Die Ladeinfrastruktur für E-Autos in Westfalen

04.10.2017 Alexander Kunz

Inhalt

In Zeiten des Klimawandels und immer neuer Skandale in der Automobilbranche werden die Rufe nach umweltfreundlichen Mobilitätsalternativen lauter. Im Fokus steht dabei in besonderem Maße die Elektromobilität. Ein spezielles Augenmerk liegt dabei auf den Chancen der E-Mobilität für den Individualverkehr. Das Thema wird in der Öffentlichkeit und Politik rege diskutiert, wobei auf der einen Seite die enormen Vorteile der E-Autos hervorgehoben werden, beispielsweise CO2-Neutralität, Energieeffizienz und Kosteneffizienz infolge niedriger Betriebskosten. Auf der anderen Seite werden die bis dato mangelnde infrastrukturelle Ausstattung in Bezug auf die Anzahl der Ladesäulen, die ökologischen Risiken bei der Herstellung der Akkus (bzw. beim Abbau der benötigten seltenen Erden), aber auch die technischen Unzulänglichkeiten der elektrisch betriebenen Pkw, z.B. niedrige Reichweiten und lange Ladezeiten, kritisiert (Peters & Hoffmann 2011, S. 36 f.).

Es steht jedoch fest, dass mit Blick auf den Klimawandel über kurz oder lang eine Abkehr von fossilen Brennstoffen und damit vom Erdöl unabdingbar ist. Auch die Bundesregierung unterstützt die Elektromobilität. Wie im Regierungsprogramm Elektromobilität von 2011 festgeschrieben ist, lautet das Ziel: bis 2020 eine Mio. und bis 2030 sechs Mio. Elektrofahrzeuge auf deutsche Straßen zu bringen (GGEMO 2016, S. 21). Auch die Landesregierung NRW hat die Bedeutung der E-Mobilität erkannt und fördert diese. Dazu hat die Landesregierung die Initiative ElektroMobilität NRW gegründet, um die Verbreitung von Elektromobilität im Bereich des straßengebundenen Personen- und Güterverkehrs voranzubringen (ElektroMobilität NRW 2017). In diesem Artikel sollen die Entwicklung sowie der Status quo der Elektromobilität Westfalens dargestellt werden, wobei der Fokus vor allem auf der infrastrukturellen Ausstattung mit Ladesäulen liegt.

Abb. 1: Entwicklung des E-Fahrzeugbestandes in NRW (Quelle: KBA 2017)

Entwicklung der E-Mobilität

Die Betrachtung der Anteile von E-Fahrzeugen am gesamten Pkw-Bestand zeigt die aktuell noch geringe Bedeutung der E-Mobilität. Im Jahr 2016 fuhren auf deutschen Straßen insgesamt 25.502 E-Autos, dies entspricht lediglich 0,01% des gesamten Fahrzeugbestands in Deutschland. Im selben Jahr wurden 11.410 E-Autos zugelassen, bei einer Gesamtmenge von 3.365.284 Neuzulassungen entspricht dies gerade einmal einem Anteil von 0,3%.

Trotz dieser vermeintlich geringen Zahlen ist die steile Entwicklung der E-Mobilität hervorzuheben, denn vom gesamten Bestand wurden allein im Betrachtungsjahr 2016 11.410  (44,7%) aller Elektrofahrzeuge zugelassen. Mit Blick auf NRW fuhren davon im selben Jahr 4.163 E-Fahrzeuge, was zwar nur einen Anteil von 0,4% am gesamten Pkw-Bestand des Landes ausmacht, aber immerhin 36,5% aller E-Fahrzeuge Deutschlands (KBA 2017).

Damit liegt NRW hinter Bayern und Baden-Württemberg auf Platz drei der Bundesländer mit dem höchsten Bestand an Elektrofahrzeugen (ElektroMobilität NRW 2017). Beachtlich ist auch die Entwicklung der E-Mobilität im Land (Abb. 1). So hat sich der Bestand von 249 Fahrzeugen im Jahr 2009 um mehr als das 20-fache auf 5.283 Fahrzeuge im Juni 2017 gesteigert, wobei die Entwicklung vor allem seit 2013 deutlich an Dynamik gewinnt (KBA 2017).

Ladesäulen

Grundvoraussetzung für das Wachstum der E-Mobilität ist der Ausbau der notwendigen Infrastruktur, also der entsprechenden Ladesäulen (LS). Da aus technischen Gründen die Reichweite der Elektrofahrzeuge noch begrenzt ist, ist ein engmaschiges Netz aus öffentlich zugänglichen Ladestationen unabdingbar für die zukünftige Entwicklung der E-Mobilität.

Zwar können Elektrofahrzeuge grundsätzlich an allen Steckdosen geladen werden, dies dauert jedoch mit mehr als zehn Stunden sehr lange. Hier benötigt man Lösungen, die ein schnelles Laden ermöglichen, um das elektrifizierte Fahren möglichst attraktiv zu gestalten. Für den öffentlichen Gebrauch sind Ladesäulen notwendig, die mit hoher Leistung arbeiten. Hierbei unterscheidet man grundsätzlich zwei Arten von Ladesäulen:

  1. die Normalladung bei bis zu 22kW, die eine Ladung in 1–5 Stunden ermöglicht, sowie
  2. die Schnellladesäulen, bei der 80% der Batteriekapazität in maximal 30 Minuten nachgeladen wird (Dorresteijn 2012, S. 362).

Zusätzlich muss auch zwischen öffentlichen, teilweise öffentlichen und privaten Ladesäulen unterschieden werden, denn nicht alle Ladesäulen sind uneingeschränkt nutzbar, weil sie z.B. auf Privatgrundstücken stehen.

Hier deutet sich die Unübersichtlichkeit des Marktes schon an. Die Vielzahl an unterschiedlichen Ladesystemen kann verwirrend auf den Verbraucher wirken, zumal es auch unterschiedliche technische Ausstattungen gibt, da keine einheitliches Steckerformat in den Fahrzeugen verbaut wird. Hinzu kommt, dass es eine Vielzahl von Anbietern gibt, die eine Anmeldung erfordern und unterschiedliche Bezahlsysteme nutzen, was das Laden zusätzlich unübersichtlich und intransparent gestaltet und so letztendlich den Endkunden abschreckt. Hier müssen die Prozesse in Zukunft vereinfacht und angeglichen werden, um das Laden einfach und damit attraktiv für den Endverbraucher zu machen.

Abb. 2: Verteilung der öffentlichen Ladesäulen in Westfalen (Stand 07/2017) (Quelle: www.goingelectric.de)

Die Ladeinfrastruktur in Westfalen

Die Vielzahl an Anbietern, gekoppelt mit der nicht existenten Meldepflicht für Ladesäulen, führt in der Summe dazu, dass es keine einheitliche Datenbasis für die Verbreitung von Ladestationen gibt, weshalb man auf die Daten von privaten Betreibern spezifischer Informationsportale angewiesen ist. Nachfolgend wird die Erhebung von goingelectric.de zugrunde gelegt, die z.Zt. die wohl umfangreichste deutsche Datenbank zu Ladestationen pflegt.

Im Juli 2017 lag die Zahl der öffentlich zugänglichen Ladestationen in Nordrhein-Westfalen bei ca. 1.600. Damit rangiert NRW deutlich an der Spitze der Flächenländer und wird, bezogen auf die Versorgungsdichte, lediglich von den Stadtstaaten übertroffen (ElektroMobilität NRW 2017). In Westfalen zählt die Plattform going­electric.de insgesamt 689 Ladesäulen.

Wie Abbildung 2 zeigt, gestaltet sich jedoch die Verteilung dieser Ladesäulen räumlich stark differenziert. Deutlich zu erkennen ist, dass die Versorgungsdichte erwartungsgemäß in den urbanen Regionen höher ist als in den ländlichen Räumen. So weisen die kreisfreien Städte Dortmund und Bochum die höchste Versorgungsdichte (LS je 10 km2) auf. Es folgen (in absteigender Reihenfolge) die kreisfreien Städte Münster, Bielefeld, Bottrop, Gelsenkirchen und Herne.

Auch bei den absoluten Zahlen ist Dortmund führend: Im Stadtgebiet sind derzeit (Juli 2017) 66 Ladesäulen installiert. Es folgen die Kreise Lippe (51 LS), Steinfurt (44 LS), Borken (36 LS), Coesfeld (34 LS) und Gütersloh (33 LS) (Abb. 2). Es ist darauf hinzuweisen, dass die Verteilung auch innerhalb der Kreise stark variiert. So sind z.B. im Kreis Gütersloh mit Abstand die meisten Ladesäulen in der Stadt Gütersloh (17 LS) zu finden.

Insgesamt betrachtet kristallisieren sich drei Schwerpunktregionen heraus, die durch eine höhere Versorgungsdichte hervorstechen, nämlich das Westmünsterland, das östliche Ruhrgebiet sowie die nördlichen Teile Ostwestfalens. Die geringste Zahl an Ladesäulen weisen der Kreis Olpe mit lediglich 8 sowie der Kreis Höxter mit nur 12 Stationen auf (Abb. 2).

Ferner ist zu beobachten, dass es in Westfalen ein Stadt-Land-Gefälle bei der Versorgung mit Ladesäulen gibt. Von der Nähe zu Agglomerationsräumen profitieren noch das Westmüns­terland und das nördliche Ostwestfalen. Allerdings gibt es vor allem in Südwestfalen ein Defizit. Für die Zukunft gilt es, vor allem im ländlichen Raum eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen.

Ausblick

Wie gezeigt werden konnte, ist die Ladeinfrastruktur in Westfalen räumlich sehr differenziert und vor allem in der Peripherie lückenhaft. Um jedoch die gesteckten Ziele bei der Förderung der E-Mobilität zu erreichen, ist es zwingend erforderlich, eine flächendeckende Versorgung mit Lademöglichkeiten zu schaffen. Dazu ist es notwendig, neben dem quantitativen Ausbau auch die Qualität im Hinblick auf Auffindbarkeit und Benutzerfreundlichkeit zu verbessern, um das Laden genauso einfach zu gestalten, wie es beim Betanken von konventionellen Pkw der Fall ist. Um die Ladeinfrastruktur zu verbessern, fördert die Bundesnetzagentur ab 2017 den Ausbau der Ladeinfrastruktur mit Bundesmitteln in Höhe von 300 Mio. Euro (ElektroMobilität NRW 2017). Mit diesen Mitteln soll insbesondere ein flächendeckendes Netz an Schnelllade­infrastruktur geschaffen werden, das die Attraktivität der E-Mobilität steigert. Jedoch sollen diese Schnellladestationen vornehmlich an den Bundesautobahnen und in den Metropolen entstehen (BMWi 2017), was zu befürworten ist, jedoch keine Anreize für die E-Mobilität im ländlichen Raum liefert. Hier herrscht weiterhin großer Förderbedarf.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2017