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Presse-Infos | Soziales

Mitteilung vom 13.06.08

10 Mio. Euro neue Arbeitsplätze in Integrationsunternehmen
`Integration von Menschen mit Behinderung muss auch auf dem Arbeitsmarkt stattfinden.¿

Düsseldorf (lwl). `Jede Integrationspolitik für Menschen mit Behinderung ist gescheitert, wenn diese Menschen keinen Zugang zur Arbeitswelt haben¿, sagte am Freitag (13.06.) der nordrhein-westfälische Sozialminister Karl-Josef Laumann bei der Präsentation des neuen Landesprogramms `Integration unternehmen!¿, das er zusammen mit den Direktoren der beiden Landschaftsverbände Dr. Wolfgang Kirsch (LWL) und Harry K. Voigtsberger (LVR) vorstellte.

`Noch in den 70er Jahren gehörte es zur Normalität in Unternehmen und Einrichtungen, Menschen mit Behinderung Arbeit und Einkommen zu ermöglichen. Dies ist leider ¿ vielleicht auch durch die Verrentung der Menschen, die durch den zweiten Weltkrieg schwere Behinderungen erlitten haben ¿ heute die Ausnahme. Menschen mit Behinderung haben es schwer, Arbeit und Einkommen zu finden. Dieses Problem ist nur lösbar, wenn es zur Visitenkarte von Unternehmen wird, diese Menschen in Arbeit zu integrieren¿, so Laumann weiter.

Deshalb lege das nordrhein-westfälische Sozialministerium jetzt mit 10 Millionen Euro das Programm `Integration unternehmen!¿ auf. Damit sollen rund 1.000 neue Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen in Integrationsunternehmen geschaffen werden, `damit Integration von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt auch endlich funktioniert¿, sagte Laumann weiter. Unterstützt wird Laumann dabei von den beiden Landschaftsverbänden in Westfalen (LWL) und im Rheinland (LVR), die sich gemeinsam ebenfalls mit 10 Millionen Euro beteiligen.

`Die Landschaftsverbände wollen Menschen, die den Sprung von einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt wagen wollen, aktiv dabei unterstützen¿, so LVR-Direktor Harry K. Voigtsberger. `Die Werkstätten sollten der Ausnahmefall sein. Heute ist das noch umgekehrt¿, ergänzt LWL-Direktor Dr. Wolfgang Kirsch.

Alleine könnten die Landschaftsverbände diesen Wandel trotz aller Förderprogramme nicht schaffen. Wichtigste Voraussetzung seien Menschen mit Unternehmergeist. `Jeder Unternehmer ist gefordert, in seinem Unternehmen nach solchen Möglichkeiten zu suchen oder Integrationsprojekte zu gründen. Unsere Botschaft lautet: Liebe Unternehmerinnen und Unternehmer: wirtschaftlichen Erfolg und soziales Engagement verbinden - das geht¿, so Kirsch und Voigtsberger weiter.

`Die Erfahrungen mit den Integrationsunternehmen sind beeindruckend. Es gelingt hier besonders gut, Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung zu schaffen, wie die hier vorgestellten Beispiele eindrucksvoll zeigen¿, betonten Kirsch und Voigtsberger.

Heute bestehen in NRW knapp 100 Integrationsunternehmen mit etwa 2.500 Arbeitsplätzen, davon ungefähr 1.300 für Menschen mit Behinderung. Kirsch und Voigtsberger weiter: `Wir sind überzeugt, mit dieser neuen Initiative innerhalb von drei Jahren die Zahl noch einmal um etwa 2.000 neue Arbeitsplätze in Integrationsunternehmen zu erhöhen, davon die Hälfte für schwerbehinderte Menschen. Das zu erreichen ist erklärtes Ziel der beteiligten Partner.¿

Ein Beispiel: `Lernen fördern ¿ Dienstleistungen gGmbH¿, Emsdetten

Die Lernen Fördern - Dienstleistungen GmbH hat im Juli 2004 ihren Geschäftsbetrieb als eigenständiges Integrationsunternehmen aufgenommen. Alleiniger Gesellschafter ist der `Lernen fördern e.V., Kreisverband Steinfurt¿.

`Lernen fördern ¿ Dienstleistungen¿ ist als industrienahes Serviceunternehmen in den Bereichen Logistik, Kommissionierung, Konfektionierung, Verpackung und Montage für große regionale Industrie- und Handelsunternehmen tätig. Der Betrieb startete im Jahr 2004 mit einer Belegschaft von fünf Personen, davon drei Menschen mit Handicap. Das Unterfangen wurde von Dritten zunächst eher skeptisch beäugt. Risikomindernd waren dabei niedrige Investitionen und eine bescheidene investive Förderung in Höhe von rund 20.000 Euro für bewegliche Arbeitsmittel. Allen Unkenrufen zum Trotz hat sich das Unternehmen als erfolgreiches `start up¿ bewiesen und ist beständig gewachsen. Erfolgsfaktoren sind ein gutes Management, die professionelle Auftragsakquise durch einen Brancheninsider, Investitionen in die Qualifikation der Mitarbeiter, zeitnahe und flexible Auftragsbearbeitung, der allgemeine konjunkturelle Aufschwung und günstige Marktchancen im unmittelbaren wirtschaftlichen Umfeld.

Inzwischen sind 38 Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, davon 18 aus der Zielgruppe der besonders benachteiligten Menschen. Aktuell nutzt das Unternehmen zwei angemietete 4.500 Quadratmeter große Produktions- und Lagerhallen. Doch das reicht mittlerweile nicht mehr aus.

Die `Lernen fördern ¿Dienstleistungen gGmbH¿ hat ein Grundstück gekauft, auf dem eine neue Produktions- und Lagerhalle entstehen soll, die den heutigen Anforderungen der Logistikbranche entspricht. Die neue Betriebsstätte besteht aus einem zweigeschossigen Gebäudeteil mit Verwaltungs-, Sozial- und Sanitärräumen in der Größe von etwa 400 Quadratmetern sowie aus einer eingeschossigen Halle zur Lagerung und Kommissionierung von Waren mit einer Fläche von rund 5.000 Quadratmetern. Zu den bis Ende 2007 bereits bestehenden 15 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen für schwerbehinderte Menschen (zwölf Männer, drei Frauen) sollen zwölf weitere geschaffen werden. Das rund 3 Millionen Euro teure Vorhaben wird mit 250.000 Euro aus dem neuen Landes-programm `Integration unternehmen!¿ unterstützt, der LWL gewährt außerdem ein zinsloses Darlehen über 250.000 Euro.

Hintergrundinformation zu Integrationsunternehmen nach § 132 SGB IX

Integrationsunternehmen sind rechtlich und wirtschaftlich selbständige Unternehmen. Sie sind dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnen, bieten aber eine geschützte Umgebung. Integrationsunternehmen beschäftigen schwerbehinderte Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, deren Teilhabe ansonsten aufgrund von Art und Schwere der Behinderung oder wegen sonstiger Umstände voraussichtlich trotz aller Fördermöglichkeiten auf besondere Schwierigkeiten stößt. Die besonderen Zielgruppen der Menschen mit einer Schwerbehinderung, die innerhalb der Integrationsprojekte beschäftigt werden, sind gemäß § 132 Abs. 2 SGB IX

§ schwerbehinderte Menschen mit geistiger oder seelischer Behinderung oder mit einer schweren Körper-, Sinnes- oder Mehrfachbehinderung, die sich im Arbeitsleben besonders nachteilig auswirkt,
§ schwerbehinderte Menschen, die nach Vorbereitung in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder in einer psychiatrischen Einrichtung für den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt in Betracht kommen,
§ schwerbehinderte Menschen, die die Schule verlassen und für die eine Beschäftigung in einem Integrationsunternehmen eine Alternative zur Werkstatt für behinderte Menschen darstellt.

Integrationsunternehmen beschäftigen mindestens 25 Prozent ihrer Belegschaft aus den genannten Zielgruppen. Der Anteil der beschäftigten Personen mit einer Schwerbehinderung soll in der Regel 50 Prozent nicht überschreiten. Die Integrationsunternehmen werden mit Mitteln der Ausgleichsabgabe gefördert (Aufbau, Erweiterung und Modernisierung, Ausstattung und betriebswirtschaftliche Beratung). Darüber hinaus beteiligen sich in vielen Fällen Stiftungen wie die Aktion Mensch oder die Stiftung Wohlfahrtspflege an den Investitionskosten von Integrationsunternehmen. Zum Ausgleich der Handycaps im laufenden Arbeitsalltag werden Zuschüsse zu den Lohnkosten gezahlt.

Die Arbeitsbedingungen in den Integrationsunternehmen entsprechen den Bedürfnissen der beschäftigten behinderten Menschen. Die Bezahlung entspricht den üblichen Tariflöhnen. Auf diese Weise und unter diesen geschützten Bedingungen können die behinderten gemeinsam mit den nicht behinderten Mitarbeitern ihren Beitrag zur Wirtschaftlichkeit des Unternehmens leisten.

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative Beschäftigung der EU die Förderung von Integrationsunternehmen mit initiiert. Durch Mittel der Europäischen Union und durch korrespondierende Landesmittel wurden in den Jahren 1996 bis Ende 2000 der Aufbau von Integrationsunternehmen und die Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Effizienz mit insgesamt ca. 21. Mio. EURO gefördert.

Pressekontakt:
Markus Fischer, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org



Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.



Foto zur Mitteilung
Ein Mitarbeiter des Integrationsunternehmens 'Lernen fördern Dienstleistungen' stellt LWL-Direktor Dr. Wolfgang Kirsch (l.) und LWL-Sozialdezernent Matthias Münning (3. v. l.) seinen Arbeitsplatz vor.
Foto: LWL/Emmerich



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