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Mitteilung vom 22.11.06

Presse-Infos | Der LWL

Grab in Form einer acht gefunden
LWL-Archäologe: ¿Mittlere Sensation¿

Bewertung:

Ensen-Bremen (lwl). Archäologen untersuchen seit Mai eine 10 000 Quadratmeter große Fläche in Ense-Bremen (Kreis Soest), die von etwa 1000 v. Chr. bis 750 n. Chr. als Bestattungsplatz genutzt wurde. Bei den 85 untersuchten Gräbern handelt es sich vor allem um Brandbestattungen aus der Bronzezeit und um Körpergräber aus dem Frühmittelalter. In den jüngsten Gräbern haben die Toten zum Teil reiche Beigaben wie Schmuck oder Waffen erhalten. Besondere Aufmerksamkeit fand bei den Wissenschaftlern des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) und der Gemeinde Ense ein frühmittelalterliches Grab mit einer Einhegung in Form einer 20 Meter langen ¿8¿, zu dem bisher aus dieser Zeit keine Parallelen bekannt sind.

Im gesamten Bereich der 10 000 Quadratmeter großen untersuchten Fläche wurden die Gräber entdeckt. 65 der insgesamt 85 Gräber waren Brandbestattungen. Das heißt, dass diese Verstorbenen zwar alle verbrannt wurden, die Überreste ¿ der so genannte Leichenbrand ¿ wurden dann aber auf unterschiedliche Art beigesetzt. So gibt es Gräber, bei denen der Leichenbrand direkt auf den Grabboden geschüttet wurde, bei anderen wurde er in Urnen aus Keramik oder organischem Material gegeben. Die ältesten Brandgräber stammen aus der späten Bronzezeit und sind damit rund 3000 Jahre alt. ¿Es konnten überraschenderweise auch zwei Grabeinhegungen aus der späten Bronzezeit dokumentiert werden, die die Form von Schlüssellöchern hatten¿, freut sich Stephan Deiters, Grabungsleiter der Gemeinde Ense. ¿Damit ist Ense-Bremen einer der südlichsten Fundpunkte dieser Grabform.¿

Es wurden aber auch 20 Gräber entdeckt, bei denen die Toten unverbrannt beigesetzt worden waren. Diese so genannten Körpergräber stammen alle aus dem Frühmittelalter, aus der Merowingerzeit etwa zwischen 500 bis 750 n. Chr. Da die Gegend damals noch nicht christianisiert war, waren die Verstorbenen zum Teil außergewöhnlich reichhaltig mit Beigaben ausgestattet worden. Mehrere Frauengräber enthielten jeweils mehr als 100 Einzelfunde ¿ vor allem Perlen aus buntem Glas, aber auch weitere Trachtbestandteile wie Gewandspangen mit Halbedelsteinen. Auch die beigegebenen Gebrauchsgegenstände, wie ein gläserner Sturzbecher und ein Spinnwirtel aus mehrfarbigem Glas, waren mitunter kostbar. Männergräber zeichneten sich dagegen durch die Beigabe von Schwertern, Lanzen und einer Wurfaxt aus. Bei mehreren dieser Gräber gibt es Hinweise auf antike Beraubung.

Als eine ¿mittlere Sensation¿ bezeichnet LWL-Archäologe Dr. Michael Baales die Entdeckung einer etwa 20 Meter langen Grabanlage in Form einer "8" aus dem Frühmittelalter. Sie wurde für einen Mann angelegt, bei dem es sich sicherlich um einen Adeligen gehandelt hat. Parallelen zu dieser außergewöhnlichen Grabanlage sind nicht bekannt.

¿Wir freuen uns, dass in unserer Gemeinde ein kulturgeschichtlich so bedeutsamer Bestattungsplatz liegt¿, meint der Bürgermeister von Ense Johannes Weber. ¿An diesem Beispiel wird deutlich, wie wichtig die Archäologie zur Rekonstruktion der Geschichte eines Ortes ist.¿
Der Beigeordnete Franz-Josef Vonnahme fügt hinzu, dass ¿die Maßnahme nur durch die gute Zusammenarbeit mit Herrn Dr. Baales und der Grabungsleitung vor Ort finanziell gesichert werden konnte. Eine Reduzierung der Personal- und Sachkosten und der Einsatz zusätzlicher Landesmittel durch die Bezirksregierung haben die Arbeiten ermöglicht. So konnte durch diese Untersuchung sieben Menschen eine befristete Beschäftigung als Ein-Euro-Kräfte vermittelt werden. Auch für die Einhaltung des Zeitplanes sei den Archäologen gedankt.¿

Die Ausgrabung war notwendig geworden, weil hier eine Strasse gebaut werden soll. Kleinere Teile dieses Gräberfeldes waren schon in den 1960er- und 1970er-Jahren und 2004 archäologisch untersucht worden. Große Teile wurden aber durch Lehmabbau unbeobachtet zerstört. Auch mit dieser Grabungskampagne sind die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen, da sich die bronzezeitlichen Brandgräber zweifellos noch weiter nach Norden fortsetzen. Es hat aber zumindest den An-schein, als seien jetzt alle Gräber aus dem Frühmittelalter, die sich hier noch im Boden befanden, ausgegraben. In den nächsten zwei Jahren wollen die Wissenschaftler vom LWL und von der Gemeinde alle bisherigen Grabungen auswerten und die Ergebnisse publizieren.



Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, Tel. 0251 591-235, presse@lwl.org und Jana Sager, Tel. 0251 5907-287
presse@lwl.org




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