"Historische" Landtagswahl Nordrhein-Westfalen 2005

01.01.2007 Heinz Heineberg

Abb. 1: Ergebnisse der Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen seit 1950 in % (Quelle: Die Welt vom 18.5.2006)

Bereits mehrere Wochen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 22.05.2005 diagnostizierten Meinungsforschungsinstitute eine "Wechselstimmung" der Wähler zugunsten der CDU - nach 39 Jahren ununterbrochener SPD-Herrschaft (Abb. 1) in dem mit rd. 18 Mio. Einw. bevölkerungsreichsten Bundesland, davon 8,4 Mio. in Westfalen. Die Landtagswahl NRW erhielt zugleich auf nationaler Ebene die Bedeutung als "Stimmungstest" bzw. als "Schicksalswahl für Rot-Grün im Bund" (Die Welt, 17.5.05). Der Wahlkampf war außerdem gekennzeichnet von der Polarisierung auf die beiden Spitzenkandidaten der SPD, den seit November 2002 amtierenden Ministerpräsidenten Peer Steinbrück, und der oppositionellen CDU, den Landesvorsitzenden Jürgen Rüttgers, und zwar letztlich zu Lasten der kleineren Parteien und ihrer Kandidaten, insbesondere der Grünen und der FDP.

Abb. 2: Landtagswahl in NRW 2005, "Stärkste Partei" (Quelle: www.election.de)

Neben der bundespolitischen Bedeutung der Wahl waren für die Opposition die Themen Arbeit (Chancen für neue Arbeitsplätze in einer Zeit hoher Arbeitslosigkeit, Abbau von Bürokratie), Rekordverschuldung des Landes (mehr als 105 Mrd. Euro), Bildung an Universitäten (u.a. Studiengebühren) und Schulen (u.a. Beseitigung hoher Unterrichtsausfälle durch Einstellung von 4000 neuen Lehrkräften) sowie innere Sicherheit beherrschend im Vorfeld der Wahl. Die SPD stellte sich u.a. als Kraft dar, "die die soziale Gerechtigkeit auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten absichert" (Das Parlament 55. Jg., Nr. 16, 18.4.05), u.a. durch Erhalt des Kündigungsschutzes und der Mitbestimmung. Wichtige Wahlkampfthemen aus dem Bereich der Bildung waren für die SPD die Nichteinführung von Studiengebühren an Universitäten sowie der weitere Ausbau von Ganztagsschulen.

Von den gut 13,2 Mio. Wahlberechtigten in Nordrhein-Westfalen gingen am 22.05.2005 in den insgesamt 128 Wahlkreisen 8,33 Mio. (= 63%) zur Wahl. Von den insgesamt 24 Parteien erzielte die CDU als nunmehr stärkste Partei 44,8% der Stimmen (Landtagswahl 2000 nur 37 %), mit flächenhaften räumlichen Schwerpunkten außerhalb des Ruhrgebietes (Abb. 2). Die SPD sackte demgegenüber auf lediglich 37,1% ab (Landtagswahl 2000 42,8%). Der Schwerpunkt der SPD-Wähler lag im Ruhrgebiet, wo die SPD - trotz Stimmenverlusten von -5,2% gegenüber 2000 bzw. mit 46,7% (2005) als schlechtestes Wahlergebnis seit 1954 - die stärkste politische Kraft blieb. Deutliche Verluste mussten auch die kleinen Parteien hinnehmen. So entschieden sich nur 6,2% der Wähler (im Jahre 2000 9,8%) für die FDP, was allerdings für die zukünftige Regierungsbeteiligung zusammen mit der CDU ausreichte; auf den gleichen Prozentsatz (6,2%) kamen die Grünen (2000 noch 7,1% der Stimmen), die nunmehr zur Oppositionspartei im Lande wurden. Innerhalb des Ruhrgebietes kam die FDP mit insgesamt 4,6% nicht über 5%, während die Grünen mit durchschnittlich 5,6% einen Prozentpunkt vor der FDP lagen (Abbn. 3 und 4). Die räumliche Verteilung der Grünen ist stark durch relativ hohe Stimmenanteile in Großstädten (insbesondere in Universitätsstädten wie Münster, Bielefeld, Düsseldorf, Köln, Bonn oder Aachen) gekennzeichnet.

Abbn. 3 und 4: Landtagswahl in NRW 2005, Stimmenanteile Bündnis 90/Die Grünen und der FDP (Quelle: www.election.de)

Das Wahldesaster der SPD - nach einer jahrelangen Niederlagenserie in den Ländern - veranlasste den Bundeskanzler Gerhard Schröder noch am Abend des 22.05.2005 zu dem unerwarteten "Paukenschlag", im Herbst 2005 die Wähler auf Bundesebene durch eine vorgezogene Neuwahl über die rot-grüne Bundesregierung entscheiden zu lassen.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2007