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Presse-Infos | Der LWL

Mitteilung vom 19.12.06

Wittekindshof und LWL unterzeichnen zukunftsweisende Zielvereinbarung
Mehr behinderte Menschen in die eigene Wohnung


Münster/Bad Oeynhausen/Gronau/lwl). Bis Ende 2008 sollen 135 Frauen und Männer mit Behinderungen aus den Wittekindshofer Wohnheimen in Ostwestfalen und in Gronau (Kreis Borken) die Chance erhalten, in eine eigene Wohnung mit ambulanter Betreuung umziehen zu können. Gleichzeitig sollen 160 stationäre Wohnheimplätze abgebaut werden. Das haben jetzt die Diakonische Stiftung Wittekindshof und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) in Münster vereinbart.

¿Die Zielvereinbarung ermöglicht mehr Chancen im Ambulant Betreuten Wohnen und eine weitere Differenzierung stationärer Wohnangebote. Darüber hinaus sichern sie Arbeitsplätze und sind ein Beitrag zur Kostendämpfung¿, erklärte Pfarrer Dr. Dierk Starnitzke, Theologischer Vorstand der Diakonischen Stiftung Wittekindshof aus Bad Oeynhausen. Gemeinsam mit seinem Vorstandskollegen Dieter Hakenberg und dem Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), Dr. Wolfgang Kirsch, hatte er die Zielvereinbarung zur Angebotsentwicklung der Diakonischen Stiftung Wittekindshof unterzeichnet.

LWL-Direktor Dr. Wolfgang Kirsch: ¿Die Vereinbarung bedeutet für die behinderten Menschen ein Stück mehr Normalität. Durch den Platzabbau im Wittekindshof rechnen wir außerdem mit einem jährlichen Einsparpotential von 6,1 Millionen Euro. Dem stehen die zukünftigen Kosten des Ambulant Betreuten Wohnens gegenüber und die Leistungen, die wir der Diakonischen Stiftung Wittekindshof zur Weiterentwicklung ihrer Angebote und zum Strukturausgleich gewähren. Die Zielvereinbarung ist ein Beispiel dafür, dass das dringend notwendige Sparen nicht zulasten behinderter Menschen gehen muss.¿

¿Die Zielvereinbarung ist für uns ein wichtiges Instrument zur fachlichen Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe. Durch die Vereinbarungen mit dem Landschaftsverband kann die Diakonische Stiftung Wittekindshof auch in Zukunft behinderten Menschen eine angemessene und ihren Wünschen und Bedürfnissen entsprechende Lebensführung ermöglichen¿, ergänzte Dieter Hakenberg, der die Verhandlungen für die Diakonische Stiftung Wittekindshof geleitet hat. Neben fachlichen Aspekten sind vor allem erhebliche Ausgabensteigerungen im Bereich der Behindertenhilfe, der so genannten Eingliederungshilfe, der Anlass für die Unterzeichnung der Zielvereinbarung, weil die Zahl der anspruchsberechtigten Menschen mit Behinderungen in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist.

In den Augen von Dieter Hakenberg stellt das Ambulant Betreute Wohnen jetzt für mehr behinderte Menschen als bisher eine gute Alternative für das Leben im Wohnheim dar. In Zukunft könnten mehr Fachleistungsstunden sowohl in Einzelbetreuungssituationen als auch bei Gruppenangeboten in Anspruch genommen werden. Außerdem sei mehr Flexibilität bei den Wohnformen möglich, weil neben dem Einzel- und Paarwohnen auch Wohngemeinschaften eingerichtet werden könnten. ¿Wir setzen uns für den Ausbau des Ambulant Betreuten Wohnens ein, durch den wir einerseits den Grundsatz ¿ambulant vor stationär¿ umsetzen und andererseits einen Beitrag für die Ausdifferenzierung der wohnortnahen Angebote für behinderte Menschen sehen,¿ betonte der Kaufmännische Vorstand.

Ausdrücklich erwähnt werden in der Zielvereinbarung die Kontakt- und Informationszentren (KIZ), die die Diakonische Stiftung Wittekindshof in Gronau, Bad Oeynhausen, Hamm und Herne bereits eröffnet hat und die an weiteren Standorten geplant sind. Sie werden als langfristige und notwendige Infrastruktur bezeichnet, die der Integration dienen und Menschen im Ambulant Betreuten Wohnen durch Begegnungsmöglichkeiten und durch Freizeitangebote Teilhabe an der Gemeinschaft eröffnen. Darüber hinaus hält die Zielvereinbarung die Rückkehr in das stationäre Wohnen offen, wenn sich trotz intensiver Begleitung das Ambulant Betreute Wohnen als die nicht geeignete Lebensform erweisen sollte.

¿Wir wissen, dass die Fallzahlen in den kommenden Jahren weiter steigen. Wir sind Anwälte der Menschen mit Behinderungen und setzten uns deswegen für die Weiterentwicklung der Hilfen für Menschen mit Behinderungen ein, um ihre Selbständigkeit und Selbstbestimmung zu fördern. Aber wir müssen auch die Tatsache respektieren, dass die öffentlichen Kassen leer sind. Geld das nicht vorhanden ist, kann nicht verteilt werden,¿ erklärte dazu Pastor Günther Barenhoff, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche von Westfalen am Dienstag (19.12.) in Münster. Um pauschale Kürzungen zu vermeiden, hatte das Diakonische Werk über die Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege bereits im Mai 2006 eine Rahmenzielvereinbarung mit den Landschaftsverbänden verabschiedet, auf der die Wittekindshofer Zielvereinbarung basiert. ¿Wenn möglichst viele Einrichtungen dem Beispiel der Diakonischen Stiftung Wittekindshof folgen und das Ambulant Betreute Wohnen ausweiten und stationäre Wohnheimplätze abbauen, bin ich zuversichtlich, dass für die rund 58.000 Menschen mit Behinderungen in Nordrhein-Westfalen auch in Zukunft eine fachlich angemessene und bedarfsgerechte Hilfegewährung sichergestellt und finanziert werden kann¿, erklärte Barenhoff.

Hintergrund:
Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit steigt in Deutschland die Zahl der behinderten Perso-nen mit Betreuungsbedarf Jahr für Jahr an, jährlich um rund 10.000 Personen. Der medizinische Fortschritt und die moderne Betreuung tragen dazu bei, dass heutzutage auch viele sehr schwer behinderte Menschen ein normales Lebensalter erreichen. In Westfalen-Lippe ging der Anstieg seit dem Aufbau des Betreuten Wohnens von bis zu 800 auf zuletzt 250 pro Jahr zurück.

In Nordrhein-Westfalen leben rund 17.700 Menschen mit ambulanter Betreuung selbständig "in eigenen vier Wänden", 40.000 Menschen mit Behinderungen dagegen leben in Heimen, die die Mitglieder der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (LAG FW NRW) betreiben. Die Einrichtungen des Wittenkindshofes in Bad Oeynhausen und Gronau haben rund 1.780 Plätze. Ein Platz im Heim kostet in NRW pro Tag durchschnittlich 100 Euro, die Betreuung im Ambulant Betreuten Wohnen ist dagegen um 30 bis 50 Prozent kostengünstiger.

Die Verantwortung für die Finanzierung und Steuerung der Hilfen für behinderte Menschen liegt in NRW bei den kommunal verfassten Landschaftsverbänden. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und der Landschaftsverband Rheinland (LVR) geben pro Jahr im Rahmen der Sozialhilfe zirka 1,8 Milliarden Euro an Eingliederungshilfe für das Wohnen behinderter Menschen aus.

Pressekontakt:
Anke Marholdt, Pressesprecherin Wittekindshof - Diakonische Stiftung für Menschen mit Behinderungen, Tel.: (0 57 34) 61-11 33, Mobil: (0173) 5 29 76 10, anke.marholdt@wittekindshof.de und Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Tel: 0251 591-235, presse@lwl.org
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Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.



Foto zur Mitteilung
Unterzeichneten die Vereinbarung (von Links): Pfarrer Dr. Dierk Starnitzke, Wittekindshof, LWL-Direktor Dr. Wolfgang Kirsch, Dieter Hakenberg, Wittekindshof; im Hintergrund Thomas Profazi vom LWL und Monika Sippel, Wittekindshof.
Foto: LWL



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