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Presse-Infos | Der LWL

Mitteilung vom 25.05.04

Sanfte Teufel in der Stahlfabrik
LWL zeigt zum Jubiläum seines Industriemuseums "Schätze der Arbeit"


Dortmund (lwl). Mit einer großen Ausstellung feiert der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) in diesem Jahr das 25-jährige Bestehen des Westfälischen Industriemuseums. Mehr als 250.000 Objekte hat das Museum in dieser Zeit zusammengetragen - ein Gedächtnis der Region: Die Objekte liefern einmalige Einblicke in die Arbeits- und Alltagsgeschichte der Industrialisierung. Das Spektrum reicht vom Abortkübel bis zur Dampflok, von der Glasmacherpfeife bis zum Henkelmann. Nur ein Bruchteil der Stücke ist normalerweise in den Dauerausstellungen an den acht Standorten des Museums in Bocholt (Kreis Borken), Bochum, Dortmund, Hattingen (Ennepe-Ruhr-Kreis), Lage (Kreis Lippe), Petershagen (Kreis Minden-Lübbecke), Waltrop (Kreis Recklinghausen) und Witten (Ennepe-Ruhr-Kreis) für die Öffentlichkeit zugänglich. Zum Jubiläum packt das WIM sein Lager aus und zeigt ab dem 20. Juni in der Zentrale auf der Zeche Zollern II/IV in Dortmund rund 500 "Schätze der Arbeit". In einer Serie stellt der LWL die originellsten, ältesten und bedeutsamsten Exponate der Ausstellung vor.


Das Ölgemälde "Die Krupp¿schen Teufel" von Heinrich Kley

Das Bild ist erschreckend: Riesenhafte Wesen haben eine Fabrikhalle besetzt und sich die Arbeiter scheinbar untertan gemacht. Rauch wabert durch das Dunkel. Und mitten in dieser dämonischen Szene brennt das Höllenfeuer. Ist es wirklich das Höllenfeuer? Was hat es auf sich mit den "Krupp¿schen Teufeln", wie der Maler Heinrich Kley (1863 bis 1945) sein Bild genannt hat? Und warum hat die Firma Krupp ein so finsteres Werk in Auftrag gegeben?

Fragen, die der Besucher der WIM-Ausstellung "Schätze der Arbeit" selbst beantworten kann, wenn er sich in das Bild vertieft. So schrecklich, wie es auf den ersten Blick scheint, ist die Fabrikszene gar nicht, eher amüsant.

Heinrich Kley hält die Stimmung eines wirtschaftlich erstarkenden Landes fest. Es ist das Jahr 1911. Die Industrie hat Deutschland zu einer der führenden Nationen in der Welt gemacht. Die Menschen sind stolz auf Technik und Fortschritt, es herrscht der feste Glauben, die Natur und alles, was noch vor 50 Jahren unberechenbar schien, beherrschen zu können.

Vor diesem Hintergrund ist Kleys Gemälde zu sehen: In der Fabrikhalle ruht die Arbeit an den Maschinen, statt dessen halten riesige Teufel und Satyrn ein Trinkgelage ab. "Kleys Teufel und Satyrn sind allegorische Gestalten, die das Riesenhafte und Monströse der Schwerindustrie verkörpern", erklärt Olge Dommer, wissenschaftliche Mitarbeiterin des WIM. "Das Bild ist jedoch nicht als Industriekritik gemeint, im Gegenteil. Die Arbeiter versorgen die ,Krupp¿schen Teufel¿ mit flüssigem Stahl und halten sie so im Zaum ¿ ein Symbol dafür, dass die Arbeiter und das Unternehmen die gewaltigen Kräfte der Stahlproduktion unter Kontrolle haben."

Der Mensch wirkt verschwindend klein angesichts der Riesen. Doch sein Fleiß und sein Know-How machen es möglich, das Positive aus den Energien zu bündeln, das Monumentale zu beherrschen. Ein aufmunterndes Bild, das sich in das neue Selbstbewusstsein der Zeit einfügt und eine Unternehmerideologie widerspiegelt: Das Unkalkulierbare, das Explosive ¿ dargestellt durch die Teufel ¿ verliert seinen Schrecken, wenn es mit Hilfe neuer Produktionsformen kontrolliert werden kann.

Heinrich Kley war nach seinem Studium an den Kunstakademien in Karlsruhe und München zunächst als Landschaftsmaler, Genremaler und Historienmaler tätig, bevor er sich ab der Jahrhundertwende verstärkt der Industriemalerei zuwandte. In den "Krupp¿schen Teufeln" werden seine vielfältigen Interessen sichtbar, zum Beispiel in der impressionistischen Atmosphäre mit den starken Licht-Schatten-Spielen oder in den verwischten Konturen. Doch beherrscht wird das Bild von dem bizarren Gelage. Hier deutet sich schon sein nächstes Arbeitsfeld an: die satirische Zeichnung. Bis die Zeitschrift 1944 eingestellt wurde, veröffentlichte Kley illustrative Arbeiten in der satirischen Wochenschrift "Simplicissimus".

Die "Krupp¿schen Teufel" sind ein Beispiel dafür, wie Kunst den Geist der Zeit widerspiegeln kann. In der Jubiläumsausstellung "Schätze der Arbeit" nimmt das großformatige Gemälde von Heinrich Kley aufgrund seiner allegorischen Bildsprache eine Sonderstellung ein.

Schätze der Arbeit
25 Jahre Westfälisches Industriemuseum
20. Juni bis 12. September 2004 (Eröffnung 20. Juni, 11 Uhr)
Zeche Zollern II/IV, Grubenweg 5,
Dortmund-Bövinghausen

Geöffnet dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr



Pressekontakt:
Markus Fischer Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org



Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.



Foto zur Mitteilung
Die "Krupp¿schen Teufel" von Heinrich Kley sind nicht böse, sondern besänftigt: ein Bild für das starke Selbstbewusstsein eines Industriestaates.
Foto: LWL



Die gezeigten Fotos stehen im Presseforum des Landschaftsverbandes zum Download bereit.



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