QUELLE

DATUM1913   Suche   Suche DWUD
URHEBER/AUSSTELLERSellmann, Adolf
TITEL/REGESTDer Kampf um den Kino
TEXTDas Kinogewerbe steht noch mitten in einem heißen Kampfe. Am heißesten tobt er immer noch unter den Kinobesitzern. Sie haben immer noch keine straffe, überlegene und von Gesichtspunkten geleitete Gesamtorganisation. Natürlich spitzt sich der Kampf am schärfsten lokal zu, oft unter den bedauerlichsten, unfairsten Formen. Die Reklame gibt genügende Beweise. Früher überbot man sich in den "Wochen", heute sucht man sich gegenseitig die Monopolfilme abzujagen, deren hoher Preis meist im umgekehrten Verhältnis zu ihrem innern Werte und ihren Herstellungskosten steht. Ähnlich heftig und unfair auf dem Monopolgebiete ist vielfach der Kampf der Filmfabriken unter sich. Wie soll man z. B. das Gebaren der französischen Firma Pathé kennzeichnen, die den künstlerisch und technisch sehr hochstehenden, sorgfältig vorbereiteten und in Regie gesetzten vieraktigen italienischen Film "Die Jungfrau von Orleans" mit einem hastig herausgebrachten kleinen Film gleichen Namens niederzukonkurrieren sucht?

Einig sind allerdings die Kinobesitzer im Kampfe gegen den "äußeren Feind", vor allem gegen Polizei und Zensurbehörde. Der rapiden Entwicklung des Kinematographen konnte die Gesetzgebung und Verwaltung nicht in gleichem Tempo folgen. Allmählich hat sie allerdings engere Fühlung genommen. Die polizeilichen Vorschriften sind schärfer geworden. Der Kinderschutz ist weiter ausgedehnt. Dem ästhetisch und ethisch vielfach auf sehr niedriger Stufe stehenden Plakat- und Reklameunwesen rückt man energischer zu Leibe. Die reichsgesetzliche Regelung der Konzessionspflicht steht vor der Türe. Eine landesgesetzliche Eindämmung anderer Kinoschäden bzw. die Schaffung eines Kinorechts ist zu erhoffen.

Heiß war auch der Kampf zwischen Kino und Theater. Anfangs richtete sich der Bühnenverein gegen jede Mitwirkung der Schauspieler beim Filmdrama. Man hat längst umgelernt, aber beendet ist der Kampf doch nicht. Am besten zieht sich jedes der beiden Kulturinstitute auf sein Sondergebiet zurück. Sicherlich werden beide einst in Frieden leben.

Zu einer begeisterten Freundin des Kinos ist die Masse geworden. Aber die Gebildeten? Die Presse? Durchweg sind ihm beide noch feind. Feind sind ihm durchweg auch die Stadtbehörden. Immerhin erachteten sie den Kino für ein sehr geeignetes Ausbeutungsobjekt. Durch bis zur Erdrosselung gesteigerte Lustbarkeitssteuern hat man vielfach schon kleinern Kinos den Atem benommen. Gegen derartige Erdrosselungssteuern kann vom Standpunkte der Steuergerechtigkeit aus nicht energisch genug protestiert werden. Es ist ebenso ungerecht wie kurzsichtig, wenn durch solche Kräfteentziehung auch den gutgewillten reformfreundlichen Kinos die Existenz sehr erschwert, ja oft unmöglich gemacht wird.

Das Kinogewerbe selbst hat den gegen es geführten Kampf mit der Zeit abzuschwächen gesucht durch teilweise Veredlung der Branche. Schon die Konkurrenz der bessern Leistung führte dazu. Beste Schauspieler wurden engagiert, berühmteste Schriftsteller durch Geld bewogen, ihre Werke der Kurbel auszuliefern, grandioseste Szenen mit imponierendster Technik gestellt. Der gute Wille mancher Filmfabriken, aus dem Kinosumpf herauszukommen, kann also gerechterweise nicht geleugnet werden. Gleichwohl war der literarische und künstlerische Ertrag durchweg sehr gering. Fast ausnahmslos gilt das von den Autorenfilmen, denen man durchweg die Etikette "Kitsch" anheften kann. Der Schmarrenfilm "Atlantis" ist der jüngste und zugleich einer der schmählichsten Beweise dafür.

Die stärksten Feinde aller Reform erwachsen aber dem Kino von außen. Daß unter den Reformern von Anfang an gerade die Lehrerschaft stark vertreten war, liegt in dem Beruf des Lehrers. Schon früh dachte man in diesen Kreisen daran, den Film als eines der lebendigsten und wirkungsvollsten Anschauungsmittel für den Unterricht zu verwerten. Aber ehe man zur positiven Arbeit schreiten konnte, musste der Schutt und Schund ausgeräumt, mussten die Auswüchse beseitigt werden. So kam es, daß Kinogewerbe bzw. Kinopresse und Lehrerschaft sich von Anfang an nicht allzu freundlich gegenüberstanden. Aber der Kampf scheint jetzt erst recht zu entbrennen. Gerade hier in Westdeutschland. Die Lehrerschaft hat anfänglich nicht darauf reagiert. Das geht nun nicht mehr länger an. Bei dieser Abwehr darf kein Zwiespalt in unsere Reihen kommen. Ob Lehrer oder Lehrerin, ob Seminariker oder Akademiker, ob Katholik oder Protestant: Schulter an Schulter müssen wir kämpfen gegen den Schund und für die Ausnutzung des Kinos im Interesse des Unterrichts, der Jugendpflege und der Volksbildung.

Die Angriffe der sogenannten "Fachpresse" des Kinogewerbes sind, abgesehen von der sachlichen Seite, auch insofern des Registrierens wert, als sie ein äußerst beschämendes Schlaglicht werfen auf den geistigen Tiefstand der Mehrzahl dieser "führenden Männer" des deutschen Kinogewerbes. Jeder objektive Beurteiler muss zugeben, daß ein derartiges Geknäuel, ein solches Wirrsal von Zerfahrenheit, Ziel- und Richtlosigkeit, ein solches Fehlen höherer, durch das ernstliche Interesse für wahre Volksbildung gewählter Gesichtspunkte, ein solcher Mangel lieterarischen Anstandsgfühls, eine solche stilistische Unbeholfenheit und redaktionelle Unfähigkeit, eine solch skrupellose, überwiegend von Geschäftsinteressen diktierte Anpreisung von Schund wohl kaum in einer andern Branche ihresgleichen hat. Von dieser Beurteilung können wir nur wenige Zeitschriften der Fach-(Geschäfts-)Kinopresse ausnehmen.

Wir begnügen uns heute, das Elaborat einer Fachzeitschrift niedriger zu hängen, die sich anmaßt, "führend" zu sein, ja sogar behauptet, für die Kinoreform tätig zu sein. Es ist der "Kinematograph" (Düsseldorf, Redakteur Emil Perlmann). Über welches Maß literarischen Anstandsgefühls und über welchen Grad von Sprach- und Stilgefühl er verfügt, ersieht man aus folgendem Artikel der Nummer vom 25. Juni 1913.

"Kinoautoritäten

Es sind ihrer zwei, die am meisten von sich reden machen, sich als Kinoautoritäten ausgeben und auch allgemein als solche angesprochen werden, ohne darauf Anspruch zu haben. Was da noch so nebenher mitläuft, ist weiter nicht beachtlich. Der eine ist der Beirat der Berliner Zensur, Prof. Dr. Brunner, macht nebenbei in patentierten Sittlichkeitsbestrebungen, der andere, Prof. Dr. Sellmann in Hagen, dem die Kinosorgen die pädagogischen Grundsätze durcheinandergeworfen haben.

Von ihrem Hauptberuf anscheinend nicht sonderlich in Anspruch genommen, widmen sie ihre freie Zeit, wie alle Kinoschwärmer, Kinobesuchen. Scheinen auch beide von jenem Einfluß, den nach ihrer Behauptung der Film auf das Publikum ausübt, nicht unberührt geblieben zu sein, soweit dies aus ihrem Verhalten zu der Kinofrage zu beurteilen ist. Trotzdem irren sie, wenn sie glauben, daß der Filmzauber bei allen Besuchern den gleichen Eindruck hinterläßt. Für viele fängt das psychologische Interesse an der Handlung, die Erbauung an der Kunst erst dort an, wo die beiden durch das Attentat auf ihre schamhaften Gefühle bereits einen Nervenschock erlitten haben. Zwischen deren subjektiven Anschauungen und der objektiven Wahrheit besteht demnach ein unüberbrückbarer Abgrund, und erst wem es gelingt, unter Hintenansetzung eigner Meinung diese scharfen Gegensätze in objektiver Weise zu erfassen, dessen Urteil darf dann in dieser Weise ein autoritatives genannt werden. Da aber unsere beiden Autoritäten außer ihren häufigen Kinobesuchen durch kein anderes Verdienst um die Kinofrage einen Befähigungsnachweis zu einem Gutachter erbracht haben, so werden sie auch zu Unrecht als Kinoautoritäten angesehen.

Leider stirbt bei uns jene Menschensorte nicht aus, die jedem, dem durch die Obrigkeit bescheinigt worden, daß er sich einen Doktor oder Professor auf der Schulbank, der rauhen Wirklichkeit enthoben, ersessen hat, ohne weiteres als eine Autorität ansieht, wenn er sich nur herbeiläßt, seine maßgebliche Meinung irgendeinem Gebiete zuzuwenden, auch wenn dessen Leistungen zu dieser Auszeichnung in argem Mißverhältnis stehen. Zumal wenn es sich um Gebiete handelt, die dem eigentlichen Wirkungskreise desselben völlig fernstehen. Dadurch wird denn jenes gesteigerte Hochgefühl erzeugt und gefördert, das diese Leute andern Sterblichen gegenüber zur Schau tragen.

Als Autorität kann vernünftigerweise doch nur der gelten, der in irgendeiner Weise ein rein objektives Gutachten unter gerechter Würdigung aller dabei mitspielenden Nebenumstände abzugeben vermag, und bei dem vorausgesetzt werden muß, daß er die Beziehungen der verschiedenen Nebenumstände zueinander genau kennt und zu deren Beurteilung befähigt ist. Diese Fähigkeit geht aber unsern beiden Autoritäten vollständig ab, oder sie müsste zum mindesten erst erwiesen werden."

Daraus stellte ich einen längeren Aufsatz mit der Überschrift "Kinoautoritäten" zur Verfügung. Er sollte zeigen, daß der Kino eine rechtliche, finanzielle, technische, volkswirtschaftliche, verwaltungstechnische und pädagogische Seite habe, und dartun, daß sich niemand auf dem gesamten Gebiete des Kinowesens als Autorität ausgeben, daß der einzelne nur eine Seite gründlich kennen könne. Dieser Artikel wurde wohl deshalb aufgenommen, weil ich die Frage rein sachlich behandelte und auf die Angriffe auf meine Person mit keiner Silbe Bezug nahm. Der Schriftleitung hoffe ich damit den Beweis erbracht zu haben, daß sich derartige Streitfragen in vornehmer und sachlicher Weise erledigen lassen. Doch der "Kinematograph" hatte nichts daraus gelernt. In der Nummer vom 9. Dezember 1913 griff er den Lehrerstand in so persönlicher und gehässiger Weise an, wie ich Ähnliches noch nirgends gelesen habe:

"Das Verhalten der Pädagogen hat noch ein anderes Gesicht. Diese sind zurzeit das unerträglichste und anmaßendste Volk unter der Sonne. In alle Gebiete drängen sie sich hinein und maßen sich überall die Führung an, als ob sie die einzigen berufenen Vertreter der Intelligenz wären.

Ein Schulbeispiel liefert uns das Verhalten der Lehrer auf dem Gebiete der Jugendliteratur. Dort haben sich die Volksschullehrer im Bewußtsein ihrer höhern Intelligenz durch Gründung von Prüfungsausschüssen ein Monopol geschaffen und bekämpfen nun alles, auch die anerkannt hervorragendsten Jugendschriften, in einer persönlichen, unsachlichen, unlautern Beweggründen entspringenden Weise, die niedriger gehängt zu werden verdient. In der Hauptsache nur deshalb, weil sie in jedem Jugendschriftsteller einen Konkurrenten erblicken, und weil sie für sich allein das Recht in Anspruch nehmen, Jugendschriftstellerei zu treiben. Die Folgen sind dann auch nicht ausgeblieben. Durch die Fernhaltung guter Literatur und die Anmaßung, dieses Bedürfnis selbst zu befriedigen, ohne die Fähigkeit hierzu zu besitzen, sind auf dem Markt der Jugendliteratur Schulmeister-Erzeugnisse aufgetaucht, so blödoberflächlich, so voll verlogener sülzlicher Sentimentalität, daß es einem dabei übel wird. Da ist nichts von wirklichem Leben drin, das geeignet wäre, die jugendlichen Gemüter anzuregen, zum Aufsprießen zu bringen, nichts als alberne Schulmeisterei und salbungsvolle Sentimentalität. Und das nennt man dann Jugendliteratur!

Dieselben Ziele, mit derselben Unduldsamkeit erstreben die Schulmeister jetzt auch gegenüber dem Kinotheater. Filme, die die Schulmeisterzensoren nicht für aufführungsfähig halten, werden abgelehnt, selbst wenn die hervorragendsten Sachverständigen zehnmal das Gegenteil feststellen. Wird ihrem Willen nicht nachgegeben, so wird einfach der Kinobesuch der Jugend untersagt. Wer da behauptet, daß sie sich hierbei von dem Gedanken um das geistige Wohl der Schüler leiten lassen, der kennt weder die Verhältnisse in den Schulen noch die Schulmeister selbst. Und was sind das alles für Leute, die sich derartiges herausnehmen? Gemeinhin werden sie überschätzt. Deren Gelehrtheit, die sie sich auf der seminaristischen Zuchtanstalt erworben haben, reicht zur Not gerade aus, um 6 bis 14jährigen Abcschützen das kleine Einmaleins beizubringen. Deren Verkehr mit den Schülern sich durch ein abgegrenztes Schema rein automatisch abwickelt, ohne daß sie Gelegenheit haben, sich mit der Psyche des Kindes zu befassen. Darunter dann noch zum Überfluss junge Leute, die selbst noch nicht hinter den Ohren trocken sind.

Es wird daher hohe Zeit, die Pädagogen dahin zu verweisen, wo sie eigentlich hingehören, damit sie durch die Anmaßung, die geradezu lächerlich wirkt, nicht ihren eignen Beruf in Verruf bringen."

Derartige massive Angriffe widerlegt man nicht. Man hängt sie bloß niedriger. Kann man den Tierstand und die Unkultur des "Kinematograph" besser verdeutlichen, als durch solche Proben? Und solch ein Blatt dünkt sich "führend" und will reformfreundlich sein. Der Schriftleiter der "Allgemeinen Deutschen Lehrerzeitung", die auch obige Proben brachte, schrieb kurz und deutlich: "In der Tat, wenn man's noch nicht aus den Kinoaufführungen selber wüßte, aus diesen knabenhaften, aufgeblasenen Angriffen ging es zur Genüge hervor, auf welchem beispiellosen Tiefstand sich das Kinowesen zurzeit befindet! Wer aus solcher rührenden Unkenntnis heraus schreibt, wer seine Muttersprache in solch jämmerlicher Weise radebrecht, und wen die Angst um den Rückgang des Geschäfts so aller Vernunft und Würde berauben kann, daß er sich nicht entblödet, den deutschen Lehrerstand in solch gemeiner Weise zu verdächtigen, der sollte doch wirklich seine Hand von allem lassen, was irgendwie nach Volkskultur aussieht. Gerade diese pöbelhaften Angriffe beweisen aufs neue, wie notwendig eine Überwachung der "Lichtspieltheater" von volkserzieherischem Standpunkt aus ist, und wie weit die Kinematographie noch davon entfernt ist, ein Volksbildungsmittel zu sein."

Herr Emil Perlmann indessen erklärte darauf sehr naiv und biedermännisch, daß der angeführte Artikel seiner Zeitschrift "in durchaus ruhigem und sachlichem Tone gehalten" sei. Inzwischen hat der "Kinematograph" in seiner noblen Tonart auch die Kinokommission in Düsseldorf und ihren verdienten Vorsitzenden, Herrn Schulrat Dr. Schmitz, angegriffen ("Kinematograph" vom 7. Januar 1914). Es wird da gesprochen vom "Pädagogengemüt, das Anstoß nehmen könnte". Dr. Schmitz wird bezeichnet als "famoser Reformkinorat". Es wird gefragt, "ob denn die Herren Schulräte gar nicht mit dem Leben in Verbindung kommen", es wird der Düsseldorfer Jugend nahegelegt, ja nicht auf ihre Lehrer zu hören, wenn sie nicht geistig minderwertig sein wollen usw.

Derartige Angriffe haben immerhin die erfreuliche Folge, aller Welt, auch den Nichtlehrern, klar vor Augen zu führen, wie bitter nötig eine Kinoreform ist, und welche Unkultur und künstlerische und literarische Impotenz heute noch mit sehr wenigen Ausnahmen in der Kino-"Fachpresse" ist. Eine weitere erfreuliche Wirkung wird aber auch sein: ein noch engeres Zusammenhalten der Lehrer und anderer Volksbildungsfreunde auf dem Gebiete der Kinoreform.

In neuester Zeit ist noch ein anderer Versuch von der Kinobranche unternommen, um einen Keil in die Kinoreform zu treiben. Es ist nämlich eine Broschüre: "Schatten im Licht, Zeitgemäße Betrachtungen von W. Müller, Selbstverlag, Hannover", erschienen. Wer ist dieser Ehrenmann mit dem nicht ungewöhnlichen Namen Müller, der der Kinobranche durch seine "hochinteressante" Broschüre zu Hilfe kommen will ("hochinteressant" nennt sie nämlich der Verfasser selbst)? Er existiert überhaupt in Hannover nicht, er zählt zu den "großen Unbekannten". Mit andern Worten: es handelt sich um ein perfides pseudonymes Machwerk irgendwelcher Filmfirmen oder Kinogeschäftsleute, die zu feige sind, mit offenem Visier zu kämpfen und als spanische Wand "W. Müller" vorrücken. Die Spuren der im Versteck Tapfern sind sogar so sorgfältig verwischt, daß auf und in der Broschüre nicht mal die Druckerei angegeben worden ist, so daß die Polizei sie auf Grund des § 6 des Preßgesetzes beschlagnahmt hat.

Die Broschüre ist an Hunderte von Behörden, Schriftleitungen, Kinos usw. geschickt, um die bekannte, zu Reformzwecken gegründete Lichtbilderei in M.Gladbach anonym zu verdächtigen und in die Reihen der Kinoreform konfessionellen Zwiespalt zu bringen. Die Kinoreformer in Westdeutschland haben schon seit Jahren Hand in Hand miteinander gearbeitet, ohne sich zu fragen, welcher Konfession man angehöre. Wir Evangelischen sind von unsern katholischen Freunden allzeit als durchaus gleichwerte und gleichberechtigte Mitstreiter geschätzt worden, und treue Waffenbrüderschaft hat uns von Anfang an verbunden. Wir haben stets freudig eingestanden, daß gerade die "Lichtbilderei M.Gladbach" auf dem Gebiete der Kinoreform Großes in selbstloser Weise geleistet hat, speziell durch ihr reichhaltiges Lager von wissenschaftlichen und für Schülerprogramme geeigneten Filmen, sodann auch durch die Herausgabe der ausgezeichneten, noch jüngst durch einen Erlaß des Oberpräsidenten der Rheinprovinz nachdrücklich empfohlenen Kinozeitschrift "Bild und Film" und der vorbildlichen "Lichtbühnenbibliothek". Alle andern Kinozeitschriften können nicht im entferntesten an "Bild und Film" heranreichen. Ein objektiver Beurteiler muss das unumwunden anerkennen. Nur die Zeitschrift "Film und Lichtbild" (Frankhsche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart) kann wegen ihres ernsten Strebens neben "Bild und Film" genannt werden. Die Lichtbilderei M.Gladbach leistet unter großen Geldopfern wirkliche Kulturarbeit. Die anonymen Verleumdungen, die man gegen sie erhebt, entspringen einzig und allein dem Konkurrenzneid. Wir Protestanten Deutschlands können sie in keiner Weise bestätigen; wir protestieren gegen derartige unlautere Machenschaften und verurteilen mit aller Energie den Versuch der Kinobranche, in unsere zäh und zielsicher aufstrebende Kinoreformbewegung den konfessionellen oder politischen Zwiespalt zu bringen. Statt anonym aus sicherm Versteck vergiftete Pfeile zu schießen und allgemeine, vage Behauptungen aufzustellen, trete man doch hervor und nenne Roß und Reiter, d. h. bestimmte Fälle.

Der Kampf um den Kino tobt weiter. Jeder ehrliche Waffengefährte ist uns willkommen. Auch aus der Kinobranche, ja aus ihr besonders. Wir hoffen sogar, daß einst der Tag kommt, wo Kinobranche und Kinoreform überall Hand in Hand gehen, damit wirklich all die Bildungsmöglichkeiten und Kulturwerte, die in dem Kinematographen schlummern, zum Licht erweckt werden.

Prof. Dr. Adolf Sellmann, Hagen.


QUELLE     | Bild und Film | 3. Jg., Heft 5, S. 97-100


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Typ1.3   Einzelquelle (in Volltext/Regestenform)
Zeit3.9   1900-1949
Sachgebiet14.14   Film, Kino
DATUM AUFNAHME2004-05-10
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