IJsselmeerzuflüsse und deren Einzugsgebiete in Westfalen

10.05.2017 Horst Pohlmann

Inhalt

Das Gewässer-Teileinzugsgebiet "IJsselmeer-Zuflüsse NRW" wird zur Flussgebietseinheit Rhein gezählt (www.ijssel.nrw.de). Zugehörig sind die Gewässersysteme 2. Ordnung der in Westfalen entspringenden Flüsse Vechte, Ahauser Aa, Berkel und Issel (Abbn. 1 u. 2, auch nachfolgend). Sie entwässern in Westfalen den überwiegenden Teil des Kreises Borken sowie Teile der Kreise Steinfurt und Coesfeld ins niederländische IJsselmeer (Süßwasser). Von dort gelangt das Wasser über zwei Schleusensysteme am Abschlussdeich in die Nordsee.

Abb. 1: Die Gewässereinzugsge- biete von Vechte, Ahauser Aa, Berkel und Issel (Quellen: Geobasis NRW, Topografische Dienst NL; eigener Entwurf)

Während die Vechte über das Zwarte Water ins IJsselmeer fließt, gelangt das Wasser von Ahauser Aa, Berkel und Issel über die Geldersche IJssel dorthin. Neben Waal und Neder Rijn (im weiteren Verlauf Lek) ist die Geldersche IJssel ein weiterer Mündungsarm des Rheins. Sie zweigt südöstlich von Arnhem (Westervoort) vom Pannerdensch Kanaal zunächst nach Nordost ab und ist, historisch betrachtet, eine Bifurkation vom Rhen zur IJssel (Oude IJssel/Issel). Die Geldersche IJssel von Doesburg zum IJsselmeer ist somit der eigentliche Unterlauf der Oude IJssel (Issel).

Das Gewässereinzugsgebiet der IJsselmeerzuflüsse mit mittleren Jahresniederschlägen von 810 mm hat in Westfalen insgesamt eine Größe von rd. 1.900 km2, was fast 9% seiner Gesamtfläche entspricht. Die östliche Begrenzung zum Einzugsgebiet der Ems (s. Beitrag Pohlmann) verläuft vom Thieberg über die Altenberger Höhen in den südöstlichen Bereich der Baumberge. Der Verlauf der Wasserscheide setzt sich in westlicher und südwestlicher Richtung fort, wo der Roruper Berg und die Rekener Kuppen sichtbare Erhebungen bilden und zum Einzugsgebiet der Lippe (s. Beitrag Pohlmann) abgrenzen.

Wegen der relativen Quellennähe zu ihren Mündungsbereichen handelt es sich bei den IJsselmeerzuflüssen bzw. deren Nebengewässern gemäß der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie meist um sog. "Kleine Flüsse" mit Einzugsgebieten von 100 –1.000 km2. Nur Vechte und Issel zählen mit mehr als 1.000 km2 zur Kategorie "Großer Fluss". Bei Quellhöhen von maximal 130 m ü. NHN besteht eine nur geringe Erosionsbasis. Daher gehören rd. 90% der Fließstrecken der IJsselmeerzuflüsse zu den charakteristischen Fließgewässertypen des Flachlands und zwar "Kleine Niederungsfließgewässer in Fluss- und Stromtälern", "Sand- und lehmgeprägte Tieflandflüsse" und "Sandgeprägte Tieflandbäche" (www.lanuv.nrw.de), die mit ihren mittleren Wasserspiegeln nur wenige Dezimeter unterhalb des umgebenden Geländes fließen. Die in diesen Einzugsbereichen liegenden ehemals feuchten Niederungsgebiete mit z.T. ehemaligen Mooren sind heute meist entwässert. Dazu wurden die Flüsse und Bäche begradigt und vor allem in unteren Abschnitten eingedeicht, um bei Hochwasser großflächigen Überschwemmungen entgegenzuwirken.

Abb. 2: IJsselmeerzuflüsse aus Westfalen (Quellen: Geobasis NRW, Topografische Dienst NL; eigener Entwurf)

Vechte

Als größter IJsselmeerzufluss entspringt die Vechte aus einer Überlaufquelle der Baumberge (s. Beitrag Göbel) im Südosten des Rosendahler Ortsteils Darfeld. Bereits nach ca. 1 km Flusslauf verlässt sie die von ihr gebildete Talung und wird zum Tieflandfluss. Bis zur Einmündung der Steinfurter Aa nördlich von Wettringen sind nur der Burloher Bach und der Gauxbach erwähnenswert.

Die Steinfurter Aa mit ihrer Quelle nur ca. 3 km östlich der Vechtequelle ist bei ihrer Einmündung mit einer Flusslänge von 46 km, einem Einzugsgebiet von rd. 200 km2 und einer mittleren Abflussmenge von gut 2 m3/s der größere Fluss.

Nach 40 Flusskilometern erreicht die Vechte Niedersachsen und nimmt dort die Eileringsbeke auf, die nicht aus einer Quelle, sondern auf Ochtruper Gebiet aus einer Vielzahl von Entwässerungsgräben gespeist wird.

Die Dinkel hat als größter westfälischer Nebenfluss der Vechte eine Gesamtlänge von 87 km und ein Gewässereinzugsgebiet von rd. 650 km2. Sie entspringt aus einer Tümpelquelle im Rosendahler Ortsteil Holtwick und fließt nur die ersten 41 km in Westfalen. Nach zweimaligem Überqueren der deutsch-niederländischen Grenze mündet sie nördlich von Nordhorn in die Vechte.

In ihrem weiteren Verlauf wird die Vechte in den Niederlanden Vecht genannt und nimmt in Ommen mit der Regge ihren insgesamt größten Nebenfluss auf. Sie mündet als schiffbarer Fluss nach 183 Flusskilometern in das Zwarte Water, welches 12 km weiter die IJsselmeerbucht Zwarte Meer erreicht.

Ahauser Aa

Von ihrem quellenlosen Ursprung im Stadtlohner Liesner Wald bis zur Mündung in die Geldersche IJssel wechselt der Name von Ahauser Aa in Alstätter Aa, Buurserbeek und Schipbeek. Die Gesamtlänge beträgt 86 km, davon liegen 27 km in Westfalen. Selbst im Oberlauf bildet sie keine sichtbare Talung aus und ist daher ein reiner Tieflandfluss. Mit einem Gesamteinzugsgebiet von rd. 350 km2 gehört sie in die Kategorie "Kleiner Fluss" (Europäische Wasserrahmenrichtlinie).

Der Flörbach (Abb.1), größtes Nebengewässer in Westfalen, entwässert innerhalb eines verzweigten Grabensystems das Gebiet westlich von Ahaus und ist fast gänzlich denaturiert.

Berkel

Sie ist mit einer Gesamtlänge von 187 km der längste Fluss zur Gelderschen IJssel. Die Berkelquellen liegen in einem Quellteich ca. 1 km südöstlich des Ortskerns von Billerbeck. Ihr eigentlicher Ursprung befindet sich jedoch 2 km weiter südlich mit einer weiteren Quelle und einem Graben als Oberlauf.

Auf ihren ersten 16 km bis Coesfeld bildet die Berkel im Bereich der Baumberge eine Talung, um anschließend ihren Verlauf im Tiefland fortzusetzen. Neben kleineren, ebenfalls aus Baumbergequellen stammenden Nebenbächen sind Honigbach und Felsbach zu nennen (Abb.1).

Der 20 km lange Ölbach bildet einen der in dieser Region seltenen Aufschlüsse und legt Tonschichten einschließlich der darin enthaltenen Fossilien frei. Er mündet unterhalb von Vreden in die Berkel, die nach 70 km Flusslänge die Niederlande erreicht.

Die in Holland fließende Groenlosche Slinge ist mit 36 km größter Nebenfluss der Berkel. Sie beginnt im westfälischen Südlohn als Wellingbach (Abb. 1), der quellenlos aus einem grabenartigen Entwässerungssystem gespeist wird.

Issel

Aus einer Tümpelquelle zwischen Borken und Raesfeld stammend verlässt die Westfälische Issel bereits nach 10 km westfälisches Territorium. Im Kreis Wesel trägt sie bis zur Bärenschleuse die Bezeichnung Obere Issel, um sich ab der Einmündung der Kleinen Issel, dann wieder in Westfalen, Mittlere Issel zu nennen. Im weiteren Verlauf wird sie dann bis zur Staatsgrenze zu den Niederlanden als Untere Issel bezeichnet. Dort ändert sich die Bezeichnung in IJssel oder auch Oude IJssel.

Sie mündet bei Doesburg nach 82 km Flusslänge in den Geldersche IJssel genannten heutigen Mündungsarms des Rheins.

Die Bocholter Aa ist im Gewässereinzugsgebiet der Issel größter Nebenfluss. Sie entsteht aus den quellenlosen, ausschließlich aus Oberflächenwasser gespeisten Fließgewässern Thesingbach und Weißer Vennbach sowie Schwarzer Bach und Schwarzer Vennbach. Letztgenannte führen das Wasser aus den abgetorften Hochmooren des Weißen Venns zur Bocholter Aa.

In Bocholt versorgt die Bocholter Aa über eine Umflut den künstlich angelegten Aasee. Nach rd. 50 km Flusslänge wird sie in den Niederlanden als Aastrang bezeichnet, wo sie 5 km weiter mit einer ansehnlichen Breite von 30 m in die dort wesentlich kleinere IJssel (Oude IJssel) mündet, doch hydrologisch in allen Belangen der Hauptfluss ist.

Letzter nennenswerter Fluss ist die ebenfalls quellenlose Schlinge mit einer Flusslänge von 55 km. Sie hat ihren Ursprung zwischen Gescher und Stadtlohn und wird dort aus einer Vielzahl von Entwässerungsgräben gespeist. In einem schmalen Einzugsgebiet erreicht sie nach 14 km die Niederlande und mündet dort als Boven-Slinge in die deutlich größere IJssel. Zuvor zweigt die Boven-Slinge bei Aalten einen Teil ihres Abflusses über den Keizersbeek (Abb.1) zum Aastrang ab.

Beitrag als PDF-Datei ansehen/speichern (Größe: < 1 MB)

↑ Zum Seitenanfang


Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2016