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Presse-Infos | Kultur

Mitteilung vom 19.01.12

Frisch vom Feld in die Vitrine:
Neuentdecktes Siegel eines Paderborner Abtes ab sofort im Museum in der Kaiserpfalz

Bad Driburg/Paderborn (lwl). An einem der letzten Tage des Jahres 2011 macht Claus-Dieter Stelter einen überraschenden Fund: In der Nähe von Bad Driburg findet der lizensierte Sondengänger, der ehrenamtlich mit den Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) zusammenarbeitet, ein graviertes, golden glänzendes Stück Metall.

Nach der Begutachtung des Stücks durch die LWL-Archäologen und den Historiker Hermann-Josef Schmalor steht fest: Der Sondengänger hat einen Siegelstempel des Abtes Jodocus Rosa gefunden, der von 1582 bis 1598 dem Benediktinerkloster Abdinghof in Paderborn vorstand ¿ und ein höchst bewegtes Leben hatte. Der neue Fund ist noch bis zum 2. Mai im Museum in Kaiserpfalz in Paderborn zu sehen.

¿Jodocus Rosa lebte in einer Zeit, in der der Protestantismus überall in Paderborn um sich griff ¿ selbst in höchsten Adelskreisen. Dagegen und gegen die vermeintlich laxen Sitten in seinem Kloster kämpfte er¿, wissen der Stadtarchäologe Paderborns, Dr. Sven Spiong, und der Historiker Hermann-Josef Schmalor. ¿Doch seine Versuche, die katholische Kirche zu stärken und sein Kloster auf dem rechten Weg zu halten, waren vergeblich.¿

Schließlich gab der Abt auf, erlaubte seinen Ordensbrüdern sogar offiziell den Genuss von Butter, Käse und Fleisch und das Tragen wärmerer Kleidung ¿ und musste dennoch hinnehmen, dass vier seiner Mönche zum Protestantismus übertraten. Das war zu viel für Jodocus: er trat im Jahr 1598 frustriert von seinem Amt zurück. Seitdem lebte er zurückgezogen im Kloster und widmete sein weiteres Leben dem Studium der Klosterbibliothek. Geistig umnachtet und depressiv stürzte er sich rund 40 Jahre später aus einem der Fenster und starb drei Tage später am 29. März 1639.

Das neuentdeckte Siegel, das aus dem späten 16. Jahrhundert stammt, zeigt den Abt in vollem Ornat unter einem Baldachin thronend. Die lateinische Umschrift ¿SIGILLU[M] JODO[CI] ABBATIS MO[NASTERII] APO[STOLORUM] PETRI ET PAULI IN PADERBORN¿ (deutsch: ¿Siegel des Abtes Jodocus des Klosters der Apostel Petrus und Paulus in Paderborn¿) macht die eindeutige Identifizierung des Siegels möglich. Erhalten ist nur der 6 mal 4 Zentimeter große Siegelstempel, der Holzgriff ist im Laufe der Jahrhunderte zerfallen.

Museumsleiter Dr. Martin Kroker: ¿Es ist mir sehr wichtig, neue und aktuelle Funde im Museum präsentieren zu können, darum gibt es in unserer Sammlung einen eigenen Bereich für neue Archäologie-Entdeckungen aus Paderborn.¿ Neben dem Siegelstempel zeigt das Museum auch eine Originalurkunde aus dem Jahr 1584, die der Abt vor rund 427 Jahren mit dem nun gefundenen Stempel siegelte.

Hintergrund:
Das Leben des Abtes Jodocus ist in der Chronik ¿Catalogus Chronographicus¿, welche die Geschichte des Klosters von 1572 bis ins Jahr 1803 wiedergibt, überliefert. Die Quelle besagt, dass der Abt 1558 in Großeneder geboren wurde und 1577 in das Paderborner Benediktinerkloster Abdinghof eintrat. Dort wurde er Novizenmeister, später Bibliothekar und 1582 zum Abt gewählt.
Die Chronik befindet sich heute im Archiv des Altertumsvereins Paderborn (Signatur: Cod. 1).

Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Eva Masthoff, LWL-Archäologie für Westfalen, Telefon: 0251 591-8920,
presse@lwl.org



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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.



Foto zur Mitteilung
Ein verspätetes Weihnachtsgeschenk: Paderborner Stadtarchäologe Dr. Sven Spiong mit dem neueentdeckten Siegelstempel des Paderborner Benediktinerabtes Jodocus.
Foto: LWL/Museum in der Kaiserpfalz


Foto zur Mitteilung
Der Siegelstempel datiert in das späte 16. Jahrhundert und zeigt den Abt unter einem Baldachin sitzend in vollem Ornat.
Foto: LWL/Museum in der Kaiserpfalz


Foto zur Mitteilung
Glücklicher Zufall: an dieser Urkunde ist ein Teil des Siegelabdrucks von Abt Jodocus erhalten geblieben.
Foto: H.-J.Schmalor


Foto zur Mitteilung
Noch gut zu erkennen: Dr. Hermann-Josef (Direktor des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens) und Museumsleiter Dr. Martin Kroker entziffern die Urkunde, die im späten 16. Jahrhundert mit dem nun gefundenen Siegelstempel versehen wurde.
Foto: LWL/C.Pluschke


Foto zur Mitteilung
Der Siegelstempel ist in der Vitrine angekommen, zu sehen ist er samt Abdruck und Urkunde ab sofort im Museum in der Kaiserpfalz.
Foto: LWL/C.Pluschke


Foto zur Mitteilung
Gut lesbar ist der Abdruck des vollständig erhaltenen Siegelstempels.
Foto: LWL/C.Pluschke



Die gezeigten Fotos stehen im Presseforum des Landschaftsverbandes zum Download bereit.



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