Bundestagswahl 2009 – NRW im Bundestrend

01.01.2010 Heinz Heineberg

Abb. 1: Bundestagswahl 2009 – Ergebnisse (Zweitstimmenanteile) für die Bundesrepublik Deutschland und Nordrhein-Westfalen, Veränderungen gegenüber 2005 (Quellen: Bundeswahlleiter, Wahlleiterin NRW)

"Die Wähler haben heute zwei Dinge entschieden: Erstens, es gibt einen Machtwechsel unter Angela Merkel; sie kann fortan mit ihrem Wunschpartner, der FDP, regieren. Und zweitens, die SPD ist von ihrem schlechten Ergebnis vom letzten Mal noch einmal so viel tiefer gefallen, dass die Verluste der ehemals großen Volkspartei den Sieg von Schwarz-Gelb beinahe schon überschatten", so kommentierte Claus Kleber im "ZDF heuteJournal" nach Bekanntwerden verlässlicher Hochrechnungen am Wahlabend des 27.9.2009.

Die bisherige Bundeskanzlerin Merkel konnte – nach einer Legislaturperiode der Großen Koalition von Union (CDU/ CSU) und SPD – weiterregieren, wenngleich mit dem schlechtesten Ergebnis der Union seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Denn die CDU/CSU erhielt lediglich 33,8% der Stimmen (Abb. 1), – trotz Ausrichtung des Wahlkampfes auf Angela Merkel. Damit ist die Union deutlich unter den eigenen Erwartungen geblieben, jedoch resultieren ihre Verluste von -1,4% gegenüber 2005 großenteils aus dem schlechten Abschneiden der CSU in Bayern.

Abb. 2: Bundestagswahl 2009 – Direktmandate (Erststimmen) in den Wahlkreisen NRWs (Quelle: IT.NRW)

Die SPD (mit ihrem Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier) lag mit nur 23% – dem schlechtesten bisherigen Bundestagswahlergebnis – weit abgeschlagen hinter der Union. Der Verlust von -11,2% gegenüber der Bundestagswahl von 2005 (s. Beitrag Heineberg) war dramatisch. Demgegenüber hat sich die FDP (mit ihrem Spitzenkandidaten Guido Westerwelle) im Vergleich zu 2005 mit 14,6% (ein Plus von 4,7%) enorm gesteigert und damit das Vorhaben einer schwarz-gelben Koalition "gesichert". Beachtlich war auch das Abschneiden der Partei Die Linke mit 11,9% (+3,2%), die sogar Bündnis90/Grüne mit 10,7% (+2,6%) übertroffen hat. Für die drei "kleinen" Parteien FDP, Linke und Grüne waren es die bisher besten Wahlergebnisse bei einer Bundestagswahl. Unter den zahlreichen sonstigen Parteien (zusammen 6%) war die neue Partei der Piraten mit 2% am stärksten.

Aus dem "Spagat" der Großen Koalition, deren gemeinsame Arbeit im letzten Regierungsjahr von einer großen Wirtschafts- und Fi­nanzkrise überschattet bzw. geprägt wur­de, ist die Union so­mit mit einem vergleichsweise guten Wahlergebnis herausgekommen, während die SPD offenbar weniger von den vielfältigen Bemühungen um Krisenbewältigung (etwa unter dem Engagement des früheren SPD-Finanzminis­ters Peer Steinbrück) profitieren konnte.

Abb. 3: Bundestagswahl 2009 – Relative Mehrheiten (Zweitstimmen) in den Wahlkreisen NRWs (Quelle: IT.NRW)

Kennzeichnend für die Bundestagswahl 2009 war außerdem das "historische Tief" in der Wahlbeteiligung von lediglich 72,2% (Differenz zu 2005: -5,5%). Die Wahlergebnisse, bezogen auf das Bundesland Nordrhein-Westfalen, spiegeln weitgehend den Bundestrend wider (Abb.1). Auch in NRW wurde die CDU die stärkste politische Kraft. In Bezug auf das Zweitstimmenergebnis lag die CDU mit 33,1% nur wenig unter dem Bundesdurchschnitt, und die Verluste von -1,3% waren vergleichsweise gering. Die SPD erzielte mit 28,5% in NRW zwar 5,5% mehr Zustimmung als auf Bundesebene, verlor jedoch auch im einwohnerstärks­ten Bundesland mit -11,5% gegenüber 2005 ganz erheblich. Die FDP gewann 4,9% im Verhältnis zu 2005 dazu und lag mit 14,9% ungefähr im Bundesdurchschnitt. Auch Bündnis90/Grüne konnten mit +2,5% mehr Wähleranteile erzielen und lagen mit 10,1% nur wenig unter dem Bundesdurchschnitt. Die Partei Die Linke kam mit 8,4% auf einen Wert deutlich unterhalb des BRD-Durchschnitts, gewann jedoch mit +3,2% ebenfalls beachtlich dazu.

Auch in Nordrhein-Westfalen hat sich somit mit dem Erstarken der kleineren Parteien – ähnlich wie in den vorangegangenen Wahlen im "Superwahljahr" 2009 (u. a. Europawahl → Beitrag Heineberg, Kommunalwahlen in NRW → Beitrag Heineberg) – die "Parteienlandschaft" deutlich verändert. Die Parteiendemokratie ist seit 2005 auf Bundesebene und – wie es das Beispiel NRW zeigt – auch auf Länderebene bunter und vielgestaltiger geworden.

Die dramatischen Verluste der SPD im Verhältnis zur Bundestagswahl 2005 werden auch auf der regionalen Ebene in Nordrhein-Westfalen bzw. in Westfalen deutlich. In einer Reihe von Wahlkreisen im Münsterland, Sauerland und im Rheinland hat die CDU Direktmandate (Erststimmen) gewonnen, die bei der Bundestagswahl 2005 noch an die SPD gefallen waren (Abb.2). Auch konnte die SPD – anders als 2005, als sie noch stark im Ruhrgebiet dominierte – in Nordrhein-Westfalen keine absoluten Zweitstimmen-Mehrheiten in den Bundeswahlkreisen mehr gewinnen. Allerdings erzielte die SPD in Köln (Wahlkreis Köln III), im Ruhrgebiet und in zwei Wahlkreisen von Ostwestfalen-Lippe (Herford-Minden-Lübbecke II und Lippe I) relative Mehrheiten (Abb. 3). Während die FDP bei der Bundestagswahl 2009 außerhalb des Ruhrgebietes (nahezu "flächende­ckend") relativ hohe Stimmenanteile erhielt (Abb. 4), waren die Gewinne der Grünen nicht nur in Universitäts-Großstädten wie in Aachen oder Münster relativ hoch, sondern auch in Wahlkreisen des Rhein-Ruhr-Gebietes (Abb. 5). Vor allem im Ruhrgebiet – der traditionellen "Hochburg" der SPD –, aber auch in einigen Wahlkreisen des Rheinlands (z. B. in Düsseldorf II und Köln III) gewann die Partei Die Linke verhältnismäßig hohe Stimmenanteile (z. T. rd. 10%), häufig zuungunsten der SPD. In wieweit sich der Bundestrend in Nordrhein-Westfalen fortsetzt, wird die nächs­te Landtagswahl in NRW im Mai 2010 zeigen.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2010