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Presse-Infos | Kultur

Mitteilung vom 11.12.07

¿Nachgehört und nachgefragt. Clemens August Graf von Galen¿
LWL gibt Hörbuch über den ¿Löwen von Münster¿ heraus

Münster (lwl). Viel ist über Kardinal von Galen
in den letzten Jahren und Jahrzehnten gesagt und geschrieben worden. Eine neue Audio-CD des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) lässt den ¿Löwen von Münster¿ selbst zu Wort kommen. Das LWL-Medienzentrum für Westfalen hat das Hörbuch ¿Nachgehört und nachgefragt. Clemens August Graf von Galen¿ gemeinsam mit dem Geschichtsort Villa ten Hompel und Prof. Dr. Hubert Wolf von der Universität Münster konzipiert und produziert. Die CD setzt gegenüber der Vielzahl vorschneller, oft ideologisch vorgefertigter Deutungen über den münsterschen Bischof auf die Begegnung mit dessen Gedanken und Schriften und dem Charisma seiner Predigten selbst.

Am Dienstag (11.12.) übergab LWL-Direktor Dr. Wolfgang Kirsch in Münster das erste Exemplar des Hörbuchs an Weihbischof em. Friedrich Ostermann als Vertreter des Bistums. Kirsch unterstrich dabei, dass von Galens Auflehnung gegen die nationalsozialistischen Euthanasieverbrechen, denen allein in Westfalen über 5.000 Menschen zum Opfer fielen, für den LWL auch eine eigene verbandsgeschichtliche Dimension habe. Denn die regionale Verantwortung für die Organisation der Mordtransporte lag in den Händen des Provinzialverbandes, dem Vorgänger des heutigen Landschaftsverbandes. ¿Die Erinnerung an von Galen bildet auch für den LWL eine besondere Verpflichtung¿, betonte Kirsch.

Die Herausgeber der CD haben bewusst eine besondere Form gewählt: Sprecher Rudolf Guckelsberger rezitiert ausgewählte Textzeugnisse des Kardinals, Dr. Markus Köster, Historiker und Leiter des LWL-Medienzentrums für Westfalen, bündelt die angesprochenen Themen zu Fragen. Anschließend bettet Prof. Dr. Hubert Wolf, Kirchenhistoriker an der Universität Münster und Leibnizpreisträger, die Zeugnisse kommentierend in ihren historischen Kontext ein und vertieft so Aussagekraft und Wirkung der Quellen.

Die auf der Doppel-CD versammelten Texte spannen einen weiten Bogen: Persönliche Zeugnisse machen von Galens Prägung durch die adlige Herkunft deutlich. Sein kritisches Verhältnis zur Weimarer Moderne wird an Hand von Texten aus seiner Zeit als Großstadtpfarrer in Berlin (1906-1929) zum Thema. Weitere Predigten und Hirtenbriefe stehen für von Galens Ringen um die rechte Balance zwischen Gehorsam und Gewissen in der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus.
Als der Bischof von Münster bei einigen Amtskollegen nicht genügend Unterstützung fand, wandte er sich 1936 mit einer Denkschrift an den Vatikan und trug so zum päpstlichen Einspruch in Form der Enzyklika ¿Mit brennender Sorge¿ von 1937 bei.

Eindrucksvoll dokumentieren die Tonzeugnisse von Galens Mut und vor allem sein ¿Über-sich-Hinauswachsen¿ in den großen Predigten des Sommers 1941. Aber auch von Galens Verhältnis zu den Juden und zum Krieg werden thematisiert und von Hubert Wolf ausgewogen kommentiert. ¿Nachdenklich machend und anstößig¿, so der ausgewiesene Galen-Experte, sei, dass der ¿Löwe von Münster¿ für den Krieg gegen die Sowjetunion rechtfertigende Worte fand und dabei sogar Hitlers Wort von der ¿jüdisch-bolschewistischen Machthaberschaft¿ zitierte.

Am Ende der Doppel-CD kann man Clemens August Graf von Galen selbst hören. Das einzige bekannte Original-Tondokument ¿ seine Ansprache beim Kardinalsempfang in Münster am 16. März 1946, sechs Tage vor seinem Tod ¿ macht seine Persönlichkeit in ganz besonderer Weise lebendig.

¿Bei allen menschlichen Grenzen zeichnete sich von Galen dadurch aus, dass er im entscheidenden Augenblick aus dem Glauben heraus den Mut hatte, das Richtige zu tun¿, so Hubert Wolf. In dieser Zivilcourage liege eine bleibende Bedeutung des 2005 selig gesprochenen Bischofs von Münster.


Nachgehört und nachgefragt. Clemens August Graf von Galen
Tonzeugnisse des "Löwen von Münster", kommentiert von Hubert Wolf

Doppel-CD, 14.90 ¿ zuzüglich 2,60 ¿ Versandkosten
Bezug: LWL-Medienzentrum für Westfalen
(medienzentrum@lwl.org, Fax: 0251 591-3982)
sowie im Buchhandel


Hintergrund: Clemens August Graf von Galen (1878-1946)

Kardinal von Galen zählt zu den wichtigsten und bekanntesten westfälischen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Ausgerechnet Joseph Goebbels nannte den Bischof von Münster einmal de-spektierlich, aber in gewisser Weise durchaus treffend, einen ¿westfälischen Dickkopf¿. Früher als die meisten Deutschen erkannte von Galen den wahren Charakter des Nationalsozialismus. Und anders als fast alle seiner bischöflichen Amtsbrüder scheute er sich nicht, auch öffentlich seine Stimme zum Protest gegen das nationalsozialistische Unrechtsregime zu erheben. Die besondere Bedeutung Bischof von Galens in der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus liegt aber darin, dass sich sein Widerspruch nicht auf die Zurückweisung von Angriffen gegen die Kirche be-schränkte. Sein flammender Protest gegen die massenhafte Ermordung von Psychiatriepatienten und geistig Behinderten in der letzten der drei großen Predigten vom Sommer 1941 machte ihn schon in den Augen seiner Zeitgenossen zum unerschrockenen Verteidiger der Unantastbarkeit menschlichen Lebens und menschlicher Würde.

Nach seinem plötzlichen Tod im März 1946, wenige Wochen nach seiner Kardinalserhebung durch Papst Pius XII., wurde von Galen endgültig zur Symbolfigur eines Katholizismus, der widerstanden hatte. 2005 wurde der Bischof von Münster durch Papst Benedikt XVI. selig gesprochen.

Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org



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Foto zur Mitteilung
Die neue Doppel-CD "Nachgehört und Nachgefragt. Clemens August Graf von Galen" lässt den "Löwen von Münster selbst zu Wort kommen. Foto: LWL

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Kardinal von Galen spricht beim Kardinalsempfang am 16.3.1946 vor dem münsterschen Dom. Foto: Hermann Greve / Sammlung Lueb

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LWL-Direktor Dr. Wolfgang Kirsch (4. v.l.) und Prof. Dr. Hubert Wolf (l.) überreichen die erste CD an Weihbischof Friedrich Ostermann em. (2. v.l.). Mit ihnen freuen Dr. Markus Köster, Leiter des LWL-Medienzentrums (3. v.l.) und Christoph Spieker von derVilla ten Hompel. Foto: LWL/Neander


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