Apotheken in Westfalen weiter stark rückläufig

20.02.2020 Rudolf Grothues

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Die Zahl der Apotheken in Westfalen ist im Laufe des Jahres 2019 zum 15. Mal in Serie weiter stark gesunken: 11 Neueröffnungen standen dabei 65 Schließungen gegenüber. Das ist der stärkste Rückgang in der Geschichte der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL). Anfang 2020 liegt die Gesamtzahl der Apotheken laut der AKWL bei 1.868. Die stärksten Rückgänge gab es 2018 in den Städten Gelsenkirchen (5 Schließungen), Hagen (4), Recklinghausen (3).

Die AKWL sieht durch den Rückgang nach wie vor zwar keine akute Gefahr für die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln. "Aber in einigen Regionen und Städten wird die Luft allmählich dünner. Wir brauchen daher stabile Rahmenbedingungen, damit die Apotheken auch weiterhin die flächendeckende Versorgungen über Tag und in der Nacht gewährleisten können", so Dr. Andreas Walter, AKWL-Hauptgeschäftsführer, in einer Pressemitteilug Ende 2019.

Fast ein Viertel der Apotheken wird mittlerweile als Filiale betrieben. Dieser Anteil stieg in den letzten Jahren kontinuierlich. Im Umkehrschluss heißt dies: Im Landesteil Westfalen gibt es inzwischen nur noch 1.397 Apothekeninhaber/-innen. 2018 waren es noch 1.541, vor 15 Jahren sogar noch 2.256. Dafür gibt es 471 Filialapotheken. Hauptgründe sind mangelnde wirtschaftliche Aussichten, Konkurrenz mit Versandapotheken und die Überalterung der Betreiber. Fast 500 Inhaber/-innen sind über 60 und rd. 10% über 70 Jahre alt.

Abb. 1: Apothekendichte in Westfalen Ende 2018 (Kreise und kreisfreie Städte) (Quelle: Apothekerkammer Westfalen-Lippe)

Situation auf Kreisebene

Abbildung 1 zeigt die Apothekendichte über das westfälische Verbandsgebiet Ende 2018. Im Durchschnitt kommen 4.355 Einwohnerinnen und Einwohner auf eine Apotheke. Dabei erscheint die Spannweite zwischen Minimum- und Maximumwerten relativ überschaubar. Während sich in Münster rd. 3.600 Einwohner/-innen eine Apotheke teilen (2018 noch 3.400), sind es in Bottrop rd. 5.300 (2018: 4.800). Überdurchschnittlich hohe Werte sind im Ruhrgebiet zu finden, aber auch in einigen Kreisen in Ostwestfalen-Lippe und in Bielefeld. Eine relativ niedrige Apothekendichte weisen die südwestfälischen Kreise auf. Trotzdem vermittelt die Darstellung auf Kreisebene eine gewisse Ausgeglichenheit der Apothekenverteilung, z.B. zwischen Stadt und Land.

Abb. 2: Apothekendichte in Westfalen 2018 (Städte und Gemeinden) (Quelle: AKWL, eigene Berechnungen)

Situation auf kommunaler Ebene

Betrachtet man aber die Apothekendichte bei den Städten und Gemeinden (Stand 10.01.2018: 1.968 Betriebe), tritt eine deutlich größere Spannweite auf. Dabei fällt auch auf, dass die besten Versorgungsrelationen in den ländlich gelegenen kleineren Orten zu finden sind (Abb. 2). Die wenigsten Einwohner je Apotheke sind z.B. in Beverungen festzustellen: Dort exisitieren sechs Apotheken bei gerade einmal rd. 13.400 Einwohnern. Allerdings besitzt Beverungen 12 Ortsteile, und man würde nun vermuten, dass sich die Apotheken dort gleichmäßig verteilen. Das ist aber nicht so. Von den insgesamt sechs Betriebsstätten haben sich fünf im Hauptort Beverungen (knapp 7.000 Ew.) angesiedelt und nur eine weitere in Dahlhausen (rd. 1.800 Ew.). Ähnliche Verteilungen sind in dieser Größenklasse oft zu finden: So befindet sich auch in Lienen und Heek der größere Anteil der Apotheken im Hauptort und nur eine weitere im nächst größeren Ortsteil. In Steinheim konzentrieren sich alle fünf Apotheken in einem Radius von etwa 1 km im Hauptort, während in den acht weiteren Ortsteilen keine einzige zu finden ist.

Wichtigstes Ansiedlungskriterium ist die Nähe zu einem verordnenden (Haus-)Arzt. Durchschnittlich entfallen rd. 80% des Umsatzes auf die Abgabe rezeptflichtiger Arzneimittel und nur jeweils knapp 10% auf nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sowie das übliche Randsortiment (AKWL 2018).

Am anderen Ende der Skala sind auch wieder vor allem kleinere und mittlere Städte zu finden, in denen sich viel mehr Menschen eine Apotheke teilen müssen. Spitzenreiter dabei ist Borchen, wo sich rd. 13.400 Einwohner auf nur eine Apotheke verteilen, d.h. hier ist eine relativ weite Anfahrt für viele Kunden zur nächsten Apotheke zu erwarten.

Wenn es in bestimmten Stadtteilen oder kleinen Orten keine Apotheke (mehr) gibt, ist das oftmals eine Folge des Ärzte/-innenmangels bzw. der Konzentration von Ärzten in bestimmten Stadtteilen bzw. Ärztezentren.

In diesem Zusammenhang fallen die Großstädte in Westfalen im wesentlichen mit guten bis sehr guten Einwohner je Apotheken-Relationen auf. Dort ist auch eine homogene Verteilung der Standorte auf die Stadtteile zu beobachten, weil die meisten über einen ausreichenden Mindesteinzugsbereich und vor allem über eine entsprechende Anzahl naheliegender Ärzte verfügen.

Insgesamt wird mittelfristig eine weitere Verschlechterung der direkten Medikamentenversorgung und -beratung sowie des Nacht- und Notdienstes im ländlichen Raum befürchtet, da neben nötigen Fachkräften vor allem der Hausärztebestand weiter rückläufig ist. Der Bezug von Arzneimitteln über das Internet ist hingegen (noch) nicht relevant. Der Umsatz liegt im rezeptpflichtigen Bereich bei einem Marktanteil von unter 1% (ebd.).

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2018, Aktualisierung 2020