Die Internationale Bauausstellung Emscher Park

01.01.2007 Hans-Werner Wehling

Abb. 1: Emscher Landschaftspark (östlicher Teil) sowie Projekte "Arbeiten im Park" und "Wohnen im Park" (Entwurf: H.-W. Wehling, Quellen: Ganser 1999, Dettmer/Ganser 1999)

Der Zerfall der montanindustriellen Grundlagen des Ruhrgebiets hat nicht nur zu einem immensen Verlust an Arbeitsplätzen geführt, sondern auch zunehmend Gewerbe- und Industrieflächen brach fallen lassen. Ausgedehnte Brachflächen entstanden vor allem beiderseits der Emscher.

Von 1989 bis 1999 wurde die Internationale Bauausstellung Emscher Park eingerichtet, um für diesen Raum neue Nutzungskonzeptionen und beispielhafte Projekte zu entwickeln und dabei Landschaft zu sichern und zu gestalten. Zum räumlichen Kernstück zwischen Duisburg und Hamm wurde der Emscher Landschaftspark, der in unterschiedlicher Breite entlang von Emscher und Rhein-Herne-Kanal die bestehenden regionalen Grünzüge miteinander verbindet (Abb. 1).

Abb. 2: Wissenschaftspark Rheinelbe, Gelsenkirchen (Foto: Stadt Gelsenkirchen)

Vor diesem Hintergrund wurden unter dem Motto "Arbeiten im Park" eine Reihe von hochwertigen Gewerbestandorten entwickelt, die eine spezifische Standortqualität durch die Verbindung mit dem Emscher Landschaftspark, durch einen hohen Freiraumanteil und durch die Vorgabe einer städtebaulichen Gesamtkonzeption erhielten. Fallweise wurden diese neuen Gewerbegebiete mit der Neunutzung alter Industriebauten oder der Entwicklung von Gründer- und Technologiezentren verbunden.

Der Wissenschaftspark Rheinelbe (Abb.2) in Gelsenkirchen verbindet unterschiedliche Elemente. Auf dem abgeräumten Zechengelände entstand zum einen in repräsentativer und mit dem Deutschen Architektenpreis ausgezeichneter Architektur hinter einer 300 m langen Glasarkade ein Technologiezentrum mit dem Schwerpunkt Solartechnik, zum anderen beherbergt das denkmalgeschützte und rekonstruierte ehemalige Thyssen-Verwaltungsgebäude heute das Arbeitsgericht Gelsenkirchen. Im südlichen Teil dominieren schließlich Gebäude der früheren Zeche Rheinelbe, die durch eine Fortbildungseinrichtung und ein Gründerzentrum genutzt werden.

Unter dem Motto "Wohnen im Park" wurden vorhandene Siedlungsbereiche erneuert und zum Teil durch moderne Erweiterungen ergänzt. Umgeben von Schachtanlagen, Zechenbahn und Halde war die Siedlung Schüngelberg (Abb.3) in Gelsenkirchen von 1897 bis 1919 mit verschiedenen Baustilen und Siedlungskonzeptionen als Bergarbeitersiedlung entstanden. Wenngleich ein Totalabriss in den 1970er Jahren verhindert werden konnte, blieb die Perspektive der Siedlung lange unklar.

Abb. 3: Siedlung Schüngelberg, Gelsenkirchen (Quelle: Beierlorzer, Boll, Ganser 1999)

Kernstück des IBA-Projekts war daher die Erneuerung des totgesagten Siedlungsstandorts zwischen mittlerweile still gelegter Zeche, Halde und Zechenbahn. Aber erst die Verknüpfung der denkmalgerechten Erneuerung von etwa 300 Wohneinheiten in der alten gartenstädtischen Siedlung mit dem Bau von rund 200 neuen Bergarbeitermietwohnungen und einer dreizügigen Kindertagesstätte gaben dem Siedlungsstandort die notwendigen Strukturverbesserungen für eine nachhaltige Bestandsentwicklung.

Daneben entstanden auf montanindustriellen Brachflächen neue Siedlungsbereiche unterschiedlicher Größe und Differenzierung.

In Bottrop wurde 1986 die Zeche Prosper III geschlossen und danach bis auf die Torhäuser, eine Platanenallee am alten Zecheneingang und einen Teil der Zechenmauer abgerissen. Im Rahmen der IBA entstand hier ein neuer Stadtteil (Siedlung Prosper, Abb. 4) mit insgesamt 450 Wohnungen, einem Gewerbegebiet mit Gründerzentrum, einem kleinen Nahversorgungszentrum, einer Kindertagesstätte und einem Stadtteilpark.

Abb. 4: Siedlung Prosper, Bottrop (Foto: H. Blossey)

Der Wohnbereich gliedert sich in zwei Teile. Zum einen entstand ein mehrgeschossiges Wohnquartier mit 246 Mietwohnungen, zum anderen die Gartensiedlung Beckheide mit 130 Eigenheimen in vorwiegend zweigeschossigen Reihenhäusern. Kern des neuen Stadtteils ist der zwischen beiden Siedlungsteilen liegende Prosper-Hügel. Technisch ist er das Ergebnis von Altlastensanierung und Bodenaufbereitung, gestalterisch ein künstlicher Park, funktional ein wohnstandortnahes Naherholungsgebiet, das über ein Fuß- und Radwegenetz mit dem Grünzugsystem und den Parks der Stadt Bottrop verknüpft ist. Die von den Planern intendierte verknüpfende Wirkung des Parks hat sich jedoch heute eher in eine akzeptierte Trennwirkung zwischen zwei sozial sehr unterschiedlichen Siedlungsteilen verkehrt.

Dies ist ein Indiz für die Tatsache, dass nicht bei allen IBA-Wohn- und Gewerbeprojekten die Erwartungen erfüllt wurden, weil sich die neuen Gewerbegebiete aufgrund der regionalen Wirtschaftslage nicht oder nicht so schnell oder nicht mit den gewünschten Betrieben auffüllten und neue Wohnquartiere aufgrund der architektonischen Gestaltung nicht problemlos von der Bevölkerung angenommen wurden. Dennoch haben alle diese Projekte beispielhafte städtebauliche Akzente gesetzt, die heute gestalterisch innerhalb und außerhalb des IBA-Planungsgebietes nachwirken.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2007