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Presse-Infos | Psychiatrie

Mitteilung vom 25.11.08

Weihnachtszeit
Kaufsuchtzeit?

Süßer die Kassen nie klingeln ... Mit dem ersten Adventswochenende beginnt sie, die Weihnachtszeit ¿08. Konsumforscher prognostizieren diesmal ein zurückhaltenderes Gabentisch-Gebaren. Dagegen an locken wie alle Jahre wieder Sonder-, Ratenkredit- und bequeme Onlineangebote. Kaufsucht-Experte Dr. Marc-Andreas Edel von der Universitätsklinik Bochum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) erklärt bedenkliche Begleiterscheinungen.

?: Fällt der Kaufrausch dieses Jahr aus?

Edel: Warten wir¿s ab. Viele werden ihre Ausgaben vorsichtshalber herunterfahren. Stichworte: Allgemeines Wirtschaftsklima, Arbeitsplatzunsicherheit, offene Energierechungen. Bei manchen aber, die die Einkaufszonen bevölkern, kann es auch zu einer Art Trotzreaktion kommen, nach dem Motto ¿Komme was will ¿ man gönnt sich ja sonst nichts¿, ¿Ich bin doch nicht blöd¿ oder ¿Unterm Strich zähl¿ ich¿.

?: Ist das schon krankhaft?

Edel: Es mag wohl unvernünftig sein in der gegenwärtigen Wirtschaftslage. Im psychiatrischen Sinne krankhaft ist es erst dann, wenn dieses ¿ eher saisonunabhängige ¿ Verhalten nicht nur exzessiv, sondern auch zwanghaft erfolgt und die gekauften Gegenstände eigentlich nicht gebraucht werden .

?: Wie macht sich das bemerkbar?

Edel: In einem unwiderstehlichen, häufig lustvollen Drang zu kaufen, egal wieviel es kostet. Erst hinterher wird den Betreffenden bewusst, dass sie unnützes Zeug gekauft haben, das sie eher ¿ häufig unausgepackt ¿ horten, als es zum Beispiel zu Weihnachten zu verschenken. Dann kommen zu Schuldgefühlen schnell auch die roten Zahlen auf dem Konto, wodurch die Kaufsucht zumeist endgültig auffällt.

?: Wie verbreitet ist die Kaufsucht? Wer ist betroffen?

Edel: Schätzungsweise acht Prozent der erwachsenen Bevölkerung gelten als gefährdet. Betroffen sind vor allem ängstliche, bedrückte und wenig selbstbewusste Menschen. Sie können unter der so genannten Impulskontrollstörung, die der Kaufsucht zugrundeliegt, sehr leiden. Geschlechtertypisch ist, dass kaufsüchtige Frauen eher bei schicker Kleidung oder teuren Kosmetika zuschlagen. Männer bevorzugen den Baumarkt für die vermeintlich unverzichtbare Zweitbohrmaschine oder den ¿neuesten Schrei¿ im Elektronikshop.

?: Welche Hilfe führt aus der Klemme?

Edel: Die Psychotherapie mit zwei wesentlichen Säulen. Erstens: Systematische Selbstkontrolle durch diszipliniertes Auflisten von notwendigen und nicht notwendigen Anschaffungen; eventuell auch der vorübergehende Verzicht auf eigene EC- und Kreditkarten bzw. das Einräumen von Kontrollmöglichkeiten durch Vertrauenspersonen. Zweitens: Offenlegen der Motive und Hintergründe für rauschhaftes Kaufen, etwa mittels Verhaltensanalysen. Damit einher gehen sollten das Erlernen von Fertigkeiten zur Akzeptanz und zur Verarbeitung negativer Gefühle sowie gezielte Übungen zur Erzeugung und Verstärkung positiver Gefühle durch alternatives Verhalten, das Spaß macht. Außerdem ist das Aufsuchen einer Suchtberatungsstelle sinnvoll. Die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe ist sogar unbedingt zu empfehlen, weil die Regelmäßigkeit und Verbindlichkeit dieser Gespräche und die Auseinandersetzung mit Gleich-Betroffenen sowohl bei der Verarbeitung eigener negativer Konsequenzen der Kaufsucht helfen, aber auch weiteren Kaufexzessen vorbeugen kann. Mancherorts gibt es für Betroffene ambulante Behandlungsangebote in Sprechstundenform. Auch für die Ambulanz der Bochumer LWL-Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie ist ein solches Angebot für die erste Jahreshälfte 2009 geplant.

Pressekontakt:
Karl G. Donath, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org



Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.



Foto zur Mitteilung
Dr. Marc-Andreas Edel.
Foto: privat



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