In acht Abteilungen mit insgesamt über 150 Exponaten beleuchtet die Ausstellung "Eiskalte Leidenschaft" die Geschichte der Eismacherinnen und Eismacher von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis heute.
Die Täler Zoldo und Cadore gehörten bis 1866 zum Königreichs Lombardo-Venetien und damit in den Einflussbereich der Habsburger Monarchie. Entsprechend zogen die ersten Eismacher Mitte des 19. Jahrhunderts zunächst in die Regionen der Donau-Monarchie, nach Österreich und Ungarn.
Zur Zeit der Jahrhundertwende war die Zubereitung von Speiseeis eine aufwändige und mühsame Arbeit. Zur Herstellung der Eisspezialitäten wurde von vielen Eismachern eine Eismaschine mit Kurbelantrieb verwendet. Der untere Teil der Maschine bestand aus einem Holzbottich mit einem Innengefäß aus Metall, dass durch den Kurbelantrieb der Maschine rotierte. Der Zwischenraum zwischen Bottich und Metallgefäß wurde zur Kühlung mit zerstoßenem Eis gefüllt.
Nachdem Ende der 1920er Jahre in vielen deutschen Städten die ersten italienische Eisdielen eröffnet hatten, etablierten sich in den 1930er Jahren mehr und mehr Eisdielen im Ruhrgebiet. Getrieben von der wirtschaftlichen Not in den Heimattälern und der Hoffnung auf gute Geschäfte in Deutschland entschlossen sich viele Familien zur Saisonwanderung. Die politische Nähe zwischen den faschistischen Regimes in Italien und Deutschland begünstigte die Zuwanderung.
Bis zum Ersten Weltkrieg waren meist nur die Männer in den Norden gezogen. Da sich der Verkauf des Eises nun zunehmend vom Straßengeschäft in feste Eisdielen verlagerte, folgten die Frauen nun verstärkt ihren Männern. Sie halfen bei der Bewirtschaftung und Bedienung in den Eisdielen. Die Kinder blieben in der Regel bei den Großeltern in Italien.
Das Jahr 1943 beendete die Hochphase der italienischen Eismacher in Deutschland. Nach dem Sturz Mussolinis zerbrach die deutsch-italienische Koalition. Aus Freunden wurden Feinde. Viele Gelatieri verkauften ihre Eisdielen und zogen nach Italien zurück. In der Hoffnung auf ein baldiges Kriegsende lagerten andere das Inventar ihrer Geschäfte bei Bekannten ein, um nach dem Krieg schnell einen Neuanfang beginnen zu können. Während der Bombenangriffe auf das Ruhrgebiet wurden in den letzten Kriegsjahren auch zahlreiche Eisdielen zerstört.
Bereits wenige Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs kehrten die italienischen Eismacher nach Deutschland zurück und nahmen in den weitgehend zerstörten Städten des Ruhrgebiets ihr Handwerk wieder auf. Die ersten Eisdielen entstanden in provisorischen Baracken. Aufgrund der Lebensmittelknappheit hatten viele Eisdielen zunächst nur wenige Stunden am Tag geöffnet und schlossen, sobald das letzte Eis verkauft war.
Die 1950er und 1960er Jahre entwickelten sich zur Hochphase der italienischen Eisdielen in Deutschland. Wiederaufbau und Wirtschaftswunder kurbelten die Nachfrage an. Viele Eisdielen wurden mit modernster Ausstattung neu eröffnet. Allein in Dortmund gab es Mitte der 1960er Jahre über dreißig italienische Eisdielen. Mit der Verbindung von italienischem Flair und modernem Design entsprachen sie dem Zeitgeist und wurden vor allem bei Jugendlichen zu gesuchten Treffpunkten. In Schlagern und Filmen dieser Zeit war Italien ein beliebtes Thema und der erste Auslandsurlaub führte für viele Deutsche nach Italien. Die italienischen Eisdielen brachten den Urlaub vor die eigene Haustür.
Wenn der Vater mit dem Sohne - Familienbetrieb Eisdiele
Während die Eltern die Sommermonate in Deutschland verbrachte, blieben die Kinder bei den Großeltern in Italien oder besuchten ein Internat. In den Sommerferien reisten viele Kinder zu den Eltern nach Deutschland. Der Kontrast zwischen Italien und Deutschland war groß. Nicht nur Sprache und Gebräuche waren andere, auch der Gegensatz zwischen den kleinen Bergdörfern und den Großstädten des Ruhrgebiets beeindruckte die Kinder.
Kontakt per Brief und Telefon
In den Monaten der Trennung blieben die Familien per Brief und Telefon in Kontakt. Schriftlich wurde von Todesfällen, Geburten und Hochzeiten berichtet und vor allem vom Alltag in Deutschland und Italien erzählt.
In den Bergdörfern herrschte reges Treiben. Die Eismacher aus aller Welt waren für einige Monate in ihrer Heimat mit ihren Familien vereint. Sie genossen das gemeinsame Leben und zeigten stolz den errungenen Wohlstand. Die Ferien im Heimatdorf brachte vielen die notwendige Ruhepause vor der nächsten anstrengenden Saison in der Eisdiele.
Viele alt eingesessene Eismacherbetriebe haben Nachwuchsprobleme. Die Kinder der Eismacher wollen vielfach die aufreibende und beschwerliche Saisonarbeit in Deutschland nicht auf sich nehmen. Sie streben hoch qualifizierte Berufe an und finden ansprechende Tätigkeiten in Italien. Mittlerweile werden etliche „italienische Eisdielen“ nicht mehr von traditionsreichen Eismachern aus dem Zoldo- oder Cadore-Tal betrieben, sondern von Deutschen oder Zuwanderern aus anderen Regionen Europas.
Begleitprogramm