NRW-Kommunalwahl 2004 – viele "Sieger" und "Verlierer"

01.01.2007 Heinz Heineberg

Abb. 1: Ergebnisse der Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen seit 1975 (Quelle: Münstersche Zeitung vom 28.9.2004)

Am 26. September 2004 und 10. Oktober 2004 (Stichwahl) fand die letzte Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen (NRW) statt - acht Monate vor der Landtagswahl und rd. ein Jahr vor der unverhofft vorgezogenen Bundestagswahl von 2005. Von den politischen Zeitungskommentatoren wurde die Kommunalwahl NRW unterschiedlich bewertet: "Wenig Spektakuläres" (M. Fritsch, Münstersche Zeitung v. 27.9.2004), "Eine Wahl mit vielen Siegern" (W. Schemann, Westfälische Nachrichten, Münsterischer Anzeiger, v. 11.10.2004) oder z.B. "Rotes Herzland bleibt schwarz" (Die Welt v. 27.9.2004). Einig waren sich viele politische Kommentare darin, dass die Kommunalwahl nur bedingt geeignet war, "generelle politische Trends für die anstehenden Entscheidungen auf Landes- oder Bundesebene" (2005) festzumachen (M. Fritsch, s. oben; ebenso z.B. der Universitätspolitologe W. Woyke aus Münster in einem Gastkommentar der Münsterschen Zeitung v. 28.9.2004).

Abb. 2: Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen 2004: Mehrheiten in den Kreisen und kreisfreien Städten sowie Wechsel zwischen 1999 und 2004 (Quelle: Die Welt vom 29.9.2004)

Je nach politischer Meinung gab es unterschiedliche "Sieger" oder "Verlierer". So ging zwar die CDU mit 43,4% deutlich als stärkste Kraft aus der NRW-Kommunalwahl hervor, büßte allerdings gegenüber der Kommunalwahl 1999 mit rd. 7% mehr Stimmenverluste ein als erwartet. Hinzu kam, dass bei den Oberbürgermeister-Stichwahlen die "OB-Sessel" in den Großstädten Gelsenkirchen, Hagen, Leverkusen, Mönchengladbach und Remscheid verloren gingen. Die SPD erhielt als zweiter "Sieger" immerhin 31,7% der Stimmen. Dies war jedoch das schlechteste Ergebnis der Partei bei Kommunalwahlen in NRW überhaupt (vgl. die Entwicklung seit 1975 in Abb. 1). Allerdings verstand die SPD - nach W. Woyke (28.9.2004) - "das Wahlergebnis als Wendepunkt ihres tiefen Absturzes seit der Ankündigung der Agenda 2010 im März 2003" [der Rot-Grünen Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder], was "eine Stabilisierung auf niedrigstem Niveau" (ebd.) bedeutete. Obwohl die SPD vor allem aufgrund der NRW-Kommunalwahl von 2004 13 der 23 Oberbürgermeister in NRW stellt (sie gewann neun der 15 Stichwahlen), blieb die CDU weiterhin stärkste Kommunalpartei, und zwar mit 27 Landräten (SPD nur vier) und mit 216 der 378 Bürgermeister (d.h. doppelt so viele wie die SPD); von den 427 Oberbürgermeistern, Bürgermeistern und Landräten insgesamt gehören seit 2004 253 der CDU an und nur 103 der SPD (Westfälische Nachrichten v. 12.10.2004). Wie die Abbn. 2 und 3 verdeutlichen, konnte zwar die SPD im Ruhrgebiet - vor allem im westfälischen Teil - eine Reihe von Großstädten und Landkreisen (z.B. den landesweit größten Kreis Recklinghausen) (zurück)erobern, allerdings "ist der Anteil der SPD-Stimmen im Ruhrgebiet trotz einzelner lokaler Zuwächse im Vergleich zu 1999 nochmals gesunken. Während die Sozialdemokraten bei der für sie katastrophalen Kommunalwahl vor fünf Jahren gerade noch 40,9% erreichten, bekamen sie (…) nur noch 39,2%. Der SPD bleibt nur die Schadenfreude, dass die CDU im Ruhrgebiet von 43,7 auf 36,6% abstürzte" (Die Welt v. 29.9.2004).

Abb. 3: Oberbürgermeister und Landräte in NRW aufgrund der Kommunalwahl NRW vom 26.9.2004 und 10.10.2004 im Vergleich zur Kommunalwahl 1999 (Quelle: Westfälische Nachrichten vom 12.10.2004)

Die kleineren politischen Parteien Grüne und FDP konnten sich im Vergleich zu 1999 verbessern. Die Grünen verkauften sich am Wahltag "als einziger Wahlsieger"; denn sie hatten im Vergleich zu 1999 um drei Prozentpunkte zugelegt und mit 10,3% Stimmenanteil die zweistellige Hürde übersprungen. Die Grünen gewannen in den Universitätsstädten Nordrhein-Westfalens, z.B. in Münster mit 19,4% gegenüber 11,2% in 1999, überproportional. Allerdings blieb die Partei, die in NRW (noch) zusammen mit der SPD im Landtag regierte, insgesamt hinter ihren ursprünglich gesetzten Erwartungen zurück. Dies galt auch für die FDP, die sich in der "Nach-Möllemann-Ära" aber immerhin mit 6,8% der Stimmen stabilisieren und sich berechtigte Hoffnungen auf eine Regierungsbeteiligung im Land Nordrhein-Westfalen ab 2005 machen konnte (M. Fritsch v. 27.9.2004).

Die "Sonstigen", wozu freie und unabhängige Wählergemeinschaften, aber auch die PDS (mit lediglich 1,4%) sowie rechtsextreme Parteien (wie NPD und DVU) zählten, kamen bei der Kommunalwahl in NRW 2004 insgesamt auf einen Anteil von 7,8%.

Abb. 4: Kommunalwahl in NRW 2004: Landesweites Wahlergebnis und Anteile in der Landschaftsversammlung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (Quelle: Münstersche Zeitung vom 28.9.2004)

Die Stimmenanteile bei der Kommunalwahl 2004 für die führenden Parteien in Nordrhein-Westfalen unterschieden sich - wie Abb. 4 zeigt - nur wenig von denjenigen für das sog. Westfalenparlament, die Landschaftsversammlung im Landschaftsverband Westfalen-Lippe. Diesem Kommunalparlament gehören 27 westfälische Kreise und kreisfreie Städte an. Bei der Kommunalwahl 2004 hat die CDU mit 43,8% der Stimmen westfalenweit ihre absolute Mehrheit verloren, blieb allerdings mit 47 von 102 Sitzen die größte Fraktion in der Landschaftsversammlung. Die SPD kam auf 35 Mandate, Bündnis 90/Die Grünen erhielten 10, die FDP sieben und die Unabhängigen Wählergemeinschaften drei Sitze (Münstersche Zeitung v. 28.9.2004).

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2007