Nachnutzungsmöglichkeiten für die ehemaligen Opel-Flächen in Bochum

22.02.2016 Kathrin Fennhoff

Inhalt

Opel in Bochum

Über 50 Jahre lang hat das Unternehmen Adam Opel AG die Stadt Bochum und viele seiner Bewohner geprägt, bis am 06. Dezember 2014 die Automobilfertigung in Bochum endete. Seitdem befindet sich in Westfalen kein Opel-Werk mehr; deutschlandweit sind noch Werke an drei Standorten vorhanden (Rüsselsheim, Eisenach und Kaiserslautern).

Die Ansiedlung der Opel-Werke in Bochum Anfang der 1960er Jahre (1962: Werke I und II; 1965: Werk III) auf ehemaligen Bergbauflächen in den östlich gelegenen Stadtteilen Laer und Langendreer sowie die im selben Zeitraum erfolgte Gründung der Ruhr-Universität Bochum gelten als Symbol eines beginnenden erfolgreichen Strukturwandels in Bochum.

Abb. 1: Die ehemaligen Opel-Werke I, II und III in Bochum (Kartengrundlage: Geobasisdaten der Kommunen und des Landes NRW © Geobasis NRW)

Während das Opel-Werk I seinen Standort auf dem Gelände der stillgelegten Zeche Dannenbaum in Bochum-Laer fand (rd. 70 ha), wurden die Werke II (rd. 50 ha) und III (rd. 40 ha) auf dem 4,5 km entfernten Areal der ehemaligen Zeche Bruchstraße im Bochumer Stadtteil Langendreer, östlich und westlich der Bundesstraße B 235, errichtet (Abb. 1). In Werk I befand sich die Autofertigung, in Werk II war zuletzt (bis Herbst 2013) eine Getriebeproduktion untergebracht und Werk III dient, auch über die Schließung des Werkes I Ende 2014 hinaus, als Warenverteilzentrum (Logistiklager für Ersatzteile).

Opel schaffte mit seiner Neuansiedlung in Bochum viele neue Arbeitsplätze, u.a. auch für ehemalige Bergarbeiter, und entwickelte sich zu einem der größten Arbeitgeber der Stadt. Darin zeigt sich Opels hohe wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung. Allerdings war aufgrund sinkender Absatzzahlen seit Beginn der 1990er Jahre auch ein Rückgang der Beschäftigtenzahlen festzustellen, sodass bereits im Jahr 2005 über eine Schließung der Opel-Werke in Bochum diskutiert wurde: Waren Ende der 1970er Jahre über 20.000 Menschen bei Opel beschäftigt, waren es 2004 rd. 9.000 und bis zur Schließung im Dezember 2014 ca. 3.300 (Rüsberg 2014; Schraa 2014).

Opel ist allerdings nicht das einzige arbeitsplatzintensive Unternehmen in Bochum, das sich aus der Stadt zurückzieht; so hat z.B. der Konzern Nokia mit seinem Handy-Werk im Jahr 2008 den Standort Bochum-Riemke verlassen, wodurch 2.300 Arbeitsplätze verloren gingen (o.A. 2014a).

Mit einer Arbeitslosenquote von 10,3% (Stand: Dezember 2014) verzeichnet Bochum eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit im Vergleich zu den Kreisen und kreisfreien Städten Westfalens (NRW insgesamt: 7,8%); mit der Schließung der Opel-Werke ist mit einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit zu rechnen. So werden zwar rd. 700 Arbeitsplätze in dem neuen Warenverteilzentrum geschaffen; seit dem 01.01.2015 suchen aber knapp 2.700 ehemalige Opelarbeiter mit Hilfe einer Transfergesellschaft neue Jobs (o.A. 2014b).

Insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Arbeitslosenquote in Bochum stellt sich die Frage, was nun nach Opel kommt. Die folgenden Ausführungen bieten einen kurzen Überblick über den aktuellen Planungsstand zur Nachnutzung auf den ehemaligen Opel-Flächen.

Abb. 2: Banner zum Detroit-Projekt (Foto: dpa 2014)

Nachnutzungs-Perspektiven

Nach Bekanntgabe der Schließung des Opel-Standortes in Bochum begannen zahlreiche Diskussionen sowie Aktionen um die Zukunft der Stadt nach der Automobilproduktion (Abb. 2).

Während die ersten Hallen von Werk I im Jahr 2015 abgerissen wurden, bleibt in Werk III das Warenverteilzentrum von Opel erhalten. Hier sind seit dem 01.01.2015 insgesamt 265 ehemalige Opel-Mitarbeiter aus dem Werk I beschäftigt (Rorowski 2014). Zudem steht fest, dass Opel das in dem Werk III befindliche Warenverteilzentrum auf der westlichen Seite des angrenzenden früheren Getriebewerks (Werk II) erweitern wird. Offen ist hingegen noch, welche Nachnutzungen auf dem Gelände des Werkes I, der restlichen Fläche von Werk II sowie den Brachflächen von Werk III gefunden werden.

In den vergangenen Monaten wurden verschiedene Nachnutzungsideen von Akteuren u.a. aus der Politik, der regionalen Wirtschaft, der Verwaltung und der Bochumer Hochschulen in Werkstattverfahren sowie Workshops entwickelt.

Einigkeit besteht darin, insbesondere das große Werksgelände in innenstadtnaher Lage (Werk I) nicht zur Industriebrache verwahrlosen zu lassen. So werden die Fläche des Opel-Werks I in Laer, einige Grundstücke außerhalb des Werksgeländes, u.a. die Parkplätze, sowie die restliche Fläche von Werk II und die Brachflächen von Werk III von der neu gegründeten Entwicklungsgesellschaft "Bochum Perspektive 2022 GmbH" – eine Initiative des Wirtschaftsministeriums des Landes NRW (Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes NRW), der Adam Opel AG sowie der Stadt Bochum – entwickelt und vermarktet (Rorowski 2014, 2015). Für die Entwicklung der ehemaligen Werksfläche I erhielt die Gesellschaft bereits finanzielle Mittel vom Land NRW. Mit dem Paket-Dienst DHL wurde Anfang 2016 das erste Großunternehmen gefunden: DHL erwarb eine 14 ha große Teilfläche des ehemaligen Werksgeländes 1 und beabsichtigt dort, ein Paketzentrum mit bis zu 600 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen zu errichten (Deuse 2014, Rorowski 2016; s. Beitrag Wittkampf). Für zukünftige Bauabschnitte kann sich die Entwicklungsgesellschaft die Ansiedlung von mittelständischen Unternehmen aus der Produktionswirtschaft vorstellen, die in enger Kooperation zu den Universitäten und Hochschulen in Bochum und der Region stehen (o.A. 2014a).

Abb. 3: Der vorläufig unter Denkmalschutz gestellte Opel-Verwaltungstrakt auf dem Gelände von Werk I in Bochum-Laer (Foto: H. Blossey 2005)

Vertreter der Ruhr-Universität Bochum haben in die Diskussion um mögliche Nachnutzungen für die Opel-Fläche I das Konzept einer sog. "Worldfactory" eingebracht. Dahinter steht die Idee einer studentischen Ausbildungsstätte, die an neuen Entwicklungen arbeitet und von wissenschaftlichen Einrichtungen und Unternehmen aus unterschiedlichen Wirtschaftsbranchen geleitet wird (Ruhr-Universität Bochum 2015). Die Worldfactory soll nach den Vorstellungen der Universität als innovative Transfer- und Unternehmensgründungsfabrik Forschung und praxisorientierte Anwendung vernetzen. Es handelt sich damit um ein Projekt an der Schnittstelle von Wissenschaft und Wirtschaft. Die Nähe der Opel-Flächen zu dem Universitätsstandort im Stadtteil Bochum-Querenburg bieten sich für die Errichtung von Forschungsgebäuden an, zumal die Ausdehnung der Universität an dem bisherigen Standort aufgrund von Platzmangel nur noch begrenzt möglich ist.

Die Entwicklungsgesellschaft "Bochum Perspektive 2022" rechnet für die Zukunft mit keinem großen Arbeitgeber, wie früher die Zechen oder zuletzt die Automobilproduktion in Bochum; so wird vielmehr versucht, Arbeitsplätze in mehreren kleineren Unternehmen zu entwickeln (Rorowski 2014).

Mit der Schließung der Opel-Werke endet ein Vorzeigeprojekt des Strukturwandels. Unter dem Motto "Bochum 4.0" versucht die Stadt bereits mit einem neuen industriellen Zeitabschnitt in Bochum zu werben und hofft so, den nächsten Strukturwandel erfolgreich zu meistern: "[...] nach Kohle (Bochum 1.0), Stahl (Bochum 2.0) und Automobilproduktion (Bochum 3.0) wird nun die innovative, vernetzte mittelständische Industrie der Treiber für den Wirtschaftsstandort sein" (Stadt Bochum 2014, S. 5).

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Weiterführende Literatur/Quellen

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Erstveröffentlichung 2016