Einzellinien im Stundentakt basiert, die jedoch untereinander nicht vertaktet sind. Hier setzt das Konzept für den Rhein-Ruhr-Express (RRX) an, indem es die Metropolregion mit sechs Linien des RRX vernetzt. Unter Berücksichtigung des bestehenden integralen Taktfahrplans NRW (ITF NRW) wird auf dem Kernkorridor Dortmund – Köln eine Taktverdichtung möglich, so dass künftig alle 15 Minuten ein Zug des RRX verkehren wird. Neben der Angebotsverbesserung soll es auch einen Qualitätssprung geben. Der RRX soll als Premiumangebot des Regionalverkehrs mit gehobener Ausstattung zwischen Regional-Express (RE) und Fernverkehr angesiedelt sein.

Das Bedienungskonzept des RRX

Um das neue Verkehrsangebot weitgehend ohne Beeinträchtigungen durch andere Zugsysteme verkehren zu lassen und mit attraktiven Reisezeiten die regionalen Zentren im Rhein-Ruhr-Gebiet miteinander zu verbinden, wurde für den RRX ein Bedienungskonzept mit sechs Linien entwickelt, die jeweils im Stundentakt verkehren und eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h erreichen. Auf der Kernstrecke zwischen Dortmund und Köln werden vier durchgehende RRX-Verbindungen zu einem 15-Minuten-Takt gebündelt.

Die Endpunkte der Linien liegen außerhalb des Kernnetzes und er­möglichen umsteigefreie Verbindungen von fast allen Landesteilen zur Rhein-Ruhr-Achse und in die Landeshauptstadt Düsseldorf (Abb. 3). Innerhalb des Kernnetzes bleiben die heutigen Halte bestehen, und auch außerhalb der Kernstrecke des RRX lehnen sich die Stationshalte an die der heutigen Regional-Express-Linien an.

Abb. 1: RRX-Triebwagen auf dem Altenbekener Viadukt (Quelle: www.siemens.com)

Infrastrukturanpassungen

Um das geplante Angebot zu verwirklichen, ist im Hauptkorridor zwischen Dortmund und Köln ein um­fangreicher Aus- und Umbau der Schieneninfrastruktur erforderlich. So muss die Strecke zwischen Köln und Düsseldorf durchgängig auf vier Gleise vervollständigt werden, der Ab­schnitt von Düsseldorf nach Duisburg erfordert gar einen sechsgleisigen Ausbau. Zudem sind punktuelle An­passungen zwischen Duisburg und Dortmund nötig, die Gleisinfrastruktur im Knoten Dortmund Hbf muss umfangreich umgebaut werden.

Der Dortmunder Hauptbahnhof (s. Beitrag Hendrys) ist der wichtigste Knotenbahnhof in Westfalen. Hier treffen nicht nur zahlreiche Nahverkehrslinien, sondern auch viele Hauptlinien des Fernverkehrs aufeinander. Der Bahnhof ist bereits heute stark ausgelastet und kann in seiner heutigen Form die zusätzlichen Verkehre, die durch den RRX entstehen, nicht aufnehmen. Insbesondere im Ostkopf des Bahnhofs, in dem die Ein- und Ausfahrten in Richtung Münster/Lünen und in Richtung Hamm stattfinden, sind umfangreiche Änderungen und Erweiterungen der Infrastruktur nötig. So ist z.B. ein neues Überwerfungsbauwerk in Form einer Brücke geplant, um eine parallele Ein- bzw. Ausfahrt aus Richtung Münster sowie aus Richtung Hamm für den RRX und den Fernverkehr zu ermöglichen. Allerdings hängt die (Weiter)Führung des RRX von Dortmund nach Münster auch zwingend von dem seit langem geplanten zweigleisigen Ausbau der Strecke Dortmund – Lünen – Münster ab, dessen Wirtschaftlichkeit aber derzeit wieder in der Diskussion steht.

Abb. 2: Zwischenkonzept bis zur Fertigstellung der Infrastruktur (Quelle: NWL 2013, S. 3)

Die Fahrzeuge des RRX

Für den RRX werden einheitliche Fahrzeuge beschafft. Die Anforderungen an die Fahrzeuge hat das Land NRW bereits Ende 2012 in einer Rechtsverordnung festgeschrieben. Die Züge sollen neben einer hohen Fahrdynamik je 400 Sitzplätze und eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h aufweisen. Da in der Regel zwei Triebzüge zusammen verkehren (Doppeltraktion), beträgt das Sitzplatzangebot also 800 Plätze. Um die Investitionen in die über 80 Züge stemmen (ca. 0,8 Mrd. Euro), den Anforderungen aus der Verordnung gerecht werden und einen funktionierenden Wettbewerb um die betroffenen Linien ermöglichen zu können, haben sich die beteiligten Aufgabenträger und das Land NRW auf das sog. NRW RRX-Modell geeinigt. Dieses sieht vor – anders als bisher üblich – beim RRX Betrieb und Wartung der Züge zu trennen. Das heißt: Ein Unternehmen liefert und hält die Züge in­stand und verpachtet sie an ein an­deres Unternehmen, das die Züge fährt und betreut. Der Hersteller verpachtet dann die Fahrzeuge an die Betreiber der Linien.

Das im Herbst 2013 eingeleitete Beschaffungsverfahren für die RRX-Fahrzeuge einschließlich Instandhaltung und Sicherstellung der Verfügbarkeit über 30 Jahre endete An­fang 2015 mit dem Zuschlag an Siemens. Siemens, das u.a. auch am Bau der ICE der Deutschen Bahn beteiligt ist, wird 82 vierteilige elektrische Doppelstocktriebwagen bauen und für die Instandhaltung in Dortmund eine Werkstatt errichten.

Abb. 3: Zielkonzept nach Fertigstellung der Infrastruktur (Quelle: NWL 2013, S. 3)

RRX-Betrieb

Die heutigen RE- und zukünftigen RRX-Linien wurden für die europaweite Ausschreibung in drei Lose aufgeteilt: im Hauptkorridor RE 1 und RE 11 (Los 1) sowie die RE 5 und RE 6 (Los 2) und als Ergänzung die RE 4 (Los 3) mit einem Leis­tungsvolumen von insgesamt rund 14,6 Mio. Zugkilometern. Die Bieter konnten sich um eines oder mehrere Lose bewerben, die jeweils eine Vertragslaufzeit von 15 Jahren haben. Im Juni 2015 erfolgte der Zuschlag für Los 1 an Abellio, eine Tochter der Niederländischen Staatseisenbahnen, die in NRW u.a. zwischen Hagen und Siegen fährt (s. Beitrag Hübschen). Lose 2 und 3 des Prestigeobjektes RRX soll NationalExpress aus Großbritannien betreiben, das allerdings noch über keinerlei Betriebserfahrung im deutschen SPNV-Markt verfügt.

Da der Verkehrsvertrag mit der DB Regio AG, die auf den heutigen Linien den Betrieb durchführt (und auch die Züge instand hält) nur bis 2016 läuft, mussten diese Leistungen ebenfalls neu ausgeschrieben werden. Den Zuschlag für diese sog. Interimsverkehre erhielt wieder die DB Regio AG. Weil die Auslieferung und Inbetriebnahme der RRX-Fahrzeuge aufgrund des langwierigen Herstellungs- und Zulassungsprozesses sich voraussichtlich über zwei Jahre hinziehen wird, ist für den RRX eine gestaffelte Betriebsaufnahme ab Ende 2018 vorgesehen.

Da die für den Zielzustand des RRX erforderliche Infrastruktur nach derzeitigem Stand erst Mitte der 2020er Jahre zur Verfügung steht, wird es ab 2018 zunächst nur einen sog. Vorlaufbetrieb geben (Abb. 2), ehe das Zielkonzept gefahren werden kann (Abb. 3).

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2015