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Presse-Infos | Kultur

Mitteilung vom 01.09.17

Archäologen sichern Warendorfer Stadtgeschichte unter dem Marktplatz

Warendorf (lwl). Im Zuge von Bauarbeiten auf dem Warendorfer Markplatz legen Archäologen unter der Fachaufsicht des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) seit Jahresbeginn die mittelalterliche Vergangenheit des Ortes frei. Nun stießen sie auf Befunde, die Warendorfs frühe Stadtgeschichte beleuchten. Während der Marktplatz in Urkunden zum ersten Mal 1277 erwähnt wird, zeigen die Ausgrabungen, wie die Menschen hier schon Jahrhunderte früher gelebt haben.

Das Gelände rund um Rathaus, Markt und die etwa 780 gegründete St. Laurentius-Kirche gehört zum ältesten Teil der Stadt. Zu den Entdeckungen aus dem Frühmittelalter, also der Zeit vor der schriftlichen Ersterwähnung Warendorfs, zählt eine ca. 4,5mal 6 Meter große Grube. Hierbei handelt es sich um ein sogenanntes Grubenhaus. Darunter verstehen Archäologen Wohn- oder Werkstattgebäude, die in den Boden eingegraben wurden. Außerdem belegen mehrere Pfostenlöcher hölzerne Gebäude.

Aus jüngerer Zeit sind die Reste einer Pflasterung aus dem 15. Jahrhundert. Damals befestigte man Teile des heutigen Marktplatzareals, um den Durchgangsverkehr zwischen Ems- und Freckenhorster Tor zu erleichtern. Auch in den Jahrhunderten davor gab es bereits ähnliche Wegebefestigungen. Sie deuten auf die große Bedeutung Warendorfs als karolingische Neugründung während der Sachsenkriege Karls des Großen hin. Der exakte Verlauf der wichtigen Fernstraße, die Warendorf auf dem Weg von Frankfurt nach Osnabrück durchzog, konnte von Historikern lange Zeit nur vermutet werden. Mit den Warendorfer Marktplatzgrabungen liegen hierzu erstmals konkrete archäologische Anhaltspunkte vor.

Darüber hinaus legten die Forscher eine Grube frei, die zur Kalkverarbeitung diente. Im Mittelalter wurde Kalkstein unter starker Hitze zu Kalk gebrannt. Dieser wurde als Mörtelzusatz zum Hausbau benötigt. Die Grube stammt vermutlich aus der Bauzeit des Rathauses nach dem großen Stadtbrand im Jahr 1404.

Bei den geborgenen Funden handelt es sich mehrheitlich um Keramikscherben. Unter den vermeintlich unscheinbaren Objekten aus gebranntem Ton verbergen sich auch Stücke der sogenannten Pingsdorfer Keramik. Gefäße dieser Art wurden vom 10. bis 12. Jahrhundert im Rheinland hergestellt. Solche Funde zeigen die Einbindung Warendorfs in ein überregionales Handelsnetzwerk während des Hochmittelalters.

Bei der Auswertung der Funde erwarten die Archäologen weitere Aufschlüsse über die frühe Nutzung des Warendorfer Marktplatzes. Der derzeitige Fokus der Wissenschaftler richtet sich auf die effiziente Begleitung der Baumaßnahmen. Die Grabung auf dem Marktplatz selbst ist abgeschlossen. Bis Ende September werden die umliegenden Straßen untersucht. "Der Spagat der archäologischen Bodendenkmalpflege besteht darin, die Umsetzung einer Bauplanung und das öffentliche Interesse an dem Erhalt oder der Dokumentation der Denkmäler in Einklang zu bringen", erläutert Andreas Wunschel von der LWL-Archäologie für Westfalen.

"Durch die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Stadt, Bau- und der eingesetzten Gra-bungsfirma konnten die Bauverzögerungen durch die Ausgrabungen gering und der Bauzeitplan eingehalten werden", so Wunschel. Das zügige Vorankommen sei insbesondere dem Einsatz der Mitarbeiter der Grabungsfirma zu verdanken, die Überstunden und Wochenendarbeit auf sich nahmen. "Bei unseren Ausgrabungen setzen wir auf modernste Dokumentationsverfahren wie die Erstellung von 3-D-Modellen" erklärt Christian Golüke von der archäologischen Fachfirma. "So können wir die Befunde vor Ort schnell erfassen und die Abläufe beschleunigen."

Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Nils Wolpert, LWL-Archäologie für Westfalen, Telefon: 0251 591-8901
presse@lwl.org



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Foto zur Mitteilung
Die spätmittelalterliche Wegepflasterung unter dem heutigen Warendorfer Marktplatz.
Foto: Archäologie am Hellweg eG/C.Golüke

Foto zur Mitteilung
Die Kalkverarbeitungsgrube neben dem Rathaus: Von der großen Feuereinwirkung zeugt neben der schwarzen Holzkohle auch der rötlich verziegelte Boden.
Foto: Archäologie am Hellweg eG/C.Golüke


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