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Mitteilung vom 20.11.14

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LWL fordert neues Teilhaberecht für Menschen mit Behinderungen

Entlastung der Kommunen ab 2017

Bewertung:

Münster (lwl). Die Abgeordneten im Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) erwarten von der Bundesregierung, dass bis 2017 die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen aus dem Fürsorgerecht herausgelöst und zu einem modernen Teilhaberecht weiterentwickelt wird. Der Bund müsse sich ab 2017 mit mindestens fünf Milliarden Euro bundesweit an den Kosten der Eingliederungshilfe beteiligen, die bisher in NRW die Kommunen über die Landschaftsverbände allein tragen, heißt es in einer mit großer Mehrheit am Donnerstag (20.11.) verabschiedeten Resolution der LWL-Landschaftsversammlung in Münster. Die Entlastung bei der Eingliederungshilfe war den Kommunen im Berliner Koalitionsvertrag 2013 zugesagt worden.

Das neue Teilhaberecht in einem Bundesteilhabegesetz müsse einerseits den berechtigten Wünschen der Menschen mit Behinderung Rechnung tragen. Andererseits dürfe es nicht zu Mehrausgaben bei den Landschaftsverbänden und anderen Aufgabenträgern führen. Darum dürfe die finanzielle Entlastung der Kommunen auch nicht vom Gesetzgebungsprozess zu einem modernen Bundesteilhabegesetz entkoppelt werden.

Die Resolution im Wortlaut:

Resolution
der Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe
Teilhabe gestalten ¿ Kommunen entlasten


Als einer der bundesweit größten Sozialhilfeträger erwartet der Landschaftsverband Westfalen-Lippe von der Bundesregierung,

1. dass in dieser Legislaturperiode die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen
aus dem Fürsorgerecht herausgelöst und im Rahmen des bereits begonnenen, breit angelegten Beteiligungsverfahrens zu einem modernen Teilhaberecht weiterentwickelt wird,
2. dass sich der Bund mit mindestens 5 Mrd. ¿ netto p.a. an den Kosten der Eingliederungshilfe beteiligt und so die nordrhein-westfälischen Kommunen nachhaltig finanziell entlastet, 3. dass bis Mitte 2015 ein erster Entwurf für ein modernes Teilhabegesetz vorliegt, das spätestens 2017 in Kraft tritt.

Begründung:

Es ist den berechtigten Wünschen der Menschen mit Behinderungen nach einem Teilhaberecht Rechnung zu tragen, das den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention entspricht. Dabei ist darauf zu achten, dass es weder zu Mehrausgaben noch zu sog. Mitnahmeeffekten kommt, die eine Erhöhung der Kosten für die Aufgabenträger nach sich ziehen. Die Aufgabenträger sind im zugesagten Sinne zu entlasten, damit die Finanzierung der Teilhabeleistungen in den nächsten Jahren sicher gestellt bleibt.
Jede Entflechtung des Gesetzgebungsprozesses von der finanziellen Entlastung der Kommunen stellt nicht nur ein modernes Bundesteilhabegesetz in Frage, weil der aktuelle, dynamische Gesetzgebungsprozess in Frage gestellt würde, sondern auch jede weitere zukünftige Forderung der Kommunen nach einer zusätzlichen Entlastung des Bundes bei den sozialen Kosten.

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe ist deshalb der Überzeugung, dass ein Bundesteilhabegeld eine geeignete Weiterentwicklung für mehr Eigenverantwortlichkeit und die Stärkung des Selbstbestimmungsrechts einschließlich einer finanziellen Verbesserung für Menschen mit Behinderungen ist, die auch eine zielgerichtete Entlastung der nach Landesrecht zuständigen Träger der Eingliederungshilfe darstellen kann. Soweit die Wirkungen eines Bundesteilhabegeldes den erforderlichen Entlastungseffekt nicht erreichen, sind andere geeignete Modelle mit dem Ziel zu entwickeln, einerseits die Inklusion von Menschen mit Behinderungen zu verbessern und andererseits die erforderlichen Finanzierungswirkungen zu erreichen.

Die Implementierung von wirksamen Steuerungsinstrumenten für die Träger der Eingliederungshilfe ist ein weiteres zentrales Ziel der Reform aus Sicht des Landschaftsverbandes. Dies gilt vor allem auch mit Blick auf das Zusammenwirken mit anderen Sozialleistungsträgern. Die Landschaftsverbände tragen im Verhältnis zu anderen Sozialleistungsträgern mit Abstand die meisten Kosten für die Eingliederung und gesellschaftliche Teilhabe von Menschen, die wesentlich behindert sind und begleitet diese, von wenigen punktuellen Ausnahmen abgesehen, die meiste Zeit ihres Lebens. Gerade vor diesem Hintergrund ist es nur sachgerecht, dass die übergreifende Steuerungsverantwortung der Leistungen für diesen Personenkreis regelhaft bei dem Träger der Eingliederungshilfe liegt. Die beabsichtigte Neudefinition des anspruchsberechtigten Personenkreises durch die Einführung eines neuen Behinderungsbegriffes darf nicht dazu führen, dass bisher leistungsberechtigte Personen aus dem Leistungsbezug herausfallen. Ferner muss vermieden werden, dass durch die Neudefinition eine neue Ausgabendynamik in Gang gesetzt wird.
Mit der Neufassung der Eingliederungshilfe als Recht auf Soziale Teilhabe soll ferner erreicht werden, dass die verschiedenen Ansprüche auf persönliche Unterstützung, die teils in verschiedenen Gesetzen kodifiziert, teils durch Richterrecht entwickelt wurden, zu einem differenzierten Anspruch auf persönliche Unterstützung zusammengefasst werden, der die bisherige Leistungsträgerschaft unberührt lässt, aber die Hilfe aus einer Hand vom Träger der Eingliederungshilfe für die Leistungsberechtigten ermöglicht. Insbesondere die Reform der Pflegeversicherung, die sich durch die Einführung des Bundesteilhabegesetzes und durch die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes ergibt, ist von entscheidender Bedeutung für Menschen mit Behinderungen, die auch Pflegebedarfe haben. Denn durch diese Reform erst werden sie in die Lage versetzt, ihre individuellen Bedarfe bei den Kranken- und Pflegeversicherungen im vollen Umfang geltend machen zu können.

Vor diesem Hintergrund erwartet die Landschaftsversammlung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe unter Bezugnahme auf die Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern zum Fiskalpakt, aber auch mit Hinweis auf den Koalitionsvertrag der Regierungskoalition im Bund, dass das Bundesteilhabegesetz bereits zum 01.01.2017 in Kraft tritt und damit die geplante Beteiligung des Bundes an den Kosten der Eingliederungs- hilfe ab 2017 zu einer nachhaltigen Entlastung der Kommunen führt. Die direkten Ausgaben für die Eingliederungshilfe müssen sich ab 2017 um die zugesagten 5 Mrd. ¿ reduzieren.



Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org




Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.


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