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(127 KB)   Gebhard Leberecht von Blücher (1742-1819) als Generalleutnant der Demarkationstruppen, um 1804 / Münster, Stadtmuseum / Münster, Stadtmuseum/T. Samek   Gebhard Leberecht von Blücher (1742-1819) als Generalleutnant der Demarkationstruppen, um 1804 / Münster, Stadtmuseum / Münster, Stadtmuseum/T. Samek
TITELGebhard Leberecht von Blücher (1742-1819) als Generalleutnant der Demarkationstruppen, um 1804
DATIERUNG1804 [um]


INFORMATIONln den Jahren 1802 bis 1806 fungierte General Blücher (1742-1819) als Meister vom Stuhl der münsterischen Freimaurerloge "Zu den drey Balken", die 1778 gegründet worden war. Dieser hohe Repräsentant des ungeliebten, preußischen Militärs, Protestant und überzeugter Vertreter des Staatskirchentums, war von den Logenmitgliedern in freier Wahl zu deren Vorsitzenden erklärt worden. Zwar galt das Aufnahmeverfahren der Freimaurer als relativ offen und liberal, so daß neben dem münsterischen Adel und der hohen Geistlichkeit auch das gehobene Bürgertum sowie preußische und später französische Offiziere Zutritt in die Loge fanden. Aber daß dem Oberkommandierenden der preußischen Truppen, die in Münster stationiert waren, die Hammerführung der Loge oblag, die sich der geistigen Aufklärung und des kulturellen Austausches verschrieben hatte, unterstrich Blüchers verbreitete Beliebtheit bei vielen Münsteranern. Das Brauchtum der Freimaurer hat seinen Ursprung in den mittelalterlichen Bauhütten, die keiner Zunft angehörten, sondern auf einer Hüttenordnung mit eigener Gerichtsbarkeit beruhten. Entsprechend ihrer ursprünglichen Tätigkeit in der Baukunst betrachten die Freimaurer das Leben als einen Prozeß des Bauens, in dem der Mensch die Stationen des Lehrlings, des Gesellen und des Meisters durchläuft. Nur den besonders erfahrenen, lebenserprobten Menschen ist es vorbehalten, Vorsitzender, also Meister der Lage zu werden. Unter Blüchers Vorsitz erfuhr die münsterische Loge einen lebhaften Aufschwung an Mitgliedern, Aktivitäten und an Reputation. Durch sein Engagement wurde sie zur Tochterloge der Großen National-Mutterloge "Zu den drei Weltkugeln" in Berlin. Zeitweilig war Blücher sogar Mitglied im "Adeligen Damen-Club". Sein geselliges und lebensfrohes Auftreten machte ihn auch zu einem gerngesehenen Gast in den "höheren" Kreisen, im Gegensatz zu seinem "Kollegen" Stein, der gesellschaftliche Vereinigungen durchweg ablehnte. Nicht nur zu preußenfreundlich eingestellten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, wie z.B. zum Domdechanten Spiegel, unterhielt er ein freundschaftliches Verhältnis, auch Vertreter des katholischen, eher konservativen Milieus wie etwa Fürstenberg und der spätere Oberbürgermeister Johann Hermann Hüffer respektierten ihn.

Auf Ersuchen des Magistrats und des Domkapitels wurde der Generalleutnant Anfang 1803 zum Militärgouverneur der Stadt Münster ernannt. Da er zuvor als Befehlshaber den Truppen vorstand, die die Demarkationslinien zu überwachen hatten, war er der Bevölkerung kein Unbekannter. Die Lithographie zeigt ihn in seiner Funktion als Generalleutnant; sie ist wahrscheinlich nach einem Ölgemälde von Rincklake um 1804 entstanden. Trotz Blüchers gutem Verhältnis zu den Honoratioren Münsters und seiner Popularität, die er aufgrund seiner bodenständigen Art beim "einfachen Volk" genoß, konnte seine Person nicht über die Mißstimmigkeiten zwischen der Zivilbevölkerung und Angehörigen des preußischen Militärs hinwegtäuschen. Besonders die unteren Offiziere wirkten durch ihr anmaßendes Verhalten auf die Bevölkerung oft provozierend. Es kam zu willkürlichen Verhaftungen von Zivilpersonen. Das öffentliche Disziplinieren von Soldaten wirkte abschreckend auf die Bevölkerung und besonders die Erlaubnis zum Waffengebrauch für preußische Unteroffiziere im Falle einer Beleidigung empörte die Münsteraner. Erschwerend kam hinzu, daß nur wenige der ehemals fürstbischöflichen Offiziere in die preußische Armee aufgenommen wurden. Durch das Kantonreglement sollten die Mannschaften und Soldaten allerdings übernommen werden, was dazu führte, daß ein Drittel von ihnen bei der Rekrutierung fehlte oder desertiert war. Blücher versuchte die Situation zu entschärfen, indem er in einem "Pardon" vom 18.08.1803 bekanntgab, daß alle Deserteure, die sich bis zum 01.10.1803 bei ihren Regimentern oder Kompanien meldeten, straffrei ausgingen. Schließlich wurde im Frühjahr 1803 ungefähr die Hälfte der münsterischen Soldaten, ca. 950 Mann, in das preußische Heer übernommen, Bei zunehmender Kriegsgefahr nahmen die Desertionen allerdings wieder zu. Blücher machte dafür das einflußreiche Domkapitel verantwortlich, was dazu führte, daß er im September 1806 dessen Auflösung forderte. Die Kriegsangst der Münsteraner wurde zusätzlich durch Blüchers öffentliche Bekundungen geschürt, in denen er den neutralen Kurs der preußischen Außenpolitik unmißverständlich ablehnte. Da Blücher einen Krieg gegen Frankreich für unvermeidlich hielt und ihn nicht hinauszögern wollte, vereinigte er im September 1805 umgehend sein Regiment, von dem große Truppenteile bislang in Pommern standen. Am 09.08.1806 erfolgte die gesamtpreußische Mobilmachung. Während der vernichtenden Niederlage der antifranzösischen Koalitionstruppen mußte auch Generalleutnant Blücher vor den französischen Marschällen Bernadotte und Murat kapitulieren. Anschließend wurde er zum Generalgouverneur Pommerns und der Neumark ernannt.

Seit seinen münsterischen Zeiten vertrat Blücher die Auffassung, die preußische Armee nach dem Vorbild der französischen Nationalarmee mit Einführung der allgemeinen Wehrpflicht und Verkürzung der Dienstzeit zu konzipieren. Darüber hinaus sollten sich die Arbeitsverhältnisse und die Bezahlung für die Soldaten verbessern. Spätestens seit der Rheinbundakte, durch die die westpreußischen Provinzen von französischen Vasallenstaaten umgeben waren, lehnte er jeden diplomatischen Weg in der preußischen Außenpolitik ab. Während der französisch-österreichischen Auseinandersetzungen im Jahre 1809 dachte er sogar daran, sich in den Dienst von englischen oder österreichischen Truppen stellen zu lassen. Auf Ersuchen Scharnhorsts erhielt Blücher, der am 11.11.1811 auf Druck Napoleons seines Kommandos enthoben worden war, während des Rußlandfeldzuges der französischen Armee das Kommando über den preußischen Heeresteil der Koalitionsarmee. Nach dem erfolgreichen Ausgang der Befreiungskriege zog Blücher dann im Mai 1814 mit seiner Armee in Paris ein. Ein Jahr später mobilisierte der 72jährige seine Truppen erneut, am 18.06.1815 wurde die napoleonische Armee bei Waterloo ("Belle Alliance") endgültig geschlagen. 1814 war Blücher in den Fürstenstand erhoben worden und im September 1819 wurde er, nachdem er bereits zahlreiche Ehrungen erfahren hatte, zum preußischen Generalfeldmarschall ernannt. Abgesehen von den Jahren, die Blücher vor der französischen Zeit als Militärgouverneur in Münster verbrachte, verband den "Marschall Vorwärts" nichts mit der zukünftigen preußischen Provinzialhauptstadt. Trotz seiner Popularität hatte er sich im katholischen Münster, wo sich die Mehrheit der Bevölkerung lange Zeit dem Habsburger Haus verbunden fühlte und die Domherren nachhaltigen politischen Einfluß ausübten, nie besonders wohl gefühlt. "Münster und die Münsteraner gefallen mich nicht" [1], hatte er bereits im Dezember 1803 bemerkt.


[1] W. v. Unger (Hrsg.), Blüchers Briefe. Vollständige Sammlung des Generals E. v. Colomb. Stuttgart, Berlin 1913. Brief Blüchers an Kutscher vom 12.12.1813.


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OBJEKT-PROVENIENZMünster, Stadtmuseum
FOTO-PROVENIENZMünster, Stadtmuseum/T. Samek


QUELLE    Elsermann, Silke | Münster in napoleonischer Zeit | Dia 07, S. 30-32
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit3.7   1800-1849
3.7.10   Französische Revolution / Napoleonische Zeit <1789-1815>
Ort2.30   Brandenburg/Preußen, KFtm. / KgR. < - 1918>
DATUM AUFNAHME2004-02-24
AUFRUFE GESAMT8191
AUFRUFE IM MONAT738