14.12.2012 bis 1.5.2013
Vor der Einführung des Computers wurden die Stoffmuster für Kleidungsstücke von Hand gezeichnet. Wie solche Entwürfe angefertigt wurden und welch filigrane Kunstwerke dabei entstanden, zeigt die neue Schau „Popeline-Kollektion – Von der Idee zum Gewebe“ im TextilWerk Bocholt. In der Weberei des Industriemuseums wird eine Auswahl kunstvoller Unikate des Dessinateurs Wilhelm Bollwerk zur Schau gestellt. Sie sind zuvor noch nie öffentlich präsentiert worden.
Nur wenige Zentimeter groß sind die Muster und Entwürfe des Designers, Webmeisters und Diplom-Ingenieurs. Er fertigte sie Mitte zwischen 1954 und 1965 zum Beispiel für Blusen- und Schlafanzugstoffe an, und zwar nur mit Hilfe von Reißbrett und -feder, Pinsel, Lineal und Farbe.
Popeline ist die Bezeichnung für ein feingeripptes, leinwandbindiges Gewebe. Es kann aus Baumwolle, Seide, Wolle, Viskose, Polyester oder Fasermischungen hergestellt werden und eignet sich besonders für Oberhemden, Blusen, Kleider und Jacken. Der Namen stammt aus dem Französischen 'papeline'. Das Wort „pape“ zeugt von seiner Herkunftsstadt Avignon, die im 14. Jahrhundert Sitz des Papstes war.
Das Geheimnis des strapazierfähigen Gewebes steckt im Zusammenwirken von dichten, feinen Kettfäden und einer lockerer Schusseinstellung. In Kombination mit Schussfäden aus dickerem, etwas weicher gedrehtem Material, entsteht die charakteristische feinrippige Qualität, die bis heute Dessinateure herausfordert.
Wilhelm Bollwerk stellte sich dieser Herausforderung mit Begeisterung. Am Höhepunkt seiner Karriere 1964 wurde er zum Chef-Dessinateur der Bocholter Firma „Kersten & Sohn". Der 1883 unter dem Namen „Stern & Löwenstein“ gegründete Betrieb gehörte zu den größten der Stadt. Die Kollektionen an hochwertigen Popelinen galten bis in die 1960er Jahre als besonders "stark" - auch ein Verdienst von Wilhelm Bollwerk.
Als Dessinateur wirkte er an der Entwicklung die Stoffkollektionen mit. Er skizzierte und zeichnete mit verschiedenen Mitteln und war ständig auf der Suche nach neuen Kompositionen. Inspiration fand er in Zeitschriften, im Theater, im Kino und natürlich auf Messen. Um Sujets zu realisieren, brauchte er aber auch Fachwissen über Rohstoffe, Produktionsverfahren, Färbe- und Veredlungsmöglichkeiten der Gewebe. Nur so konnte der Dessinateur Musterzeichnungen als Grundlage für die technische Umsetzung in der Textilproduktion gestalten. Nach Beratung wurden ausgewählte Stoffmusterentwürfe zunächst auf Patronenpapier übertragen und anschließend als Musterkollektion gewebt, mit denen dann um Kunden in der Konfektionsindustrie geworben wurde.Heute werden die Entwürfe vielfach direkt an CAD-Systemen rein gezeichnet und koloriert.
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