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Presse-Infos | Der LWL

Mitteilung vom 09.09.05

Von Hellsehern und mutigen Frauen - www.juedisches-leben.net ist online

Münster/Dorsten (lwl). Freuchen Gans war als selbstbewusste jüdische Händlerin an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert im Raum Hamm tätig und ging unerschrocken auch mit Gerichtsbeschlüssen gegen Schuldner vor. Der ¿Seher von Lublin¿, Jakub Icchak Horowitz (1745-1815), lockte als berühmter Rabbiner Tausende ins polnische Lublin. In den 1930er Jahren begeisterte Erich Gottschalk die Bochumer Fußballfans und Jeanette Wolff (1888-1976) kämpfte als bedeutendste deutsch-jüdische Politikerin der Nachkriegszeit gegen neonazistische Strömungen in der frühen Bundesrepublik. Diese Geschichten und noch viele andere haben der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und das Jüdische Museum Westfalen in Dorsten gemeinsam mit Partnern aus Polen und den Niederlanden auf der multimedialen Website ¿Jüdisches Leben in Europa jenseits der Metropolen¿ unter der Adresse www.juedisches-leben.net jetzt im Internet öffentlich zugänglich gemacht.

Drei ¿Orte des Erinnerns¿ fanden sich zu einem gemeinsamen Projekt auf europäischer Ebene zusammen. Unter Leitung des Westfälischen Landesmedienzentrums beim LWL erstellten das Jüdische Museum Westfalen in Dorsten, die Stiftung Folkingestraat Synagoge in Groningen zusammen mit den Groninger Archiven (Niederlande) und das Zentrum "Brama Grodzka - Teatr NN" in Lublin, der polnischen Partnerstadt Münsters, die dreisprachige Website. Das einjährige Projekt wurde im Rahmen der Programms Kultur 2000 von der Europäischen Union finanziell unterstützt.

¿Wir wollen mit der Website anschaulich vermitteln, wie vielfältig die jüdische Geschichte, das jüdisches Leben und die jüdische Kultur in Europa war und ist. Aus den drei Regionen Lublin, Groningen und Westfalen erzählt die Website ¿Geschichten¿: Das sind Biographien, aber auch die Geschichte einer Straße oder eines Gebäudes, einer bestimmten Gemeinde oder Institution¿, erklärt Claudia Landwehr, Projektleiterin im LWL-Landesmedienzentrum. Das europäische Judentum rücke durch diesen Zugang als Träger einer starken eigenen Kultur und als Mitgestalter des modernen Europa in den Blick. Über viele Jahrhunderte hätten Menschen christlichen und jüdischen Glaubens in den Städten und auf dem Land neben- und miteinander gelebt. Juden hätten einerseits eine ganz eigenständige Kultur ausgeprägt, wären andererseits aber mit ihrer sozialen und kulturellen Umwelt auf vielfältige Weise verwoben, so Landwehr weiter.

Mit dieser Perspektive setzt sich die Website ab von der Sichtweise, in der jüdische Geschichte vor allem als Opfergeschichte erzählt wird. ¿Sowohl im deutschen, als auch im polnischen und niederländischen Schulunterricht dominiert stark die Judenverfolgung und -vernichtung bei der Behandlung des Themas Judentum¿, erläutert die Historikerin Dr. Andrea Löw, die den Aufbau des Portals ein Jahr lang koordiniert hat. Jüdische Geschichte werde auf Pogrome während der Kreuzzüge, der Pest oder verschiedener Aufstände fokussiert, so dass jüdisches Leben in Europa weitgehend als Vorgeschichte des Holocaust erscheine. Die Website www.jüdisches-leben.net wolle dies ändern.

Sie präsentiert neben historischen Einführungen sowie den erzählten ¿Geschichten¿, Bildmaterial und Dokumente, die Lehrer als pdf-Dateien ausdrucken und gezielt im Unterricht einsetzen können, aber auch Filme und Tondokumente. Hintergrundinformationen kann der Nutzer im Glossar und in der Zeitleiste abrufen, weiterführende Hinweise mit Hilfe der Literaturliste und den angebotenen Links recherchiert werden.

Eine Anbindung an die Lehrpläne des Landes NRW erleichtert Lehrern ebenso die Arbeit mit dem Portal wie Vorschläge für den gezielten Einsatz im Unterricht. Auch für die Schüler selbst bietet das Portal Recherchemöglichkeiten.

¿Das Internetportal www.juedisches-leben.net belegt, dass die Vokabel vom neuen Lernen mit neuen Medien kein leeres Schlagwort ist, sondern das Internet auch für die historische Bildung faszinierende Möglichkeiten bietet. Das Portal überschreitet mühelos Länder-, Sprach- und Zeitgrenzen. Es nimmt seine Nutzer mit auf eine spannende Zeitreise durch mehr als 500 Jahre jüdisch-europäischer Geschichte. Und es eröffnet Schülerinnen und Schülern die Chance, selbständig, entdeckend zu recherchieren und individuelle Lernschwerpunkte zu setzen¿, nennt Dr. Markus Köster, Leiter des Westfälischen Landesmedienzentrums, die Vorzüge des neuen Angebotes.

Am 14. September präsentieren die Projektpartner die Website im Rahmen einer Tagung mit dem Titel ¿Jüdisches Leben in Europa - Eine Fortbildung zum historischen Lernen mit Internet und Medien¿ im Jüdischen Museum Dorsten der Öffentlichkeit. Alle Interessenten sind herzlich eingeladen.

Achtung Redaktionen --- Achtung Redaktionen --- Achtung Redaktionen

Die Projektbeteiligten stehen Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, am Mittwoch, 14. September, ab 12 Uhr im Jüdischen Museum Westfalen in Dorsten für ein
Gespräch zur Verfügung. Das Programm der Tagung, zu der Sie natürlich
ebenfalls herzlich eingeladen sind, finden sie unter:
http://www.hu-bildungswerk.de/veranstaltungen_programm-14092005.php

Pressekontakt:
Markus Fischer, Tel. 0251 591-235
presse@lwl.org


Links:
http://www.juedisches-leben.net



Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.



Foto zur Mitteilung


Foto zur Mitteilung
Die Website porträtiert auch Jeanette Wolff, die als bedeutendste deutsch-jüdische Politikerin der Nachkriegszeit gegen neo-nazistische Strömungen kämpfte. Das Foto zeigt sie 1961 bei dem Besuch einer Berliner Berufsschule.
Foto: Archiv der sozialen Demokratie in der FES


Die gezeigten Fotos stehen im Presseforum des Landschaftsverbandes zum Download bereit.



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